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Hannah Arendt und das philosophische Denken - KOPS ...

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1.2 Der Zusammenbruch der Tradition <strong>und</strong> <strong>das</strong> <strong>Denken</strong> ohne Geländer<br />

Die These vom Zusammenbruch der Tradition wird in der Interpretation von <strong>Arendt</strong>s<br />

Schriften unterschiedlich berücksichtigt. Es wird festgestellt, <strong>das</strong>s <strong>Arendt</strong> wiederholt<br />

ihre Distanz gegenüber der Tradition betont <strong>und</strong>, radikal ausgedrückt, einen 'Anti-<br />

Traditionalismus' vertritt 66 . Auch wird versucht, <strong>Arendt</strong>s ungewöhnliche Konzeption<br />

des Totalitarismus im Zusammenhang mit der These vom Zusammenbruch der Tradition<br />

zu verstehen. Keines der üblichen politischen Paradigmata ist für ein Verständnis<br />

des Totalitarismus hinreichend, gerade wegen des mit der These zum Ausdruck<br />

Gebrachten. Diese Interpretation mag eine gewisse Berechtigung im Rahmen<br />

der jeweiligen Fragestellung haben; hier aber geht es um eine <strong>philosophische</strong> Perspektive,<br />

weshalb auch die These vom Zusammenbruch der Tradition aus methodischer<br />

Perspektive betrachtet werden soll.<br />

Die These betrifft sowohl die Philosophie als auch die Politik. Das <strong>philosophische</strong><br />

<strong>Denken</strong> <strong>Arendt</strong>s beruht vor allem darauf, <strong>das</strong>s die Art <strong>und</strong> Weise, wie <strong>philosophische</strong><br />

<strong>und</strong> metaphysische Fragen im Rahmen der traditionellen Philosophie gefasst <strong>und</strong><br />

beantwortet wurden, "nicht mehr einleuchtet" 67 . Diese Kritik am Paradigma des Philosophierens<br />

entspricht einer eigenartigen Auffassung vom <strong>Denken</strong>. Denn die These<br />

vom Zusammenbruch der Tradition ist auch der Ausgangspunkt des politischen <strong>Denken</strong>s<br />

von <strong>Arendt</strong>. Sie bezweifelt, wie erwähnt, <strong>das</strong>s es so etwas wie 'politische Philosophie'<br />

überhaupt geben könne, weil "es zwischen Philosophie <strong>und</strong> Politik eine<br />

Spannung gibt". Ferner grenzt sie sich von der Tradition des politischen <strong>Denken</strong>s<br />

des Abendlandes ab, <strong>das</strong> mit den Lehren Platons <strong>und</strong> Aristoteles' beginne, <strong>und</strong> "in<br />

den Theorien von Karl Marx ein ebenso definitives Ende gef<strong>und</strong>en" 68 habe. Wenn<br />

man den Zusammenhang außer Acht lässt, in dem <strong>Arendt</strong> ihre These formuliert, wird<br />

es schwierig, da man ja behaupten kann, <strong>das</strong>s die Überlieferung uns bis heute immer<br />

noch etwas zu sagen hat. <strong>Arendt</strong> beruft sich schließlich auch selbst immer wieder<br />

auf die traditionellen Denker. Vor dem Hintergr<strong>und</strong> einer wie auch immer erschütterten<br />

Tradition erscheint <strong>Arendt</strong>s These seltsam. Die Frage ist, ob <strong>Arendt</strong> mit<br />

dieser These Recht hat.<br />

<strong>Arendt</strong> wurde einmal gefragt, ob sie mit der Interpretation ihrer Werke zufrieden sei.<br />

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