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ennende Kerzen vor sich auf dem Tisch, zwischen denen ein Handbeil<br />
lag – und sein Dreispitz, der gleichfalls von schwarzer Farbe war.<br />
»Ich habe euch«, sagte er, als die Gesellen sich in der Stube<br />
versammelt hatten, »zu mir beschieden, wie es die Mühlenordnung<br />
verlangt. Ist ein Lehrjunge unter euch? Der mag vortreten!«<br />
Krabat verstand nicht gleich, daß der Meister ihn meinte. Petar<br />
versetzte ihm einen Rippenstoß, da besann er sich und trat vor.<br />
»Deinen Namen!«<br />
»Ich heiße Krabat.«<br />
»Wer bürgt dafür?«<br />
»Ich«, sagte Hanzo, an Krabats Seite tretend. »Ich bürge für diesen<br />
Jungen und seinen Namen.«<br />
»Einer ist keiner«, versetzte der Meister.<br />
»<strong>Das</strong> wohl«, ließ sich Michal vernehmen, wobei er an Krabats andere<br />
Seite trat. »Zwei aber sind ein Paar, und ein Paar ist ausreichend für die<br />
Zeugenschaft. Darum verbürge auch ich mich für diesen Jungen und seinen<br />
Namen.«<br />
Zwischen dem Meister und den Gesellen an Krabats Seite entspann<br />
sich ein Wechselgespräch, das nach festen Regeln verlief und in festen<br />
Formeln. Der Meister fragte die beiden, ob, wo und wann der Lehrjunge<br />
Krabat das Müllerhandwerk erlernt habe, und sie versicherten ihm, daß der<br />
Junge in allen Künsten und Handgriffen hinlänglich unterwiesen sei.<br />
»Dafür bürgt ihr mir?«<br />
»Dafür bürgen wir«, sagten Hanzo und Michal.<br />
»Wohlan denn, so wollen wir diesen Lehrjungen Krabat nach<br />
Mühlenordnung und Zunftgebrauch freisprechen!«<br />
Freisprechen? Krabat glaubte nicht recht zu hören. War seine Lehrzeit<br />
denn abgelaufen – jetzt, nach dem ersten <strong>Jahr</strong> schon?<br />
Der Meister erhob sich, er setzte den Dreispitz auf. Dann ergriff er das<br />
Handbeil und trat auf den Jungen zu. Indem er ihn mit der Schneide des<br />
Beiles am Scheitel und an den Schultern berührte, rief er:<br />
»Von Zunft wegen, Krabat! Ich, als dein Lehrherr und Meister, spreche<br />
dich hiermit, in Gegenwart der versammelten Mühlknappen, deines<br />
bisherigen Standes als Lehrjunge los und ledig. Fortan sollst du ein Geselle<br />
unter Gesellen sein und als Knappe gehalten werden nach Mühlenbrauch.«<br />
Damit drückte er Krabat das Beil in die Hand, das im Gürtel zu tragen ein<br />
Vorrecht der freigesprochenen Burschen war; dann entließ er ihn mit den<br />
anderen aus der Stube.<br />
Krabat war überrascht und verwirrt, damit hatte er nicht gerechnet. Als<br />
letzter verließ er den Raum und zog hinter sich die Tür zu. Da wurde ihm<br />
unversehens ein Mehlsack über den Kopf gestülpt, dann packte ihn wer bei<br />
den Schultern und wer an den Beinen.<br />
»Ab mit ihm, in die Mahlstube!«<br />
<strong>Das</strong> war Andrusch, der da gerufen hatte. Krabat versuchte sich<br />
freizustrampeln – vergebens! Lachend und lärmend schleppten die<br />
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