11.06.2015 Aufrufe

Wir sind Wien!

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

FRAUEN<br />

Mi-Ja Chon<br />

Wie <strong>sind</strong> Sie aufgewachsen?<br />

Ich bin als neuntes Kind in<br />

einer kleinen Hafenstadt in<br />

Südkorea geboren. <strong>Wir</strong> waren<br />

arm und meine Mutter<br />

hat zu Hause ein kleines<br />

Lokal aufgemacht. Das rieche<br />

ich bis heute, diese frische<br />

Zwiebel in der Suppe.<br />

Meine Mutter war eine starke<br />

Frau, sie hat uns alleine<br />

großgezogen. Ich denke,<br />

von ihr habe ich meine<br />

Kraft und mein Durchhaltevermögen.<br />

Wie kamen Sie nach<br />

<strong>Wien</strong>?<br />

Die Liebe. Ich habe dann<br />

in Korea nach meiner<br />

Buchhaltungsausbildung<br />

eine Krankenschwesternschule<br />

gemacht und drei<br />

Jahre bis zu meiner<br />

Schwangerschaft als<br />

Krankenschwester gearbeitet.<br />

Danach habe ich<br />

mit meinem damaligen<br />

Mann unser erstes Restaurant<br />

aufgemacht. Das<br />

Akakiko habe ich 1994<br />

mit zwei anderen Partnern<br />

eröffnet.<br />

War es für Sie als Ausländerin<br />

schwierig, in Österreich<br />

Fuß zu fassen?<br />

Erstens hatte ich einen<br />

Mann hier und zweitens<br />

dachte ich, dass ich nach<br />

ein paar Jahren zurückgehen<br />

würde. Das hat es<br />

leichter gemacht. Vor 35<br />

Jahren gab es noch wenige<br />

Asiatinnen in <strong>Wien</strong>, ich<br />

bin natürlich schon komisch<br />

angeschaut worden,<br />

aber ich habe so getan,<br />

als wäre nichts. Ich<br />

habe das total übergangen.<br />

Das Wichtigste ist,<br />

die Sprache zu lernen, um<br />

zu kommunizieren und<br />

Missverständnisse zu vermeiden.<br />

Wie ist es für Sie als Frau,<br />

ein Unternehmen zu leiten?<br />

Ich fühle mich sehr wohl als<br />

Frau, ich arbeite gut mit<br />

Männern zusammen, da<br />

kann ich härter verhandeln.<br />

(lacht)<br />

Wie wäre ihr Leben als<br />

Bub verlaufen?<br />

Ich hätte auch als Bub etwas<br />

Schönes gemacht.<br />

Vielleicht hätte ich es ein<br />

bisschen schwerer gehabt.<br />

Als junge Frau hatte ich<br />

bessere Chancen bei den<br />

Banken, ich war vertrauenserweckender<br />

als ein<br />

Mann, glaube ich.<br />

Was, glauben Sie, hat<br />

besonders zu Ihrem Erfolg<br />

beigetragen?<br />

Ganz wichtig <strong>sind</strong> die Mitarbeiter.<br />

Mein Personal<br />

kommt aus 15 verschiedenen<br />

Ländern, hauptsächlich<br />

aus Asien. Viele von<br />

ihnen hatten es nicht<br />

leicht. <strong>Wir</strong> haben ein gutes<br />

Verhältnis, ich weiß, wie es<br />

ist, wenig zu haben. Ich<br />

glaube nicht, dass sie besser<br />

bezahlt werden als bei<br />

der Konkurrenz, und dennoch<br />

haben wir sehr wenig<br />

Fluktuation. Sie schätzen<br />

das Arbeitsklima, das spürt<br />

auch der Kunde. Eine andere<br />

Sache ist mir auch<br />

wichtig, und zwar Dinge<br />

nicht zu erzwingen. Die<br />

Franchise-Idee kam nicht<br />

von mir, sondern von Kollegen<br />

aus Zypern und<br />

Griechenland. Mittlerweile<br />

beliefern wir auch eine<br />

große Lebensmittelkette,<br />

das war genauso wenig<br />

meine Initiative. Ich lasse<br />

die Dinge fließen wie das<br />

Wasser, nichts mit Gewalt,<br />

das ist mein Motto.<br />

Mi-Ja Chon<br />

Geboren 1957 in Chun-buk/Korea<br />

Die seit 1979 in Österreich lebende und mit<br />

einem Österreicher verheiratete „Migrantin<br />

der ersten Generation“ wurde für ihre wirtschaftlichen<br />

und sozialen Verdienste mit dem<br />

Silbernen Ehrenzeichen der Republik ausgezeichnet.<br />

Die Mutter von vier Kindern gründete 1984<br />

das koreanische Restaurant „Seoul“ im 7.<br />

<strong>Wien</strong>er Bezirk, zehn Jahre später die Unternehmensgruppe<br />

Akakiko mit heute mehr als<br />

170 Beschäftigten und einem durchschnittlichen<br />

Jahresumsatz von etwa 14 Millionen<br />

Euro. Setzt sich mit ihrem Betrieb besonders<br />

für die Integration von Migranten und Migrantinnen<br />

ein. Darüber hinaus ist Akakiko<br />

eines der wenigen österreichischen Gastro -<br />

nomieunternehmen als Franchisegeber im<br />

Ausland.<br />

Vorstandsmitglied der Österreichisch-Koreanischen<br />

Gesellschaft in <strong>Wien</strong>.<br />

16 smartguide für GANZ WIEN

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!