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„DURCH DIE<br />

GENERATIONSÜBERGRIEFENDE<br />

LIEBE ZUR LITERATUR ISTJEDER<br />

ABEND ANDERS“<br />

Sind Poetry Slams damit<br />

quasi literarisches Abbild<br />

aktueller öffentlicher Diskussionen<br />

und Probleme?<br />

Auch, der Dichterwettstreit<br />

kann aber noch viel mehr<br />

sein, wie Julia Engelmanns Video<br />

zeigt, die mit ihren fünf<br />

Minuten eine neue, breite<br />

Diskussion über die Zwänge<br />

unseres Alltags erst in Gang<br />

brachte. „Unser Leben ist ein<br />

Wartezimmer und niemand<br />

ruft uns auf“, sprach sie und<br />

regte damit zum Nachdenken<br />

an. Mit Poetry Slams gibt es<br />

praktischerweise auch gleich<br />

einen möglichen Ausgang aus<br />

diesem Wartezimmer, den jeder<br />

für sich selbst beschreiten<br />

kann – bei offenen Slams darf<br />

sich schließlich jeder beim<br />

Veranstalter als Kandidat aufstellen<br />

lassen. Dabei darf man<br />

ein anderes Zitat von Julia Engelmann<br />

durchaus als Warnung<br />

verstehen: „Mach ich<br />

später, ist die Bassline meines<br />

Alltags.“ Also ranhalten und<br />

anmelden. Nicht erst morgen,<br />

sondern heute.<br />

Diana Köhle veranstaltet in<br />

<strong>Wien</strong> seit 2004 regelmäßig<br />

Poetry Slams und hat es mit<br />

ihrem Tagebuch Slam auch<br />

ins ORF-Hauptabendprogramm<br />

geschafft. <strong>Wir</strong> haben<br />

mit ihr über die Faszination<br />

der etwas anderen Literaturveranstaltungen<br />

gesprochen.<br />

Wie läuft ein Poetry Slam ab?<br />

Das Prozedere ist grundsätzlich<br />

immer das gleiche: Es gibt<br />

mehrere Teilnehmer, die meist<br />

fünf Minuten Zeit haben, um<br />

einen eigenen Text unterzubringen,<br />

und eine Jury, die im<br />

Regelfall das Publikum bildet<br />

und darüber entscheidet, welcher<br />

Teilnehmer eine Runde<br />

weiterkommt und den Slam<br />

gewinnt. Wie das Publikum<br />

abstimmt, ist unterschiedlich<br />

– meist entscheidet die Lautstärke<br />

des Applauses, es gibt<br />

aber auch andere Votingsysteme.<br />

Auf welche Art auch immer<br />

wird schlussendlich ein<br />

Teilnehmer zum Sieger des<br />

Abends gewählt.<br />

Welche Texte werden dabei<br />

vorgetragen?<br />

Das ist immer vom Thema<br />

des Slams abhängig. Ich veranstalte<br />

beispielsweise regelmäßig<br />

einen Tagebuch Slam,<br />

bei dem – wie der Name schon<br />

sagt – aus einem Tagebuch<br />

vorgelesen werden muss. Slams<br />

gibt es aber auch zu ganz anderen<br />

Themen und die Art der<br />

Texte reicht dabei von ernst bis<br />

lustig. Alles ist möglich und<br />

jeder muss für sich selbst entscheiden,<br />

welches Thema er<br />

aufgreift und wie er den Text<br />

dann auch rüberbringt.<br />

Es entscheidet also nicht nur<br />

der Inhalt des Textes?<br />

Klarerweise stehen der Text<br />

und dessen Inhalt im Mittelpunkt,<br />

aber auch die Performance<br />

entscheidet. Wichtig ist<br />

es aber in jedem Fall, authentisch<br />

zu bleiben und seine ei-<br />

gene, verschrobene Art zu zeigen.<br />

Kopieren funktioniert<br />

nicht, wichtig ist der eigene Stil.<br />

Ergibt sich aus der Authentizität<br />

der Teilnehmer und deren<br />

unterschiedlichen<br />

Stilen auch die Faszination<br />

von Poetry Slams?<br />

Definitiv. Durch die unterschiedlichen<br />

Texte und Performances<br />

und die generationsübergreifende<br />

Liebe zur<br />

Literatur ist jeder Abend anders,<br />

und das ist es auch, was<br />

mich so süchtig nach Poetry<br />

Slams macht. Man kann nie<br />

im Vorhinein sagen, was passieren<br />

wird, und trotzdem ist<br />

klar, dass es in jedem Fall unterhaltsam<br />

sein wird.<br />

Sie haben zuvor vom Tagebuch<br />

Slam gesprochen, der<br />

es sogar ins Fernseh-Hauptabendprogramm<br />

geschafft<br />

hat.<br />

Genau, wobei ich damit nicht<br />

gerechnet habe. Offensichtlich<br />

<strong>sind</strong> wir aber so voyeuristisch<br />

veranlagt, dass wir<br />

gerne die ganz persönlichen<br />

und intimen Probleme, Gefühle<br />

und Träume anderer<br />

Personen hören. Für mich<br />

zeigt das aber auch, dass Poetry<br />

Slams mittlerweile der<br />

Schritt aus der Nische in die<br />

breite Öffentlichkeit gelungen<br />

ist. Lange Zeit gab es in<br />

<strong>Wien</strong> nur einen Slam, mittlerweile<br />

gibt es jeden Monat<br />

zehn Slams und auch in den<br />

anderen Bundesländern hat<br />

sich eine unglaublich lebendige<br />

Szene entwickelt.<br />

INTERVIEW<br />

INTERVIEW MIT DIANA KÖHLE<br />

Poetry Slams<br />

in Österreich –<br />

eine Auswahl<br />

Tagebuch Slam<br />

Nach der Sommerpause ab<br />

27. September (20.00 Uhr)<br />

wieder jeden Monat im TAG<br />

– Theater an der Gumpendorfer<br />

Straße in <strong>Wien</strong>,<br />

www.liebestagebuch.at<br />

Slam B<br />

Nach der Sommerpause<br />

ab 16. Oktober (20.00 Uhr)<br />

wieder jeden Monat im<br />

Literaturhaus <strong>Wien</strong>,<br />

www.slamb.at<br />

PostSkriptum Poetry<br />

Slam Linz<br />

Einmal monatlich in der<br />

SolarisBar in Linz, Termine<br />

unter www.postskriptum.at<br />

Kultum Slam<br />

Am 16. Oktober (20.00 Uhr)<br />

im Kleinen Minoritensaal in<br />

Graz, www.kultum.at<br />

Bäckerei Poetry Slam<br />

Jeden letzten Freitag im<br />

Monat (20.30 Uhr) in<br />

der Kulturbackstube<br />

Die Bäckerei in Innsbruck,<br />

www.baeckereipoetryslam.<br />

wordpress.com<br />

Poetry Slams in der<br />

ARGEkultur<br />

Regelmäßige<br />

Slam-Veranstaltungen in<br />

der ARGEkultur in Salzburg,<br />

Termine unter<br />

www.argekultur.at/projekte/<br />

poetryslam<br />

smartguide für GANZ WIEN<br />

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