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Hannah Arendt und das philosophische Denken - KOPS ...

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nicht, Grenzen in irgendeiner Form zu verwischen, im Gegenteil: derjenige, der den<br />

Platz des 'Dazwischen' einnimmt, muss die Grenzen nur um so klarer ziehen. <strong>Arendt</strong><br />

hat selbst eine Spannung zwischen Philosophie <strong>und</strong> Politik betont, doch werden in<br />

ihrem <strong>Denken</strong> beide Disziplinen auch wieder zusammengeführt. Darum ist auch die<br />

Feststellung, <strong>das</strong>s <strong>Arendt</strong>s Werke von Unklarheit, Doppeldeutigkeit <strong>und</strong> Ambivalenz<br />

durchzogen sind, nicht weiter verw<strong>und</strong>erlich. Für sie ist der Zweck des Schreibens<br />

<strong>das</strong> Verstehen, nicht die Herstellung eines <strong>philosophische</strong>n oder politischen Systems.<br />

Zum Verstehen braucht <strong>Arendt</strong> eine vielseitige kritische Perspektive, denn die<br />

Welt präsentiert sich selbst in einer derartigen Vielseitigkeit, <strong>das</strong>s eine einzige Perspektive<br />

nie ihre Wirklichkeit begreifen kann.<br />

1.4 Geschichtenerzählen <strong>und</strong> politisches Handeln<br />

<strong>Arendt</strong>s Humanismus zeigt sich oft als universalistisch, aber beschränkt sich nicht<br />

auf <strong>das</strong> Universale. Das 'Menschliche' ist für sie in vieler Hinsicht kein abstrakter,<br />

sondern ein sehr individualisierter <strong>und</strong> jeden Menschen betreffender Begriff. Er verweist<br />

auf <strong>das</strong> wirkliche Leben, durch <strong>das</strong> <strong>das</strong> Wesen des Menschen zum Vorschein<br />

kommt. Jeder Mensch hat sein eigenes Leben, <strong>das</strong> in Zeit <strong>und</strong> Raum so einzigartig<br />

geführt wird, <strong>das</strong>s man es im Prinzip gar nicht auf <strong>philosophische</strong> Weise durch Verallgemeinerung<br />

<strong>und</strong> Abstraktion begreifen kann. Die einzige Möglichkeit, ein derartiges<br />

Leben zu begreifen, ist eine narrative Form seiner Darstellung.<br />

Das Narrative der Lebensgeschichten nennt <strong>Arendt</strong> <strong>das</strong> 'Geschichtenerzählen'. W.<br />

Heuer berichtet, <strong>das</strong>s <strong>Arendt</strong> als Kind viel Zeit mit ihrem Großvater Max <strong>Arendt</strong> verbracht<br />

habe <strong>und</strong> dessen "Fähigkeit des Geschichtenerzählens bei ihr einen bleibenden<br />

Eindruck" hinterließ, so <strong>das</strong>s sie "eine immense Leidenschaft für Geschichten"<br />

111 entwickelte. Im weiteren Verlauf kommt dem Geschichtenerzählen im <strong>Arendt</strong>schen<br />

<strong>Denken</strong> eine bedeutende Rolle zu. Für sie dient es als zuverlässige Methode,<br />

den Sinn eines menschlichen Lebens darzulegen.<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong> hat <strong>Arendt</strong> nicht nur die Biographie der Jüdin Rahel Varnhagen<br />

geschrieben, sondern auch viele kurze Essays, die Geschichten von bekannten Per-<br />

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