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INTERVIEW<br />
INTEGRATION<br />
DURCH LEISTUNG<br />
INTERVIEW: THOMAS TRIMMEL<br />
Robin Lumsden ist zugelassener <strong>Wir</strong>tschaftsanwalt in New York und<br />
Österreich. Als Integrationsbotschafter setzt er sich für eine neue<br />
Willkommenskultur ein.<br />
Herr Lumsden,<br />
Sie waren<br />
professioneller<br />
Tennisspieler,<br />
haben<br />
über fünfzehn Jahre in der<br />
AFBÖ (Österreichische Football<br />
Leage) gespielt, eine Ausbildung<br />
beim Jagdkommando<br />
des österreichischen Bundesheeres<br />
absolviert und<br />
<strong>sind</strong> zugelassener Anwalt in<br />
Österreich und New York.<br />
Welche Bedeutung hat für Sie<br />
Leistung im Zusammenhang<br />
mit Integration und Gesellschaft?<br />
Ich habe relativ früh gelernt,<br />
dass es mit einem anderen<br />
Phänotyp, einer anderen<br />
Hautfarbe schon manchmal<br />
schwerer oder komplizierter<br />
ist, seine Ziele zu verwirklichen.<br />
Ich habe mir dann immer<br />
gesagt: „Ich muss zeigen,<br />
was in mir steckt.“ Das habe<br />
ich dann versucht, über meine<br />
Leistungen zu beweisen. Ich<br />
wollte bessere Leistungen erbringen<br />
und so andere von<br />
mir überzeugen.<br />
Sie überspringen also die<br />
Hürden, die Ihnen in den<br />
Weg gestellt werden?<br />
Genau, so in etwa kann man<br />
das sagen.<br />
Wie sehen Sie in diesem<br />
Zusammenhang das Thema<br />
Chancengleichheit?<br />
Vorweg möchte ich sagen,<br />
dass ich immer wieder aufgrund<br />
meiner Ausbildung als<br />
privilegiert erachtet wurde –<br />
das stimmt so nicht ganz. Natürlich<br />
waren meine Eltern als<br />
Vorbilder und Leistungsträger<br />
prägend. Leute, die diese Role<br />
Models nicht haben, haben es<br />
selbstverständlich schwerer. In<br />
Österreich wird bis heute Bildung<br />
und Wohlstand zu<br />
einem großen Teilvererbt.<br />
Bildung ist also stark vom<br />
Elternhaus abhängig. Aber ich<br />
bin schon der Meinung, dass<br />
man mit Leistung und Willen<br />
etwas erreichen kann. Für<br />
mein Studium in Berkeley habe<br />
ich 70.000 Euro Kredit aufgenommen.<br />
Ich habe das Risiko<br />
gewagt und es als Investition<br />
in meine Zukunft gesehen.<br />
Wie gehen Sie und Ihre<br />
Kanzlei mit dem Thema um?<br />
Würden Sie jemandem die<br />
Chance einräumen, sich zu<br />
beweisen?<br />
Ein klares Ja. <strong>Wir</strong> versuchen<br />
unsere Kanzlei sehr offen zu<br />
führen, sodass sich jeder Mitarbeiter,<br />
jede Mitarbeiterin<br />
frei entfalten und entwickeln<br />
kann. <strong>Wir</strong> stellen also nicht<br />
bloß Eliteabsolventen ein, wie<br />
das Anwaltskanzleien in manchen<br />
TV-Serien gerne tun.<br />
Natürlich muss jeder sein Asset<br />
mitbringen. Also irgendeinen<br />
Mehrwert muss er oder<br />
sie der Kanzlei bringen. <strong>Wir</strong>tschaftliches<br />
Verständnis, hohe<br />
Merkfähigkeit, Organisationstalent<br />
oder Ähnliches. <strong>Wir</strong> haben<br />
sogar einen Mitarbeiter<br />
ohne Juskenntnisse, der ist einer<br />
der effizientesten, was Organisation<br />
und Zuarbeit anbelangt,<br />
und ist enorm wichtig<br />
für die Kanzlei.<br />
Zurück zum Sport. Sie <strong>sind</strong><br />
auch im Präsidium des<br />
Österreichischen Tennisverbandes<br />
tätig. Welchen Stellenwert<br />
haben Sport und Vereinskultur<br />
in Österreich für<br />
das Thema Integration?<br />
Der Sport hilft ungemein bei<br />
der Integration. Denn im<br />
Sport ist es nicht wichtig, woher<br />
du kommst, sondern wasdu<br />
leistest. Auch <strong>sind</strong> vielerlei<br />
Fähigkeiten gefragt. Beim<br />
Football benötigen manche<br />
Spieler Ausdauer, manche<br />
Kraft, manche Geschwindigkeit.<br />
Alle bekommen eine<br />
Chance, wenn Sie sich einbringen<br />
und für das Team einsetzen.<br />
Gerade der Teamsport<br />
ist enorm wichtig für den integrativen<br />
Prozess, weil hier<br />
gruppendynamische Entwicklungen<br />
stattfinden, die zusammenschweißen<br />
und aus vielen<br />
Einzelpersonen ein Ganzes<br />
entstehen lassen.<br />
Wie in der Gesellschaft.<br />
Ja, zwischen Sport und Gesellschaft<br />
gibt es viele Parallelen.<br />
Wie sieht es hier mit dem Bereich<br />
der Fachkräfte-Akquise<br />
aus? Gibt es hier eventuell<br />
Dinge, die die <strong>Wir</strong>tschaft<br />
vom Sport lernen könnte.<br />
Das finde ich einen schönen<br />
Gedanken und es ist tatsächlich<br />
so. Beim Sport geht es um<br />
Leistung. Alles andere ist sekundär<br />
und wird dem untergeordnet.<br />
Der Verein signalisiert:<br />
„<strong>Wir</strong> wollen dich. Komm<br />
zu uns und wir schauen, dass<br />
es dir bei uns gut geht.“ Diese<br />
Willkommensmentalität vermisse<br />
ich noch ein bisschen in<br />
Österreich. Es ist an der Zeit<br />
zu sagen: „Ja, wir wollen qualifizierte<br />
Arbeitskräfte und sie<br />
<strong>sind</strong> herzlich willkommen.“<br />
Es hat sich schon sehr viel getan<br />
und das Punktesystem der<br />
Rot-Weiß-Rot-Karte finde ich<br />
grundsätzlich sehr gelungen.<br />
Einige Dinge könnten jedoch<br />
noch Verbessert werden.<br />
Zum Beispiel?<br />
Die Punktvergabe ist meiner<br />
Meinung nach noch nicht<br />
ganz optimal gelöst. Beispielsweise<br />
bekommt ein Bauarbeiter<br />
für grundlegende Sprachkenntnisse<br />
gleich viele Punkte<br />
Foto: beigestellt<br />
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