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Das zweite Jahr

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herzurichten, Rollen und Hebebäume und sonstiges Schirrholz.<br />

Am Dienstagabend durchflochten die Müllerburschen die Speichen des<br />

neuen Rades mit einem Laubgebinde, und Staschko steckte zum Schluß<br />

ein paar Blumen hinein. Er war stolz auf sein Werk, das sollten die anderen<br />

ruhig merken.<br />

Den Mittwoch begannen sie damit, daß Juro ihnen zum Frühstück<br />

Speckkuchen auftischte. »Weil ich mir denke: Wenn ihr was Gutes im<br />

Bauch habt, werdet ihr besser zupacken. Also eßt euch schön satt – aber<br />

überfreßt euch nicht!«<br />

Nach dem Frühstück gingen sie auf den Zimmerplatz, wo der Meister<br />

sie schon erwartete. Wie Staschko es ihnen anschaffte, schoben sie nun<br />

die Traghölzer unter dem Rad hindurch, je drei auf der einen Seite der<br />

Nabe und drei auf der anderen.<br />

»Fertig?« rief Staschko.<br />

»Fertig!« riefen der Müller und die Gesellen.<br />

»Auf gutes Gelingen also! Heeebt – an!«<br />

Sie schleppten das Rad auf den Traghölzern an den Mühlgraben, wo<br />

sie es neben dem Balkengerüst auf der Wiese ablegten. »Langsam!« rief<br />

Staschko. »Schön sachte, damit es nicht aus den Fugen geht!«<br />

Michal und Merten erkletterten das Gerüst, sie hängten die<br />

Mühlenwelle mit Hilfe des Flaschenzuges und einiger Seile hinter dem alten<br />

Wasserrad an den Querbalken auf. Nun konnten die Burschen mit ihren<br />

Stangen und Hebebäumen das Mühlrad über das vordere Ende der Welle<br />

herabwuchten, aus dem Gerinne heben und wegtragen.<br />

<strong>Das</strong> neue Wasserrad wurde hochgestellt, ans Gerinne gebracht und<br />

aufrecht hinabgelassen, so weit, bis die Nabe auf gleicher Höhe war wie die<br />

Mühlenwelle. Nun galt es, das Rad mit dem Nabenring auf die Welle zu<br />

schieben. Staschko schwitzte vor Aufregung. Er war ins Gerinne<br />

hinabgestiegen, mit Andrusch zusammen; von dort aus erteilte er seine<br />

Befehle.<br />

»Links etwas nachlassen – und dann langsam kommen... Jetzt rechts<br />

eine Handbreit tiefer... Und aufpassen, daß ihr es nicht verkantet!«<br />

Alles war gut verlaufen bisher – da schlug Andrusch die Hände über<br />

dem Kopf zusammen und stieß einen Fluch aus. »Sieh hin!« rief er<br />

Staschko zu. »Was für Murks ihr gemacht habt!« Er deutete auf das<br />

Nabenloch. »Da kriegst du zur Not einen Besenstiel durch, aber niemals die<br />

Mühlenwelle!«<br />

Staschko erschrak, kriegte rote Ohren. Er hatte doch alles sorgfältig<br />

und genau vermessen – und trotzdem war nun das Loch in der Nabe zu<br />

klein geraten: so klein, daß selbst Juro es hätte merken müssen, allein nach<br />

dem Augenmaß.<br />

»<strong>Das</strong> ... kann ich mir ... nicht erklären ...«, stammelte Staschko.<br />

»Nein?« fragte Andrusch.<br />

»Nein«, sagte Staschko.<br />

»Ich schon!« meinte Andrusch grinsend.<br />

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