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Hannah Arendt und das philosophische Denken - KOPS ...

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2.1 Phänomene diesseits <strong>und</strong> jenseits der Phänomenologie<br />

"In dieser Welt, in die wir aus dem Nirgends eintreten [appear] <strong>und</strong> aus der wir wie-<br />

der ins Nirgends verschwinden [disappear], fallen Sein <strong>und</strong> Erscheinen zusammen<br />

[Being and Appearing coincide]." 133 In diesem prägnanten Satz bringt <strong>Hannah</strong><br />

<strong>Arendt</strong> zu Beginn ihres Buches Das <strong>Denken</strong> die für ihre Arbeit zentrale Bedeutung<br />

der Gegebenheitsweisen der Dinge für <strong>das</strong> auffassende Bewusstsein zum Ausdruck.<br />

<strong>Arendt</strong>s Sichtweise beruht darauf, <strong>das</strong>s die Welt als <strong>das</strong> Feld der den Menschen<br />

zugänglichen Erscheinungen bestimmt ist. Insofern die Erscheinungen wesentlich<br />

Erscheinungen für auffassende Subjekte sind, <strong>und</strong> insoweit es sich um menschliche<br />

Individuen handelt, denen die Phänomene gegeben sind, kann man sagen, <strong>das</strong>s<br />

eine enge Verbindung zwischen der phänomenologischen Zugangsweise <strong>und</strong> einer<br />

anthropologischen Perspektive besteht. Die Tatsache, <strong>das</strong>s die Welt vom Menschen<br />

(<strong>und</strong> einigen Lebewesen) als Erscheinung erfahren wird, besitzt für <strong>Arendt</strong> eine<br />

gr<strong>und</strong>legende Bedeutung: "Nichts könnte erscheinen, <strong>das</strong> Wort 'Erscheinung' wäre<br />

sinnlos, wenn es keine Wesen gäbe, denen etwas erscheint – lebendige Wesen, die<br />

anerkennen, erkennen <strong>und</strong> reagieren können – mit Flucht oder Begehren, Zustimmung<br />

oder Ablehnung, Tadel oder Lob – auf <strong>das</strong>, was nicht nur da ist, sondern ihnen<br />

erscheint <strong>und</strong> von ihnen wahrgenommen werden soll." 134<br />

Die wahrnehmungs- <strong>und</strong> empfindungsfähigen Wesen sind Subjekte, denen die Welt<br />

als umfassender Bereich der Phänomene gegeben ist. Sie sind aber niemals ausschließlich<br />

Subjekte der Erfahrung von Phänomenen, vielmehr werden sie selbst von<br />

anderen Subjekten wahrgenommen. Sie sind stets selbst als Erscheinungen für<br />

andere Subjekte gegeben:<br />

(1) A ist Subjekt der Wahrnehmung von Phänomenen, wozu auch die Erscheinung<br />

von B gehört.<br />

(2) B ist Subjekt, in dessen Auffassung A als Erscheinung auftritt.<br />

Diese Wechselseitigkeit des Status als Subjekt <strong>und</strong> als Phänomen ist ausschlaggebend<br />

für die Welthaftigkeit der Lebewesen, deren 'objektive' oder intersubjektive<br />

Realität gewährleistet ist durch die aktive Wahrnehmung des jeweiligen Gegenübers<br />

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