Hannah Arendt und das philosophische Denken - KOPS ...
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[…]. Aus Dankbarkeit will ich mein Buch über politische Theorien 'Amor M<strong>und</strong>i'<br />
nennen." 82 Hier wird deutlich zum Ausdruck gebracht, <strong>das</strong>s <strong>Arendt</strong> aus Liebe zur<br />
Welt an einer politischen Theorie arbeitet <strong>und</strong> diese Liebe die gesuchte Orientierung<br />
ausmacht.<br />
Dass die Liebe zur Welt in <strong>Arendt</strong>s <strong>Denken</strong> eine wichtige Rolle spielt, lässt sich viel-<br />
fach belegen. Bereits in ihrer Dissertation Der Liebesbegriff bei Augustin aus dem<br />
Jahre 1929 versucht <strong>Arendt</strong> (allerdings noch unter dem Einfluss Heideggers) mit<br />
Bezugnahme auf Augustinus einen Weltbegriff unter Einbeziehung des Begriffs der<br />
Liebe zu formulieren: "Die Welt als irdische wird nicht nur durch die Werke Gottes<br />
als solche konstruiert, sondern durch die dilectores m<strong>und</strong>i, die Menschen <strong>und</strong> <strong>das</strong>,<br />
was die Menschen lieben." 83 Später, in ihrem Hauptwerk Vita activa, wird die These<br />
vertreten, <strong>das</strong>s die Welt durch die politische Tätigkeit bzw. durch <strong>das</strong> Handeln <strong>und</strong><br />
Sprechen konstruiert <strong>und</strong> aufrechterhalten wird. <strong>Arendt</strong> spricht dann nicht mehr von<br />
der Liebe, sondern von dem Recht, sich als Mensch in der Welt zu zeigen, <strong>und</strong> der<br />
Pflicht, die Vielfalt der Welt aufrechtzuerhalten; beides treibt den Menschen zum<br />
freien spontanen Handeln <strong>und</strong> Sprechen. Dabei wird hervorgehoben, <strong>das</strong>s diese<br />
Tätigkeiten nicht im Sinne einer instrumentalen Vernunft zu verstehen sind, da sie<br />
nicht durch eine Zweck-Mittel-Relation charakterisiert werden können, sondern durch<br />
ihren Sinn bzw. durch ihre Bedeutung für den Menschen. Weiter heißt es, <strong>das</strong>s "auf<br />
Gemeinwesen bezogenes Handeln lustvoll ist, weil es durch Einbildungskraft, durch<br />
Phantasie die getrennten Vermögen <strong>und</strong> Gegenstände zum Ausgleich zu bringen<br />
vermag, also die menschlichen Neigungen zu Kooperation <strong>und</strong> Geselligkeit fördert"<br />
84 . Demnach handelt es sich um eine Liebe zur Welt, um eine Liebe der Entstehung<br />
der Welt willen. Diese Liebe konkretisiert sich in der Neigung zum Handeln<br />
<strong>und</strong> zum Sprechen, in denen sich gemeinsame Interessen in der Welt zeigen. Deshalb<br />
gilt auch die Gemeinsamkeit der Menschen als f<strong>und</strong>amentales Prinzip zur Konstruktion<br />
der Welt. Das 'Politische' im Handeln <strong>und</strong> Sprechen besteht dann darin,<br />
<strong>das</strong>s dieses als Mittel zur Herstellung einer gemeinsamen Welt dient. Erst dadurch<br />
überwindet der Mensch <strong>das</strong> Faktum der Geworfenheit (Heidegger).<br />
Die Liebe zur Welt ist <strong>Arendt</strong>s wesentliche Orientierung, auch wenn ihr Interesse am<br />
Politischen erst unmittelbar durch den politischen Totalitarismus geweckt wurde. Die<br />
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