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7. Kammermusik Festival Hohenstaufen Evangelische Kirche ...

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eine der spannendsten Frauenfiguren im Roman von Schubert<br />

nicht in seinen Vertonungen bedacht wurde, übergeht er kein<br />

einziges der Lieder Mignons und des Harfners. Vermutlich entsprach<br />

der wehmütig-schmerzliche Grundgestus der beiden<br />

tragischen Zupfinstrument-Figuren (Mignon schlug im Unterschied<br />

zum Harfner, ihrem eigentlichen Vater, die leichtere<br />

Zither) am ehesten seinen eigenen thematischen Perspektiven.<br />

Das zumindest passt ganz gut ins Schubert-Klischee: Fremde<br />

der Welt, erzwungene Wanderschaft, ewige Sehnsucht, unendlicher<br />

Schmerz, Verzweiflung…<br />

»Er verfiel in eine träumende Sehnsucht, und wie einstimmend<br />

mit seinen Empfindungen war das Lied, das eben in<br />

dieser Stunde Mignon und der Harfner als ein unregelmäßiges<br />

Duett mit dem herzlichsten Ausdrucke sangen:<br />

Nur wer die Sehnsucht kennt,<br />

Weiß, was ich leide!<br />

Allein und abgetrennt<br />

Von aller Freude,<br />

Seh ich ans Firmament<br />

Nach jener Seite.<br />

Ach! der mich liebt und kennt,<br />

Ist in der Weite.<br />

Es schwindelt mir, es brennt<br />

Mein Eingeweide.<br />

Nur wer die Sehnsucht kennt,<br />

Weiß, was ich leide!«<br />

(Wilhelm Meisters Lehrjahre, Viertes Buch, Elftes Kapitel)<br />

»Das Schauspiel des Todes«<br />

Berlioz’ Les Nuits d’été<br />

Über drei Jahrzehnte hinweg komponierte Hector Berlioz Lieder<br />

für Gesang und Klavier. Dass diese noch heute einigermaßen<br />

erstaunliche Tatsache sehr bald vollends ins Abseits geriet, verdankt<br />

sie dem Komponisten selbst, der mit dem Erfolg seiner<br />

Orchesterfassung von Les Nuits d’été, ohne es ahnen zu können,<br />

als Schöpfer des ersten Zyklus’ von Orchesterliedern<br />

in die Musikgeschichte einging. Tatsächlich hatte die Instru-<br />

mentierung der sechs Lieder zwischen 1843<br />

und 1856 für (posthumen!) Furor gesorgt, zumal<br />

Berlioz durch die Transposition zweier<br />

Lieder die überarbeitete Fassung von Les<br />

Nuits d’été einer breiteren Auswahl von<br />

Stimmlagen zugänglich machte.<br />

Ausdrücklich bedauerte Berlioz 1861,<br />

dass er Les Nuits d’été noch nie vollständig<br />

habe hören können; tatsächlich sind uns von<br />

keiner der beiden vollständigen Fassungen<br />

des Zyklus’ Aufführungen zu seinen Lebzeiten<br />

bekannt, und von der Klavierfassung<br />

wurde gar nur eines der Lieder (Absence)<br />

damals aufgeführt: am 24. April 1842 von<br />

Madame Mortier am Pariser Conservatoire<br />

sowie von seiner späteren Frau Marie Recio<br />

im Januar/Februar 1843 in Weimar, Leipzig<br />

und Dresden. Eine geplante Darbietung von Nr. 2 und 4 am<br />

8. November 1840 im Pariser Conservatoire mit einem Tenor<br />

namens Wartel und einem Monsieur Collignon am Pianoforte<br />

kam nicht zustande.<br />

Mit der Komposition der sechs Lieder, ursprünglich für<br />

Mezzosopran oder Tenor und Klavier gesetzt, begann<br />

Berlioz 1840 und beendete sie im September 1841 kurz vor<br />

ihrer Veröffentlichung bei Catelin in Paris.<br />

Der Dichter Théophile Gautier, dessen 1838 erschienener<br />

Gedichtsammlung La Comédie de la Mort Berlioz die sechs<br />

vertonten Texte entnahm, sollte uns zumindest durch das<br />

Vorwort zu seinem ersten Roman Mademoiselle de Maupin<br />

geläufig sein, in welchem er die berühmte Theorie über<br />

»L’art pour l’art« (Kunst als Selbstzweck) entwickelte: Es<br />

könne nur schön sein, was nicht nützlich wäre, während<br />

alles Nützliche hässlich sein müsse… Für seinen Zyklus<br />

änderte Berlioz die Titel einzelner Lieder und stellte die Reihenfolge<br />

innerhalb der Sammlung um.<br />

Der Zyklus beginnt mit der im Frühling erwachenden<br />

Liebe im Strophenliedchen der Villanelle, die bei aller<br />

Schlichtheit mit aparter Harmonik und einer reizenden Melodie<br />

aufwartet. Doch bereits mit Le Spectre de la Rose welkt<br />

Eine weitere<br />

Postkarte aus der<br />

Sammlung H.S.<br />

20<br />

kammermusikfestivalhohenstaufen<br />

kammermusikfestivalhohenstaufen<br />

21

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