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Bank exklusiv 1/2012

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sam erstellt sein. Zum einen können die Modellannahmen<br />

lückenhaft oder auch fehlerhaft sein, zum anderen können<br />

unvorhergesehene Ereignisse eintreten – und schließlich<br />

kann auch der Analyst schlicht falsch liegen.<br />

Warum haben dann aber die Urteile von Rating-Agenturen<br />

diesen großen Einfluss und werden oft als unverrückbare<br />

Dogmen betrachtet?<br />

Die beiden „Geheimnisse“ der Agenturen<br />

Dafür sind verschiedene Faktoren verantwortlich. Einerseits<br />

sind die Finanzprodukte – deren Bonität ja die<br />

Rating-Agenturen beurteilen – in den letzten zwei Jahrzehnten<br />

nicht nur globaler, sondern auch viel komplexer<br />

und damit auch für viele Anleger schwerer verständlich<br />

geworden. Die Investoren suchen daher einen unabhängigen<br />

Ratgeber. Andererseits hat der Gesetzgeber die Rating-<br />

Agenturen gleichsam zu einem solchen „Richter“ über<br />

Finanzanlagen gemacht, indem er das Rating der Agenturen<br />

als offizielle, von den Aufsichtsbehörden anzuerkennende<br />

Risikobeurteilung von <strong>Bank</strong>aktiva anerkannte.<br />

Das ist, wenn man so will, das erste „Geheimnis“ der Macht<br />

der Rating-Agenturen.<br />

Das zweite „Geheimnis“ ist, dass sie einerseits als<br />

Bewertungsinstanz – oder man könnte auch sagen: Prüf-<br />

instanz – für Emittenten agieren. Doch gleichzeitig fungieren<br />

sie als Berater für die Strukturierung der Produkte<br />

eben dieser Emittenten. Ein Geschäftsmodell, das einen<br />

Interessenskonflikt geradezu provoziert. Das, gepaart mit<br />

dem Umstand, dass sie – da es nur drei weltweit agierende<br />

Rating-Agenturen gibt – in einem oligopolistischen<br />

Marktfeld operieren, gibt ihnen eine große Machtfülle.<br />

Von der „soliden Bonität“<br />

nahtlos in den Konkurs<br />

In der Vergangenheit gab es immer wieder Fälle, wo<br />

sich die Rating-Agenturen massiv „geirrt“ haben. Die<br />

Finanzkrise 2008, ausgelöst von viel zu gut beurteilten<br />

Hypothekarkrediten in den USA, war nicht der erste Fall.<br />

Schon 2001 „krachte“ der amerikanischen Energiekonzerns<br />

Enron; nur fünf Tage vor dem Konkurs hatten die<br />

Rating-Agenturen dem Konzern noch eine solide Bonität<br />

bestätigt.<br />

Entscheidend für das Misstrauen ist aber nicht nur<br />

das Geschäftsmodell, Prüfer und Berater in einem zu sein.<br />

<strong>Bank</strong>en müssen ihre internen Risikobewertungsmodelle<br />

den Aufsichtsbehörden zur Kenntnis bringen und von<br />

diesen genehmigen lassen. Für Rating-Agenturen gab es<br />

hingegen in der Vergangenheit keinerlei Offenlegungsbestimmungen.<br />

Die Modelle und Kriterien, die die Basis für<br />

ihre Prüfung bilden, kennt man nicht. Hier hat die Politik<br />

in der Regulierung versagt.<br />

Cameron beliebter als Merkel?<br />

Diese mangelnde Transparenz ist der Hauptgrund für das<br />

Misstrauen, das mittlerweile den Rating-Agenturen entgegengebracht<br />

wird. Es ist nun eben schwer verständlich,<br />

wenn der Reihe nach Mitgliedsstaaten der Eurozone sowie<br />

deren <strong>Bank</strong>en von den Agenturen herabgestuft und Länder,<br />

deren Wachstumsaussichten wie auch Schuldenstand<br />

viel schlechter sind, ungeschoren bleiben. Beispiel: England.<br />

Möglicherweise trauen die Rating-Agenturen David<br />

Cameron eine bessere politische Performance zu als Angela<br />

Merkel, nehmen sie doch neben der ökonomischen auch<br />

eine politische Bewertung vor. Mangels einer Begründung<br />

kann hier nur spekuliert werden. Ginge es nur nach der<br />

wirtschaftlichen Performance, müsste England ein deutlich<br />

schlechteres Rating als Deutschland haben.<br />

Vertrauen schaffen, ein Geschäftsmodell, das Inkompatibilitäten<br />

verhindert, und Transparenz hinsichtlich der<br />

Rating-Kriterien: In diesen kritischen Punkten besteht<br />

Handlungsbedarf. Sind sie in Zukunft gewährleistet, dann<br />

wird auch die Reputation der Rating-Agenturen wiederhergestellt<br />

sein. n<br />

The Big Three<br />

Standard & Poor’s<br />

870.000 Bewertungen. Die Ursprünge des Konzerns<br />

gehen bis ins Jahr 1860 zurück. Sein Marktanteil beträgt<br />

40 Prozent. Seit 1941 ist S & P auch als Rating-Agentur<br />

tätig. 1966 wurde es vom US-Medienkonzern McGraw-Hill<br />

geschluckt. 2010 erzielte S & P 2,9 Mrd. US-Dollar Umsatz.<br />

S & P ist auch für die Erstellung von Börsenindizes bekannt.<br />

Moody’s<br />

40 Prozent Marktanteil. Die Agentur ist Hauptteil der<br />

börsenotierten Moody‘s Corporation. Die 1909 von John<br />

Moody gegründete Agentur lieferte Ratings zu Bahnanleihen.<br />

Bis 2009 besaß Investor Warren Buffett die Mehrheit,<br />

nun 12 Prozent. Umsatz 2010: 1,8 Mrd. US-Dollar.<br />

Fitch<br />

2.100 Mitarbeiter. Die 1913 in New York von John<br />

Knowles Fitch gegründete Agentur ist eine Tochter der<br />

Fimalac-Holding. Diese gehört mehrheitlich dem französischen<br />

Geschäftsmann Marc Ladreit de Lacharrière. Mit<br />

51 Standorten weltweit und einem Umsatz von 400 Mio.<br />

US-Dollar ist Fitch die Nummer drei auf dem Markt.<br />

Die Agenturen fassen das Ergebnis ihrer Untersuchung<br />

(Rating) in einer Buchstabenkombination (Rating Code,<br />

kurz auch nur: Rating) zusammen, die von AAA bzw. Aaa<br />

(beste Qualität) bis D (zahlungsunfähig) reicht. Die Bewertung<br />

wird von den Auftraggebern bezahlt.<br />

01/<strong>2012</strong> <strong>Bank</strong> <strong>exklusiv</strong><br />

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