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Wir sind Wien!

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INTERVIEW<br />

„<strong>Wir</strong> werden nur friedlich<br />

miteinander leben können,<br />

wenn wir mit Respekt<br />

und Rücksicht<br />

aufeinander<br />

zugehen.“<br />

Michael Häupl<br />

Ersten Weltkrieges abgeschlossen.<br />

Aber es gab ein imponierendes<br />

Erlebnis. Im Rabaukenalter<br />

von fünfzehn,<br />

sechzehn Jahren, in dem ich<br />

ebenso unpolitisch war wie<br />

viele andere, besuchten wir<br />

mit unserem Mathematik-<br />

Professor das Konzentrationslager<br />

Mauthausen. Der Professor<br />

war jüdischer Abstammung,<br />

illegaler Kommunist<br />

und ehemaliger Häftling von<br />

Mauthausen. Er hatte überlebt,<br />

aber aufgrund von Folter<br />

erhebliche Augenschäden davongetragen.<br />

Bis heute ist es<br />

für mich emotional ungeheuer<br />

berührend, mit welcher<br />

Nüchternheit er uns die Zustände<br />

im Lager geschildert<br />

hat. Währenddessen hat er<br />

uns seine Schlafbaracke gezeigt<br />

und wir <strong>sind</strong> gemeinsam<br />

die Todesstiege zum Steinbruch<br />

hinuntergegangen. Das<br />

war eine wirkliche Wende für<br />

mein Leben und hat mich<br />

mehr politisiert als jeglicher<br />

Unterricht. Daher war und ist<br />

der 8. Mai, der Tag der Befreiung<br />

des KZ Mauthausen, für<br />

mich immer ein besonderer<br />

Tag, und es gab keine Phase<br />

meines Lebens, in der ich<br />

mich mit dem Gedanken<br />

hätte anfreunden können,<br />

dass der Niedergang Hitler-<br />

Deutschlands ein Trauertag<br />

sei.<br />

Der Antifaschismus wurde<br />

zu einem Pfeiler Ihres politischen<br />

<strong>Wir</strong>kens. Haben sich<br />

die Gegner der Demokratie<br />

in den vergangenen Jahren<br />

verändert und wie sollte man<br />

heute den Anfängen wehren?<br />

Wesentlich ist, für ausgewogene,<br />

sozial gerechte Zustände<br />

zu sorgen. Armut frisst Demokratie.<br />

Dies gilt gerade für<br />

ein Europa, in dem die 2009<br />

ausgelöste <strong>Wir</strong>tschaftskrise<br />

das Thema verschärft hat.<br />

Wenn man sich die Jugendarbeitslosigkeit<br />

in manchen Regionen<br />

und Städten wie etwa<br />

Brüssel oder Berlin ansieht,<br />

dann gibt es Situationen, die<br />

wir uns hier in <strong>Wien</strong> nicht<br />

vorstellen können. In Ländern<br />

ohne öffentliches Engagement<br />

wie etwa Ausbildungsgarantie<br />

und ohne überbetriebliche<br />

Lehrwerkstätten nimmt man<br />

einem erheblichen Teil der<br />

jungen Menschen die Lebensperspektive.<br />

Aus allen Arbeitslosenstatistiken<br />

geht hervor,<br />

dass zwei Drittel der Betroffenen<br />

maximal Pflichtschulabschluss<br />

haben und keine Berufsausbildung.<br />

Das heißt,<br />

man muss auf Bildung setzen.<br />

So wie wir das in <strong>Wien</strong> tun.<br />

Die wirtschaftliche Entwicklung<br />

Österreichs deutet<br />

derzeit auf Stagnation hin.<br />

Können wir uns die Ausbil-<br />

12 smartguide für GANZ WIEN

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