Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Ordnung. Wer seine Mitgesellen beim Meister anschwärzte, der verdiente<br />
es, daß sie ihm ihre Verachtung zu spüren gaben.<br />
Neumonds, wenn der Gevatter mit seinem Mahlgut vorfuhr, mußte der<br />
Müller jetzt wieder mithalten bei der Arbeit. Er tat es mit großem Eifer, als<br />
gelte es, den Gesellen zu zeigen, was Zupacken heißt – oder war es ihm<br />
mehr um den Herrn Gevatter zu tun?<br />
Übrigens war der Meister im Spätwinter viel unterwegs, bald zu Roß,<br />
bald im Pferdeschlitten. Die Burschen machten sich wenig Gedanken<br />
darüber, von welcher Art die Geschäfte sein mochten, die ihn dazu<br />
veranlaßten. Was sie nichts anging, brauchten sie nicht zu wissen; und was<br />
sie nicht wußten, tat ihnen auch nicht weh.<br />
Eines Abends um den Josephitag, der Schnee war geschmolzen, es<br />
regnete stark, und die Mühlknappen wußten es zu schätzen, daß sie im<br />
Trocknen saßen bei diesem Sauwetter: eines Abends verlangte der Meister<br />
plitz-platz nach der Reisekutsche, er müsse in einer wichtigen Sache weg,<br />
es sei eilig!<br />
Krabat half Petar die beiden Braunen anschirren, nahm, als sie fertig<br />
waren, das Handpferd am Zügel und sagte: »Wüh!«<br />
Während Petar ins Haus rannte, um dem Meister zu melden, die<br />
Kutsche sei fahrbereit, führte Krabat Gespann und Wagen hinaus auf den<br />
Vorplatz. Er hatte sich eine Pferdedecke über den Kopf gezogen, des<br />
Regens halber, und hatte auch für den Meister vorsorglich ein paar Decken<br />
bereitgelegt, denn es war eine leichte Kutsche mit einem Wagenschlag, der<br />
in Fahrtrichtung offenstand.<br />
Von Petar mit einem Windlicht gefolgt, kam der Meister herbeigestapft.<br />
Er trug einen weiten Mantel und seinen schwarzen Dreispitz. Sporen klirrten<br />
an seinen Stiefeln, ein Degen wippte unter dem Manteltuch.<br />
»Verrückt!« dachte Krabat, während der Müller sich auf dem<br />
Kutschbock zurechtsetzte. »Muß das sein, daß er ausfährt bei diesem<br />
Hundewetter?«<br />
Der Meister hatte sich in die Decken eingewickelt, nun fragte er<br />
beiläufig:<br />
»Magst du mitkommen?«<br />
»Ich?«<br />
»Weil du wissen wolltest, weshalb ich ausfahre.«<br />
Krabats Neugier war stärker als alle Scheu vor dem Regen, im Nu saß<br />
er neben dem Müller oben.<br />
»Nun zeig, ob du fahren kannst!« Damit reichte der Meister ihm<br />
Peitsche und Zügel. »Wir müssen in einer Stunde in Dresden sein!«<br />
»Dresden? In einer Stunde?« Krabat hatte sich wohl verhört.<br />
»Los, fahr schon!«<br />
Sie rumpelten auf dem holprigen Waldweg dahin. Es war finster, als<br />
ginge es durch ein Ofenrohr.<br />
»Schneller!« drängte der Meister. »Kannst du nicht schneller fahren!«<br />
»Dann werden wir umschmeißen, Meister...«<br />
58