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Euch zu Diensten - Cuthalions Bogen

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„Prinzessin Lothíriel?“ fragte er.<br />

Sie streckte eine schlanke Hand aus. „Ja?“<br />

Das Gesicht, das sie ihm entgegenhob, entsprach nicht dem traditionellen<br />

Schönheitsideal von Gondor. Während ihre Haut glatt und hell war und sie die hohen<br />

Wangenknochen der Númenorer besaß, war ihr Mund <strong>zu</strong> voll, die Nase zeigte an der<br />

Spitze rebellisch nach oben und das Kinn sprach von Eigensinn. Allerdings bemerkte<br />

er das kaum, denn sie hatte das fesselndste Paar Augen, das er je gesehen hatte –<br />

sehr groß, grau und von dichten, schwarzen Wimpern umkränzt, blickten sie mit<br />

einem leicht träumerischen Ausdruck in die Welt.<br />

„Darf ich mich vorstellen?“ Er beugte sich über ihre Hand und sprach die Grußworte,<br />

die hier in Gondor üblich waren. „Ich bin König Éomer von Rohan, <strong>Euch</strong> <strong>zu</strong> <strong>Diensten</strong>.“<br />

Sie runzelte die Stirn und entzog ihm ihre Hand. „Ganz recht“, schnappte sie, „und<br />

ich bin die Königin von Rohan.“<br />

Für einen Moment starrte er sie einfach in absoluter Verblüffung an. Dann erinnerte<br />

er sich plötzlich an das Gespräch, das er im vorigen Sommer mit Faramir geführt<br />

hatte. Hatte sein <strong>zu</strong>künftiger Schwager nicht darauf angespielt, dass mit der<br />

Prinzessin von Dol Amroth irgendetwas nicht stimmte? Litt sie vielleicht unter<br />

Wahnvorstellungen?<br />

„Ich bitte um Verzeihung?“ sagte er, noch immer entgeistert.<br />

„Das solltet Ihr auch!“ rief sie aus. „Mich hält man nicht so leicht <strong>zu</strong>m Narren! Seid<br />

ihr einer von Amrothos’ Freunden?“<br />

„Nun, in gewisser Weise,“ erwiderte Éomer, denn er war Prinz Amrothos während des<br />

Krieges begegnet. „Ich kenne ihn natürlich, aber ich sehe nicht...“ Er bekam nie die<br />

Gelegenheit, seinen Satz <strong>zu</strong> beenden.<br />

„Ihr solltet <strong>Euch</strong> schämen,“ erklärte sie in anklagendem Tonfall, „dass Ihr versucht,<br />

mich so hoch<strong>zu</strong>nehmen. König von Rohan, also wirklich! Hat mein Bruder <strong>Euch</strong> <strong>zu</strong><br />

dieser Scharade angestiftet?“<br />

Das Mädchen betrachtete ihn immer noch mit finsterer Miene, und endlich dämmerte<br />

es ihm, dass sie seine Identität in Zweifel zog.<br />

„Es tut mir Leid, meine Herrin, aber ich bin wirklich König Éomer,“ entgegnete er; er<br />

war sich nicht sicher, ob er angesichts der Tatsache, dass sie ihn für einen<br />

Hochstapler hielt, belustigt oder beleidigt sein sollte.<br />

Die Prinzessin machte eine Geste der Abwehr. „Blödsinn!“ erwiderte sie scharf, „Ihr<br />

klingt in keiner Weise wie einer der Rohirrim. Der Stallmeister meines Vaters stammt<br />

aus Rohan, also müsst Ihr nicht denken, dass ich nicht weiß, wie sie dort Westron<br />

sprechen. Ihr kommt ganz klar von irgendwo hier aus dieser Gegend.“<br />

„Meine Großmutter stammte aus Lossarnach,“ erklärte er, „und ich bin sowohl mit<br />

Westron als auch mit Rohirric aufgewachsen.“<br />

Die Prinzessin zögerte. Zum ersten Mal seit dem Beginn ihrer Unterhaltung sah sie so<br />

aus, als wäre sie ihrer Sache nicht mehr ganz sicher.<br />

„Könnt Ihr beweisen, wer Ihr seid?“ fragte sie und verschränkte die Arme vor der<br />

Brust.<br />

„Wie?“ Éomer fing an, sich <strong>zu</strong> amüsieren. Es war eine neue Situation für ihn, dass er<br />

den Beweis antreten musste, ein König <strong>zu</strong> sein. „Ich trage meine Krone nicht bei<br />

mir,“ fügte er hin<strong>zu</strong>.

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