Stellungnahme (pdf) - Daten-Speicherung.de – minimum data ...
Stellungnahme (pdf) - Daten-Speicherung.de – minimum data ...
Stellungnahme (pdf) - Daten-Speicherung.de – minimum data ...
- Keine Tags gefunden...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
SCHRIFTSATZ DER KLÄGER VOM 11. OKTOBER 2009 40<br />
Vorratsdatenspeicherung das Recht auf freie Meinungsäußerung verletzt. 127 Eine Vorratsdatenspeicherung<br />
eliminiere die anonyme Äußerung von Meinungen im Internet,<br />
weil durch sie je<strong>de</strong> Meinungsäußerung über Telekommunikationsnetze rückverfolgbar<br />
wer<strong>de</strong>. Außer<strong>de</strong>m wer<strong>de</strong> die anonyme Bildung von Vereinigungen über Telekommunikationsnetze<br />
unmöglich, weil sich Mitgliedschaften in einer Internet-Vereinigung <strong>–</strong><br />
etwa <strong>de</strong>rjenigen <strong>de</strong>s Antragstellers <strong>–</strong> mithilfe von Telekommunikationsdaten auf<strong>de</strong>cken<br />
ließen.<br />
137. Dass <strong>de</strong>r Oberste Gerichtshof die Aufklärung von Straftaten zur Rechtfertigung einer<br />
flächen<strong>de</strong>cken<strong>de</strong>n Vorratsdatenspeicherung nicht wür<strong>de</strong> genügen lassen, begrün<strong>de</strong>t<br />
die Autorin mit <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Ausführungen <strong>de</strong>s Gerichtshofs in einem Urteil aus<br />
<strong>de</strong>m Jahr 2002: „Das Argument geht im Kern dahin, dass geschützte Meinungsäußerungen<br />
verboten wer<strong>de</strong>n dürften, um ungeschützte Meinungsäußerungen verhin<strong>de</strong>rn<br />
zu können. Diese Analyse stellt die Meinungsfreiheit auf <strong>de</strong>n Kopf. Der Staat darf<br />
rechtmäßige Meinungsäußerungen nicht unterdrücken, um unrechtmäßige Meinungsäußerungen<br />
zu verhin<strong>de</strong>rn. [...] Die Verfassung gebietet das Gegenteil.“ 128 Schon in<br />
einer früheren Entscheidung hatte <strong>de</strong>r Gerichtshof ausgeführt, „in unserer Gesellschaft<br />
hat <strong>de</strong>r Wert freier Meinungsäußerung ein höheres Gewicht als die Gefahren<br />
ihres Missbrauchs“. 129<br />
138. Die Autorin sieht in einer Vorratsdatenspeicherung eine Verletzung dieser Grundsätze,<br />
weil eine Vorratsdatenspeicherung zur Aufklärung unrechtmäßiger Handlungen<br />
unterschiedslos auch rechtmäßige Meinungsäußerungen erfasst und rückverfolgbar<br />
macht. Die Autorin gelangt zu <strong>de</strong>m folgen<strong>de</strong>n Ergebnis: „Untersucht man eine Vorratsspeicherungspflicht<br />
im Lichte <strong>de</strong>r vom Gerichtshof anerkannten Be<strong>de</strong>utung anonymer<br />
Meinungsäußerung, so gibt es überzeugen<strong>de</strong> Grün<strong>de</strong> dafür, sie wegen ihrer<br />
Auswirkungen auf anonyme Meinungsäußerungen als verfassungswidrig anzusehen.“<br />
130<br />
139. Wie zu Art. 8 EMRK gezeigt wor<strong>de</strong>n ist, steht <strong>de</strong>r schwerwiegen<strong>de</strong>n Beeinträchtigung<br />
<strong>de</strong>r Meinungsfreiheit durch die Vorratsdatenspeicherung keine nennenswerte Erleichterung<br />
<strong>de</strong>r Strafverfolgung gegenüber. Damit stellt die Richtlinie 2006/24/EG einen<br />
unverhältnismäßigen und unzumutbar tiefen Eingriff auch in die Rechte aus Art. 10<br />
EMRK dar.<br />
140. Die Richtlinie 2006/24/EG ist daher mit Art. 10 EMRK unvereinbar und ungültig.<br />
d) Ergebnis<br />
141. Die zweite Vorlagefrage ist somit wie folgt zu beantworten: Die VERORDNUNG (EG)<br />
Nr. 259/2008 DER KOMMISSION vom 18. März 2008 mit Durchführungsbestimmun-<br />
127 Crump, Data Retention, Stanford Law Review, Vol. 56:191.<br />
128 Ashcroft v. Free Speech Coalition, 535 U.S. 234 (2002).<br />
129 McIntyre v. Ohio Elections Commission, 514 U.S. 334 (1995).<br />
130 Crump, Stanford Law Review, Vol. 56, 191 (223 f.).