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WIEN IM BILD n Raststationen für jedermann: In Wien stehen 19.167 Parkbänke. Sie sind Zwischenstation oder Zufluchtsort im regen Alltagstreiben. Hier setzt die Stadt Wien buchstäblich Maßstäbe für die Qualität des öffentlichen Raums. Allen Menschen (und Tieren) soll das Benützen des öffentlichen Raumes ermöglicht werden. Ausreichend breite und barrierefreie Gehwege, sichere Querungen und natürlich bequeme Sitzbänke fürs Rasten und Verweilen bereichern das Stadtleben. n Heimat bist du großer Döner: Neben der Schnitzelsemmel und der Leberkäsesemmel das absolute Lieblingsweckerl in Wien. Fast 200 Döner-Kebap- Läden gibt es in Wien, dazu 25 Bäckereien, die die Stände mit saftig-luftigem Fladenbrot beliefern. n Abwechslungsreich: Wo sind Sie der kulturellen Vielfalt zuletzt bewusst begegnet? Im türkischen Supermarkt ums Eck, beim Arzt, der ein Inder ist, im Gespräch mit der slowakischen Frisörin oder einfach beim Mithören eines Gesprächs junger MigrantInnen in der Straßenbahn? In Wien begegnet man der Vielfalt einfach im Alltäglichen. 8 smartguide für GANZ WIEN
Straßenjunge im Interview Woran arbeitest du gerade? Aufträge bekomme ich eigentlich spontan rein. Für regelmäßige Aufträge bräuchte man eine Agentur, die das übernimmt – aber auch hier kann man sich nicht darauf verlassen. Deswegen muss man sich um seine Kunden schon selber kümmern (lacht). Zu meinen Projekten: Im Sommer möchte ich ein lange geplantes Porträtprojekt starten, bei dem ich durch experimentelle Techniken, bei der Ausarbeitung in der Dunkelkammer, beim Spiel mit der Chemie, Farben und Belichtung, Effekte erzeugen möchte und so die Personen ein Stück weit entfremde. Hier geht es mir darum, zum Ursprung zurückzukehren. Also was kann man alles mit einem Bild & analoger Technik anstellen, sodass im Endeffekt etwas Neues entsteht. Trotzdem bleibt der Mensch im Hintergrund als Bild wichtig. Anders als beim Arbeiten auf Film hat man bei der digitalen Arbeit fast schon zu viel Kontrolle über das Bild. Das lenkt mich vom Wesentlichen ab. Siehst du dich als Künstler oder Fotograf? Worin liegt für dich der Unterschied und nach welchen Kriterien nimmst du Aufträge an? Mir ist es wichtig zu wissen, was man mit mir als Künstler oder Person verbindet. Im Endeffekt geht es um eine Art Marke, um ein Image, um Stil, den man natürlich prägen kann, indem man auch nur gewisse Dinge zeigt. Deshalb habe ich nur wenige ausgewählte Auftragsarbei- Severin Koller ten auf meiner Website abgebildet. Bei Wittmann oder Interlübke hatte ich zum Beispiel total freie Hand und habe so fotografiert, wie wenn ich für mich selbst fotografiert hätte. Nach meinem Geschmack und natürlich analog. Das sind für mich die idealen Aufträge. So hat der Kunde etwas von der professionellen Qualität, die ihren eigenen Stil hat, und ich zeige es einfach gerne her. Wenn es darum ginge, für eine karibische Insel Werbung zu machen, würde dieser Kunde natürlich nur die Bilder mit der schönen Landschaft aussuchen – die kritischen würden wegfallen. Da wird es gefährlich. Da muss man zwischen Auftrag und persönlichem Ansatz unterscheiden. Wieso verwendest du überwiegend Schwarz–Weiß-Bilder? Die Welt is doch bunt, oder? Mit der Schwarz-Weiß-Fotografie habe ich vor zehn Jahren angefangen. Da hatte ich gerade einmal meine Matura und vielleicht ab und zu einen Fotojob. Damals habe ich mit Freunden begonnen, Schwarz-Weiß-Filme zu entwickeln. Zuerst fand ich die einfachere Handhabung der Schwarz-Weiß-Filme gut, um mich auf das Wesentliche – das Fotografieren – zu konzentrieren und weiter zu entwickeln. Aber auch durch meine Ikonen, die allesamt schwarz-weiß fotografiert haben, habe ich mich bewusst für dieses Stilmittel entschieden. Später habe ich dann gemerkt, dass dieser Stil sehr zeitlos ist. Man kann also nicht genau deuten, in welcher Zeit das Bild fotografiert wurde. Durch das Monochrome wirken die Arbeiten sehr einheitlich und miteinander verbunden. Wenn ich in Farbe und digital fotografiert hätte, hätte ich auf Grund der Weiterentwicklungen der Kameras und Objektive der letzten zahn Jahre immer wieder unterschiedliche Stile entwickelt. Ich bin froh, bei diesem Stil geblieben zu sein, obwohl sich Schwarz-Weiß-Fotografie oft schwerer verkaufen lässt. Vielleicht in vierzig Jahren dann (lacht). Deine bevorzugte Kamera? Für Street-Fotografie Leica M6 und Konica Hexar AF. Was macht ein gutes Bild aus? Ein gutes Bild lebt hauptsächlich von Moment, Komposition und Licht. Die objektivabhängige Fotografie, wo es dann überwiegend um Bildschärfe als Kriterium geht, finde ich persönlich nicht so spannend. Mir geht es darum, eine Geschichte zu erzählen, und die wird hauptsächlich durch einen Moment, ein Gefühl oder eine Stimmung, die festgehalten wird, am besten erzählt. Wie ist dein erstes großes Projekt „Vienna“ entstanden? Wie würdest du dein Wien beschreiben? Oft sind es die banalen Dinge wie zum Beispiel: Ein Geschäft an der Westbahnstraße ist plötzlich weg. Es war aber da – dreißig Jahre lang und niemand hat es fotografiert – oder eben doch. Hier entstehen durch die Street-Fotografie auch Zeitdokumente einer Stadt, die wichtig sind, um die Stadt zu verstehen und den Charakter zu begreifen. Für mich trägt die Street-Fotografie auch etwas Romantisches, Nostalgisches mit sich. Sie hat die Aufgabe, einer Stadt, einem Ort ein Porträt zu geben. Genau das ist das Ziel von „Vienna“. So kann auch das Bild einer Stadt geprägt werden. Wenn weitere zehn Fotografen ihr „Vienna“ veröffentlichen würden, wären wieder andere Blickwinkel und Situationen zu sehen. Städte, die viel fotografiert werden, bekommen ein anderes, vielfältigeres Image – eigentlich auch ein bisschen im Sinne von Werbung, aber eben nicht Mainstream. Was mir dabei auch wichtig ist – ich zensiere nicht. Weder beim Fotografieren selbst noch bei der Fotoauswahl. Deswegen finde ich es auch in Ordnung, Obdachlose oder Menschen mit Handicap zu zeigen. Ich diskriminiere nicht. Diskriminierend wäre es, diese Menschen nicht zu zeigen. Mein Fotoband ist also definitv meine ganz persönliche Hommage an die Stadt Wien in all ihren Facetten. smartguide für GANZ WIEN 9
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