Mitteilungen 74 Juni 2008 - Geschichte in Schleswig-Holstein
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Bonner Landeshistoriker Wilhelm Janssen e<strong>in</strong>mal als „wissenschaftlich aufgeklärtes<br />
Heimatbewußtse<strong>in</strong>” bezeichnet hat.<br />
Im Spannungsfeld von Globalisierung und Regionalisierung, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
zusammenwachsenden Europa, das gleichwohl e<strong>in</strong> Europa der Regionen<br />
bleiben wird, hat die Landesgeschichte ihre unverzichtbare Funktion. Ihre<br />
Aufgaben liegen vor Ort, <strong>in</strong> dem Land, <strong>in</strong> den Regionen, für die sie zuständig<br />
ist. Wie ke<strong>in</strong> anderer ist der Landeshistoriker mit „se<strong>in</strong>em Land“ vertraut,<br />
kennt den Forschungsstand und vor allem die Quellen und die Archivverhältnisse,<br />
ist mit den Vertretern der Nachbarfächer – Kunstgeschichte,<br />
Geographie, Archäologie, Volkskunde und andere mehr – vernetzt. Wer<br />
Landesgeschichte als „multiperspektivische Wissenschaft“ (Franz Irsigler)<br />
versteht und betreibt, kann angesichts der ständig wechselnden Trends<br />
und Moden der Geschichtswissenschaft gelassen bleiben. Die allgeme<strong>in</strong>e<br />
Geschichtswissenschaft schreitet schon seit längerem von der Nationalgeschichte<br />
zur <strong>Geschichte</strong> Europas voran, doch mittlerweile treten schon neue<br />
Paradigmata wie „Transnationale <strong>Geschichte</strong>“ und „Globalgeschichte“ auf<br />
den Plan. Die schleswig-holste<strong>in</strong>ische Landesgeschichte ist auch angesichts<br />
dieser Trends durchaus anb<strong>in</strong>dungsfähig. Wer die Beschäftigung mit der<br />
schleswig-holste<strong>in</strong>ischen Landesgeschichte für prov<strong>in</strong>ziell hält, sollte e<strong>in</strong>mal<br />
über die Bemerkung des 2005 verstorbenen Kieler Landeshistorikers<br />
Erich Hoffmann nachdenken, dass sie nie besonders „regional“ verlaufen<br />
sei, sondern immer vor dem europäischen H<strong>in</strong>tergrund gesehen werden<br />
müsse.<br />
Wie also sollte e<strong>in</strong>e heutige schleswig-holste<strong>in</strong>ische Landesgeschichte<br />
aussehen Man könnte es mit modischen Etikettenschw<strong>in</strong>deln versuchen<br />
und die Landesgeschichte <strong>in</strong> europäische Regionalgeschichte oder <strong>in</strong> vergleichende<br />
Landesgeschichte umtaufen. Dem wissenschaftlichen Leistungspotential,<br />
vor allem aber der öffentlichen Vermittlungsfunktion und<br />
auch der identitätsstiftenden Kraft dieses Faches würde das nicht gerecht<br />
werden. So wie man vom Münchner Landeshistoriker erwartet, dass er<br />
die altbayerische <strong>Geschichte</strong> vertritt, oder der Leipziger Landeshistoriker<br />
für die sächsische <strong>Geschichte</strong> zuständig ist, so wird sich auch der Kieler<br />
Landeshistoriker vornehmlich mit der <strong>Geschichte</strong> <strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>s zu<br />
beschäftigen haben, hier zu wissenschaftlichen Tiefbohrungen ansetzen<br />
und zugleich versuchen, die Menschen im Lande zu erreichen. Anderes an<br />
Interessen und Arbeitsfeldern mag h<strong>in</strong>zukommen, aber der Schwerpunkt<br />
jeder Landesgeschichte liegt im Land!<br />
In me<strong>in</strong>en Ausführungen ist viel von der Stellung der Landesgeschichte<br />
im Kontext der historischen Teildiszipl<strong>in</strong>en, von ihrer Anb<strong>in</strong>dungsfähigkeit<br />
und auch von den <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ären Möglichkeiten des Faches die Rede gewesen.<br />
Insofern steht die Landesgeschichte als Teil <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Ganzen, vermag<br />
als Basis- oder Subdiszipl<strong>in</strong> Wissen zu ermitteln, das sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en größeren