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Das zweite Jahr

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Ochsenblaschke aus Kamenz und pfiff sich eins. Der Pferdehandel<br />

versprach eine lustige Sache zu werden. Um so befremdlicher fand er es,<br />

als er merkte, daß Juro bekümmert war und den Kopf immer tiefer hängen<br />

ließ.<br />

»Was hast du?«<br />

»Wieso?«<br />

»Weil du dreinschaust, als ob es zum Galgen ginge.«<br />

»Was wird es schon sein«, meinte Juro und schneuzte sich mit zwei<br />

Fingern die Nase. »Ich schaff das nicht, Krabat – ich hab mich noch nie in<br />

ein Pferd verwandelt.«<br />

»Es kann nicht so schwer sein, Juro, ich werde dir dabei helfen.«<br />

»Was nützt mir das?« Juro war stehengeblieben, er blickte ihn traurig<br />

an. »Wir werden mich in ein Roß verwandeln, na schön, du wirst mich für<br />

fünfzig Gulden verkaufen – und damit ist die Geschichte ausgestanden. Für<br />

dich, Krabat, aber nicht für mich! Und warum nicht? Ganz einfach! Wie<br />

komme ich aus der Pferdehaut wieder raus, ohne deine Hilfe? Ich glaub<br />

fast, der Meister hat mir das eingebrockt, um mich loszuwerden.«<br />

»Bah!« sagte Krabat, »was faselst du da zusammen!«<br />

»Doch, doch«, widersprach ihm Juro. »Ich schaff das nicht, ich bin viel<br />

zu blöd dazu.«<br />

Wie er so dastand, mit hängenden Ohren und trauriger Nase, bot er ein<br />

Bild des Jammers.<br />

»Und – wenn wir die Rollen tauschen?« schlug Krabat vor.<br />

»Hauptsache, daß er sein Geld kriegt: dann kann es dem Meister egal sein,<br />

wer von uns wen verkauft.«<br />

Juro war glücklich.<br />

»Daß du das für mich tun willst, Bruder!«<br />

»Laß gut sein«, erwiderte Krabat. »Versprich mir, mit niemand darüber<br />

zu reden – das andere soll uns nicht schwerfallen, denke ich.«<br />

Pfeifend marschierten sie ihres Weges, bis sie die Dächer von<br />

Wittichenau erblickten. Da bogen sie von der Landstraße ab, hinter eine<br />

Feldscheune. »Dies ist ein guter Platz«, sagte Krabat, »da sieht uns keiner,<br />

wenn ich mich in das Roß verwandle. Du weißt ja, daß du mich keinesfalls<br />

unter fünfzig Gulden verkaufen darfst. Und bevor du mich aus der Hand<br />

gibst, nimm mir den Halfter ab: sonst muß ich zeitlebens ein Gaul bleiben –<br />

und da wüßte ich mir was Besseres!«<br />

»Keine Angst«, sagte Juro, »ich werde mich schon in acht nehmen!<br />

Wenn ich auch dumm bin – so dumm bin ich doch nicht.«<br />

»Schön«, sagte Krabat. »<strong>Das</strong> soll ein Wort sein.«<br />

Er murmelte einen Zauberspruch und verwandelte sich in ein<br />

schwarzes Roß, das war prächtig gesattelt und aufgezäumt.<br />

»Donnerwetter!« rief Juro. »Du bist ja das reinste Paradepferd!«<br />

Die Roßhändler auf dem Wittichenauer Markt rissen Mund und Augen<br />

auf, als sie den Hengst erblickten, und kamen herbeigelaufen.<br />

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