22.01.2015 Aufrufe

Ausgabe 1104.pdf - Theater-Zytig

Ausgabe 1104.pdf - Theater-Zytig

Ausgabe 1104.pdf - Theater-Zytig

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

30 Spotlicht 1104<br />

| Schlussapplaus<br />

Kürzen ist viel schwerer als schreiben.<br />

Und schreiben ist schon schwer genug.<br />

Axel von Ambesser<br />

Oftmals mussten junge Schauspieler<br />

ihre Sporren erst in<br />

der Statisterie und im Chor<br />

abverdienen. Die nur mässigen<br />

Gagen und wohl auch zeitweise<br />

Verschuldung liessen Fritz<br />

Kortner und seine Freunde<br />

nach einem rettenden Ausweg<br />

suchen. Zu seiner Überraschung<br />

entdeckte er eines Abends,<br />

dass der grosse Solosatz, der<br />

dem Schauspieler Danegger<br />

zugewiesen war, plötzlich von<br />

einem anderen, entschieden<br />

weniger begabten, aber zahlungskräftigen<br />

Mimen gesprochen<br />

wurde. Danegger weihte<br />

ihn in das Geheimnis des Sätzeverkaufs<br />

zur Tilgung anstehender<br />

Schulden ein, was prompt<br />

Schule machte. Schliesslich<br />

verkaufte auch Kortner alle<br />

seine Sätze. Bald sah man Danegger<br />

und Kortner nur noch vor<br />

Beginn der Aufführung in der<br />

Garderobe, wo sie den Handel<br />

tätigten, nicht ohne Geschick<br />

die Preise hochtrieben und<br />

– wieder verschwanden. Intendant<br />

Reinhardt soll übrigens,<br />

als er – sehr amüsiert – den<br />

Schacher entdeckte, Grossmut<br />

bewiesen haben. Freilich –<br />

ihren Text mussten die hoffnungsvollen<br />

Mimen von nun<br />

an wieder selber sprechen.<br />

Die Sachlichkeit, die Schauspieler<br />

vom <strong>Theater</strong>kritiker erwarten,<br />

pflegen sie selbst beim<br />

Urteilen über Fachkollegen<br />

oftmals ausser acht zu lassen.<br />

Das bekam auch der Berliner<br />

Publikumsliebling Alexander<br />

Moissi zu spüren. Manch einer<br />

neidete ihm seine Erfolge. So<br />

prägte Victor Arnold das böse<br />

Wort: «Moissi, der Schauspieler,<br />

der die Gage hat – ohne<br />

das Talent!»<br />

Der Schauspieler Max Pallenberg<br />

besuchte eines Abends<br />

ein Berliner Kabarett. Plötzlich<br />

erblickte er auf der Bühne ...<br />

sich selbst! Ein geschickter Imitator<br />

trat in Pallenbergs Maske<br />

auf! Nach Schluss der Vorstellung<br />

fragte ihn der Kollege:<br />

«Nun, wie hat Ihnen meine<br />

Kopie gefallen Haben Sie sich<br />

gleich erkannt, und fanden Sie<br />

es gut»<br />

Pallenberg kratzte sich am<br />

Kinn: «Wissen Sie, offen<br />

gestanden… einer von uns<br />

beiden ist ein unausstehliches<br />

Rindvieh…»<br />

Fritz Kortner und Hans Albers<br />

spielten zwei amerikanische<br />

Soldaten, die Titelrollen in dem<br />

von Carl Zuckmayer bearbeiteten<br />

Stück «Rivalen» .<br />

Die beiden Schauspieler waren<br />

miteinander befreundet, hatten<br />

aber in der Zeit der Aufführung<br />

dieses <strong>Theater</strong>stücks Differenzen.<br />

Und so geschah es eines<br />

Abends, dass die Prügelszene –<br />

die Schauspielerin Maria Bard<br />

spielte das Streitobjekt – zu<br />

bitterem Ernst ausartete. Das<br />

nichts ahnende Publikum war<br />

verblüfft und begeistert über<br />

die scheinbare Echtheit des<br />

Spiels und zollte Beifall. Kortner<br />

aber, der Unterlegene, musste<br />

für die folgenden Aufführungen<br />

von Ludwig Körner abgelöst<br />

werden.<br />

Der Erfolg eines Schauspielers<br />

hängt oftmals von der Qualität<br />

der Souffleuse ab. Das Darmstädter<br />

<strong>Theater</strong>ensemble machte<br />

mit dem Sensationsstück<br />

«Der Prozess Mary Dugan»<br />

einen Abstecher nach Worms.<br />

Die dortige Souffleuse muss<br />

wohl eine Aushilfskraft gewesen<br />

sein. Sie nuschelte den Text<br />

so leise, dass die Schauspieler<br />

sie kaum verstehen konnten.<br />

Besonders derjenige, der den<br />

Staatsanwalt zu spielen hatte,<br />

kam in arge Bedrängnis, denn<br />

er beherrschte seine Rolle recht<br />

mangelhaft. So beschloss er,<br />

sich zu rächen. Beim Verhör<br />

jener Zeugin, die sich weigert<br />

auszusagen und die von<br />

ihm deshalb scharf ins Gebet<br />

genommen wird, wich der<br />

Schauspieler plötzlich vom Rollentext<br />

ab und extemporierte:<br />

«Kennen Sie Frau Weise» Das<br />

war der Name der Souffleuse,<br />

der er einen grimmigen Seitenblick<br />

zuwarf. «Sehen Sie,<br />

die Frau hätte auch allerhand<br />

deutlich zu sagen, aber sie tut<br />

es nicht!»<br />

Ein ausgezeichneter Schauspieler,<br />

leider völlig dem Alkohol<br />

verfallen, sass wieder einmal<br />

mit verglasten Augen in der<br />

Kantine.<br />

Besorgt mahnte ein Kollege:<br />

«Hör doch auf, in zehn Minuten<br />

beginnt die Vorstellung.»<br />

Der Schauspieler winkte ab:<br />

«Im ersten Akt muss ich ohnehin<br />

betrunken sein.»<br />

«Aber im zweiten nüchtern!»<br />

Der Trinker stutzte einen<br />

Augenblick, dann hob er belehrend<br />

den Zeigefinger: «Das<br />

muss man spielen.»<br />

Es soll vorkommen, und das<br />

vorzugsweise bei weiblichen<br />

<strong>Theater</strong>mitgliedern, dass der<br />

Erfolg des einen den Neid des<br />

anderen hervorruft.<br />

Käthe Dorsch, seit Jahrzenten<br />

gleichermassen durch Film und<br />

<strong>Theater</strong> berühmt, spielte in<br />

dem Stück «Jane» zusammen<br />

mit Hilde Hildebrandt. Hans<br />

Nielsen war ihr Partner.<br />

Die Rivalitäten der Damen<br />

hielten sich in Grenzen, bis zur<br />

25. Aufführung. Als sich beim<br />

Schlussapplaus die Dorsch verbeugte,<br />

riefen einige Herren im<br />

Parkett: «Bravo, Hildebrandt!<br />

Bravo, Hildebrandt!»<br />

Hochrot rauschte die Dorsch in<br />

ihre Garderobe, wo sie schrie:<br />

«Diese Gans, die hat sich Claqueurs<br />

bestellt! Das werde ich<br />

ihr heimzahlen!»<br />

«Das waren echte Verehrer»,<br />

schrie die Hildebrandt zurück.<br />

«Niemals! Die können nur<br />

bezahlt gewesen sein.»<br />

Hans Nielsen ging in die Garderobe<br />

von Käthe Dorsch, um<br />

schlichtend einzugreifen. Da<br />

sah er, dass sich die erregten<br />

Damen ihre Freundlichkeiten<br />

durch die Warmluftröhren<br />

zugerufen hatten. Die eine von<br />

oben nach unten, die andere<br />

von unten nach oben.<br />

Das Gelächter ihres Partners<br />

liess die Wut vergessen, und<br />

leicht beschämt meinte die<br />

grosse Schauspielerin: «Was<br />

sind wir doch für komische<br />

Leute!»

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!