LUZERN: Blick hinter die Postkartenseiten SCHWEIZER MARINE ...
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Kultur<br />
Im Luzerner<br />
Untergrund<br />
Museggtürme, Altstadt, Quai und Kapellbrücke<br />
kennt jeder. Welche Kleinode sich aber jenseits<br />
von Spreuerbrücke und Kasernenplatz verbergen,<br />
weiss kaum jemand. Diese Lücke füllen <strong>die</strong><br />
Luzerner UntergRundgänge: Die ausgedehnten<br />
historischen Touren führen <strong>hinter</strong> <strong>die</strong> <strong>Postkartenseiten</strong><br />
der Stadt, lassen <strong>hinter</strong> Mauern und<br />
Fassaden blicken und vermitteln eine neue Perspektive<br />
auf das Leben von heute.<br />
Text: Helene Aecherli<br />
Früher gab es einmal eine Kindersendung<br />
am Fernsehen, <strong>die</strong> hiess<br />
«Was man weiss und doch nicht<br />
kennt». Ich erinnere mich noch genau<br />
daran, wie ich gebannt vor dem Bildschirm<br />
sass und mir von den Moderatoren<br />
erklären liess, wie <strong>die</strong> Wikinger ihre<br />
Mahlzeiten zubereiteten, warum sich<br />
alte Städte mit Mauern und Türmen umgaben<br />
oder wo Reisende übernachteten,<br />
wenn sie nach Sonnenuntergang vor<br />
verbarrika<strong>die</strong>rten Stadttoren standen.<br />
Heute kommt mir meine alte Lieblingssendung<br />
immer dann wieder in den<br />
Sinn, wenn ich mit dem Zug in Luzern<br />
einfahre. Während <strong>die</strong> Waggons über <strong>die</strong><br />
Eisenbahnbrücke rasen, gleiten links<br />
unten, neben der Reuss, Häuserreihen<br />
vorbei, dicht aneinandergedrängt, eingezwängt<br />
zwischen Strasse, Gleis und<br />
Fluss und dennoch so berührend bunt,<br />
als würden sie trotz ihrer Ergebenheit<br />
um Licht, Raum und Anerkennung rin-<br />
gen. Es ist das Quartier jenseits von<br />
Kasernenplatz und Spreuerbrücke, angelegt<br />
um <strong>die</strong> Verkehrsader Basel-/<br />
Bernstrasse, von seinen Bewohnern liebevoll<br />
«BaBeL» genannt; ein Ort, von<br />
dem man zwar weiss, dass es ihn gibt,<br />
den <strong>die</strong> meisten aber nur schemenhaft<br />
kennen. Und <strong>die</strong>se Unkenntnis gilt es zu<br />
beheben: Denn immerhin gehört «Ba-<br />
BeL», das einstige Arbeiterquartier Luzerns,<br />
zu den historischen Nährböden<br />
der Stadt.<br />
Ein gutes Mittel gegen das lokale<br />
Nichtwissen ist natürlich eine angemessene<br />
Portion touristischer Neugierde.<br />
Aber da Neugierde sich oft nur schon<br />
mit dem blossen Gedanken an eine kleine<br />
Expedition zufriedengibt, braucht es<br />
selbst für den motivierten Neugierigen<br />
manchmal eine handfeste Anleitung,<br />
um sich tatsächlich in neue Gebiete hineinzuwagen;<br />
und genau dafür bieten<br />
<strong>die</strong> «UntergRundgänger» Hand und Fuss:<br />
Zeugnis des Vergangenen:Grabende<br />
Bauarbeiter<br />
an der vorderen<br />
Basel strasse.<br />
Foto: Stadtarchiv Luzern, F2a/Baselstrasse 0<br />
bordmagazin 2009<br />
bordmagazin 2009<br />
Führt durch den Untergrund:<br />
Volkskundler Mischa Gallati.<br />
Kultur<br />
Seit vierzehn Jahren führt ein kleines<br />
Team von Historikern Einheimische<br />
und Touristen durch das verdrängte<br />
Vorstadtquartier. Es wurde als Gegensatz<br />
zur «oberen Wiese» der Stadt, dem<br />
«Obergrund», «Untergrund» genannt,<br />
und <strong>die</strong>ser Flurname – und <strong>die</strong> spätere<br />
politische Bezeichnung – steht für das<br />
Wortspiel «UntergRundgänge» Pate. Die<br />
Führungen sind das Projekt einer Arbeitsgruppe<br />
des Luzerner Netzes Arbeit<br />
und Bildung für alle, LABA, und gehen<br />
auf eine Initiative des Museumspädagogen<br />
und heutigen Luzerner Stadtrats<br />
Ruedi Meier zurück. Auf mittlerweile<br />
fünf Rundgängen wird <strong>hinter</strong> <strong>die</strong> Fassaden<br />
des Quartiers geblickt, findet eine<br />
Auseinandersetzung mit Fremd- und<br />
Anderssein statt, werden historische<br />
Anekdoten erzählt und so ganz nebenbei<br />
frische <strong>Blick</strong>winkel auf <strong>die</strong> Stadt<br />
vermittelt. «Die Geschichte der einfachen<br />
Leute ist genauso wichtig wie <strong>die</strong><br />
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Fotos: Danièle Rickenbacher