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Das zweite Jahr

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»Mal sehn«, meinte Krabat. »Du weißt ja, ich mache mir nichts daraus,<br />

unter Leute zu kommen, wenn keiner von uns dabei ist.«<br />

Hinterher fragte er Juro um Rat, was er tun solle.<br />

»Hingehen«, sagte Juro. »Was sonst?«<br />

»<strong>Das</strong> ist viel verlangt«, meinte Krabat.<br />

»Es steht ja auch allerhand auf dem Spiel«, sagte Juro. »Außerdem<br />

wäre das eine gute Gelegenheit, mit dem Mädchen zu sprechen.«<br />

Krabat war überrascht.<br />

»Du weißt, daß sie aus Schwarzkollm ist?«<br />

»Seit wir am Osterfeuer gesessen haben. Es war ja nicht schwer zu<br />

erraten.«<br />

»Dann kennst du sie?«<br />

»Nein«, sagte Juro. »Ich will sie auch gar nicht kennen. Was ich nicht<br />

weiß, kann niemand aus mir herausbringen.«<br />

»Wie aber«, fragte Krabat, »soll es dem Meister verborgen bleiben,<br />

wenn wir uns treffen?«<br />

»Du weißt ja«, erwiderte Juro, »wie man den Kreis zieht.« Er griff in die<br />

Tasche, er drückte ihm das Stück Holz in die Hand. »Nimm es – und triff<br />

dich mit deinem Mädchen und sprich mit ihr!«<br />

Am Samstag ging Krabat früh zu Bett. Er wollte allein sein, er wollte<br />

noch einmal in Ruhe abwägen, ob er sich mit der Kantorka treffen sollte.<br />

Konnte er wagen, sie jetzt schon in alles einzuweihen?<br />

Bei den nächtlichen Übungen war es Krabat in letzter Zeit immer öfter<br />

gelungen, sich Juros Befehlen zu widersetzen. Manchmal war sogar Juro<br />

es, der als erster ins Schwitzen kam. <strong>Das</strong> habe nicht viel zu sagen, meinte<br />

er zwar, und Krabat dürfe nur ja nicht den Fehler machen, den Meister zu<br />

unterschätzen – aber aufs ganze gesehen stand es nicht schlecht für sie.<br />

Krabats Zuversicht war von Mal zu Mal größer geworden. Pumphutt<br />

hatte den Müller ja auch besiegt: warum sollte es ihm verwehrt sein? Er<br />

zählte auf Juros Hilfe – und auf die Kantorka.<br />

Aber das war es ja eben, worüber sich Krabat noch immer im Zweifel<br />

war: Ob er die Kantorka denn hineinziehen durfte in die Geschichte. Wer<br />

gab ihm das Recht dazu? War sein Leben es wert, das ihre aufs Spiel zu<br />

setzen?<br />

Krabat war unschlüssig. Einerseits mußte er Juro beipflichten: die<br />

Gelegenheit, sich zu treffen, war günstig – wer weiß, wann sie<br />

wiederkehrte. Wenn nur das andere nicht gewesen wäre, die Ungewißheit,<br />

ob er der Kantorka morgen schon alles erzählen sollte – wo er doch mit sich<br />

selber noch nicht im reinen war.<br />

»Und wenn ich ihr«, ging es ihm durch den Kopf, »nur so viel erzähle,<br />

daß sie im ganzen Bescheid weiß, worum es geht – doch den Tag und die<br />

Stunde der Prüfung verschweige ich ...?«<br />

Krabat empfand ein Gefühl der Erleichterung.<br />

»<strong>Das</strong> bedeutet für sie, daß sie ihre Entscheidung nicht Hals über Kopf<br />

zu treffen braucht – und für mich, daß ich Aufschub gewinne, den Fortgang<br />

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