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Hannah Arendt und das philosophische Denken - KOPS ...

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eine Sache zugeben, nämlich, daß Unrecht, begangen von meinem eigenen Volk,<br />

mich selbstverständlich mehr erregt als Unrecht, <strong>das</strong> andere Völker begehen." 103<br />

Ihre Auffassung steht der Sokratischen Auffassung nahe, wonach es besser sei,<br />

Unrecht zu erleiden als Unrecht zu tun.<br />

Der universale Humanismus dient nicht nur als Orientierung im <strong>Denken</strong> <strong>Arendt</strong>s,<br />

sondern auch als f<strong>und</strong>amentaler Wert <strong>und</strong> Prinzip. Insofern muss auch auf spezifisch<br />

jüdische Werte <strong>und</strong> Prinzipien verzichtet werden. Dieser Verzicht ist schwerwiegend.<br />

Das zeigt sich am deutlichsten in der Eichmann-Affäre. <strong>Arendt</strong>s Buch über Eichmann<br />

löste, wie bereits erwähnt, eine bis heute andauernde Kontroverse aus <strong>und</strong> vertiefte<br />

den Graben zwischen <strong>Arendt</strong> <strong>und</strong> dem Judentum. Nach einem Bericht von A. T.<br />

Klotz wird <strong>Arendt</strong> im Laufe der Kontroverse mehr <strong>und</strong> mehr isoliert, wobei Jaspers<br />

neben ihrem Mann, dem Nichtjuden H. Blücher, der einzige ist, der sie versteht <strong>und</strong><br />

unterstützt . 104 Kein W<strong>und</strong>er, denn auch Jaspers versteht sich als Weltbürger.<br />

Als Konsequenz ihrer Auffassung von der 'Banalität des Bösen' wurde <strong>Arendt</strong> von<br />

der jüdischen Gemeinschaft in New York exkommuniziert. 105 <strong>Arendt</strong> machte außerdem<br />

die Judenräte für die Genozide mitverantwortlich, da sie mit den Nazis kooperiert<br />

<strong>und</strong> die Menschen in die Mordfabriken geschickt hätten: "Den größten Schmerz<br />

über <strong>Hannah</strong> <strong>Arendt</strong> empfinden wir gerade darüber, daß sie sich so unerbittlich auf<br />

die Seite desinteressierter Gerechtigkeit stellt <strong>und</strong> sowohl Nazi wie Jude verurteilt.<br />

Aber die abstrakte Gerechtigkeit, wie die Weisheit des Talmud sie kennt, ist manchmal<br />

ein zu strenger Maßstab zur Beurteilung der Welt." 106 Schließlich stellt <strong>Arendt</strong><br />

fest, <strong>das</strong>s der Holocaust nicht ein Verbrechen an den Juden, sondern an der<br />

Menschheit sei. Dementsprechend ist sie der Überzeugung, <strong>das</strong>s nur wenn Eichmann<br />

im Namen der gesamten Menschheit verurteilt würde, Gerechtigkeit erreicht<br />

würde. <strong>Arendt</strong> verlangt eine universale Gerechtigkeit, wobei der spezielle Gerechtigkeitsanspruch<br />

für Juden aufgegeben werden sollte.<br />

In Bezug auf den Totalitarismus, der dafür verantwortlich war, Menschen so 'unmenschlich'<br />

wie Eichmann <strong>und</strong> so 'überflüssig' 107 wie Juden zu machen, ist <strong>Arendt</strong>s<br />

Verlangen nach Gerechtigkeit für die gesamte Menschheit ohne Zweifel begründet,<br />

doch ist schwer hinzunehmen, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Leiden eines Volkes zugunsten eines uni-<br />

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