10,- Beim Eingang erhält jeder Gast 1 LOS ... - Burgenland Mitte
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Sport-Gesundheit Sport-Gesundheit<br />
Forderung nach Möglichkeit zur Abtreibung im <strong>Burgenland</strong><br />
Die Themen Schwangerschaftsabbruch und Sexualität sind unter Jugendlichen aktuell wie eh und je. Das <strong>Burgenland</strong> ist das einzige<br />
Bundesland, in dem ein Schwangerschaftsabbruch bei einer medizinisch normal verlaufenden Schwangerschaft offiziell nicht<br />
durchgeführt wird. In anderen Bundesländern wird Frauen psychische Beratung aufgezwungen. Anders als in vielen westeuropäischen<br />
Ländern, gibt es in Österreich auch keine Kostenübernahme von Verhütungsmitteln und Schwangerschaftsabbrüchen. Die Forderung<br />
nach mehr Sexualitätsdiskursen in den Schulen steht im Raum.<br />
Mit dem Argument, dass es<br />
nicht notwendig ist, im <strong>Burgenland</strong><br />
die Möglichkeit einer<br />
gewollten Abtreibung zur Verfügung<br />
zu stellen, weil die Patientinnen<br />
auf Anonymität großen<br />
Wert legen, handelte sich SP-<br />
Soziallandesrat Dr. Peter Rezar<br />
den Unmut der Sozialistischen<br />
Jugend und einiger Experten<br />
ein. Dr. Christian Fiala, Leiter des<br />
Gynmed Ambulatoriums Wien,<br />
erkennt darin eine „absurde Argumentation“.<br />
Er sieht das als<br />
„Scheinargument, denn dann<br />
müsste man Gynäkologen auch<br />
ausverlagern, weil da möchte<br />
man manches auch anonym<br />
halten.“ Weiters weist Fiala auf<br />
Salzburgs SP-Landeshauptfrau<br />
Gabi Burgstaller hin, die im<br />
April 2005 gegen den Widerstand<br />
des Regierungspartners<br />
ÖVP den gewollten Schwangerschaftsabbruch<br />
in Salzburg<br />
möglich gemacht hat. SP-<br />
Bundesfrauengeschäftsführerin<br />
Mag. Andrea Mautz möchte sich<br />
ebenfalls dafür einsetzen, dass<br />
Frauen selbstständig entscheiden<br />
können, ob sie die Schwangerschaft<br />
abbrechen wollen<br />
oder nicht und das möglichst<br />
nahe beim Wohnort. „Dieses<br />
Recht sollte selbstverständlich<br />
sein“, betont Mautz.<br />
Krankenhaus Oberpullendorf<br />
unter Beschuss<br />
Bei einer Podiumsdiskussion<br />
zum Thema wurden auch Stimmen<br />
laut, die dem Krankenhaus<br />
Oberpullendorf vorwerfen, dass<br />
nicht das Wohl der Frau im Fokus<br />
steht, sondern vielmehr<br />
die Frau auf ihre Fähigkeit zu<br />
Gebären reduziert wird. „Die<br />
Geburtenstation des Krankenhauses<br />
Oberpullendorf hat einen<br />
guten Ruf und vermittelt<br />
den Eindruck, dass die Frau im<br />
<strong>Mitte</strong>lpunkt steht. Dann muss<br />
aber auch ein Abbruch möglich<br />
sein, sonst waren die letzten<br />
Jahre eine Lüge!“, so eine<br />
aufgebrachte Teilnehmerin aus<br />
dem Publikum. Leonie Tanczer,<br />
stv. Verbandsvorsitzende der<br />
SJ, argumentiert deshalb: „Es<br />
ist meine Entscheidung ob ich<br />
ein Kind will oder nicht. Genau-<br />
Podiumsdiskussion am 3. Februar 2012 in Oberpullendorf, v.l.: Elisabeth Parzer,<br />
Dr. Christian Fiala, Leonie Tanczer, Mag. Andrea Mautz und Doris Horvath<br />
Zahlreiche Diskussionsteilnehmer hörten sich gespannt die Ausführungen der Experten an<br />
so wie eine ärztliche Betreuung<br />
während der Schwangerschaft<br />
gegeben ist, muss dies auch<br />
im Falle einer ungewollten<br />
Schwangerschaft Teil der medizinischen<br />
Grundversorgung<br />
sein – und das auch im <strong>Burgenland</strong>.“<br />
Ärztliche Vertreter aus<br />
dem <strong>Burgenland</strong> wollten sich<br />
an der Diskussion nicht beteiligen.<br />
Laut Tanczer ließ man vom<br />
Spital Oberpullendorf verlautbaren,<br />
dass Schwangerschaftsabbruch<br />
und Sanfte Geburt nicht<br />
zusammenpassen, dies wäre<br />
eine „Themenüberschneidung“.<br />
Die im Publikum anwesende<br />
Bürgermeisterin und LAbg.<br />
Klaudia Friedl meldet sich zu<br />
Wort: „Ich möchte mich auch für<br />
Frauen einsetzen, aber wegen<br />
der Anonymität habe ich auch<br />
Bedenken. Ich weiß aus eigener<br />
Erfahrung von Bekannten, dass<br />
sie Angst haben, wenn sie gesehen<br />
und von den Menschen abgestempelt<br />
werden. Zumindest<br />
war das früher so – ich weiß<br />
nicht, haben sich die Frauen<br />
in dieser Hinsicht geändert?“<br />
Dagegen hält Fiala, dass ja niemand<br />
weiß, warum eine Frau<br />
das Spital und die Gynambulanz<br />
aufsucht. Friedl und andere<br />
Diskussionsteilnehmer sehen jedoch<br />
auch das „Tratschen“ von<br />
Krankenhausmitarbeitern als<br />
Problem – im ländlichen Gebiet,<br />
wo sich alle mehr oder weniger<br />
kennen, würde sich so etwas<br />
schnell herumsprechen.<br />
Abtreibung ist alltägliches<br />
Thema<br />
Im <strong>Burgenland</strong> gibt es sieben<br />
Frauenberatungsstellen, bei<br />
denen das Thema Schwangerschaftsabbruch<br />
alltäglich und<br />
stets aktuell ist. „Das Problem,<br />
dass es im <strong>Burgenland</strong> keine<br />
Möglichkeit zum Abbruch gibt,<br />
zieht sich schon jahrzehntelang<br />
hin“, so Doris Horvath von den<br />
Frauenberatungszentren Bur-<br />
genland. Die Beratungsstellen<br />
geben Auskunft über Kosten,<br />
Vorgang, Ambulatorien und<br />
unterstützen die Frauen so gut<br />
sie können. Horvath sieht das<br />
Problem der Vorurteile und<br />
Abstempelung darin, dass das<br />
Thema noch immer tabuisiert<br />
wird. „Wenn es im <strong>Burgenland</strong><br />
die Möglichkeit zum Schwangerschaftsabbruch<br />
gäbe, würde<br />
es auch kein Stigma mehr<br />
sein und der Umgang mit diesem<br />
Thema wäre normal“, erklärt<br />
Horvath, „denn fast <strong>jeder</strong><br />
kennt jemanden, der bereits einen<br />
Schwangerschaftsabbruch<br />
mitgemacht hat – es ist also<br />
kein Tabu!“ Sie fordert etwas<br />
ähnliches wie ein Ambulatorium<br />
(mindestens zwei für das<br />
ganze <strong>Burgenland</strong>), zum Beispiel<br />
im Rahmen der Frauengesundheitszentren,<br />
in denen<br />
eine Abtreibung durchgeführt<br />
werden kann. Zu den Kosten<br />
äußert sich Dr. Christian Fiala<br />
so: „In allen westeuropäischen<br />
Ländern werden die Kosten für<br />
einen Abbruch von der Krankenkasse<br />
übernommen.“ Dazu<br />
meldet sich eine Mitarbeiterin<br />
der Frauenberatungsstellen aus<br />
dem Publikum zu Wort: „Die<br />
burgenländische Landesregierung<br />
zeigt auf unsere Nachfrage<br />
hin keinerlei Interesse, sofern<br />
es einmal im <strong>Burgenland</strong> möglich<br />
ist, die Kosten für einen<br />
Schwangerschaftsabbruch zu<br />
übernehmen.“<br />
Bei guten Kontakten:<br />
Abtreibung möglich<br />
Dr. Christian Fiala wundert<br />
sich über die ideologischen<br />
Gründe, warum medizinische<br />
Hilfe im <strong>Burgenland</strong> verweigert<br />
wird und erklärt den Vorgang<br />
der „Abtreibung“ so: „Eine<br />
Saugcurettage dauert zwei Minuten<br />
und wird häufig gemacht<br />
– auch in Spitälern im <strong>Burgenland</strong>,<br />
wenn zum Beispiel in einer<br />
frühen Schwangerschaftswoche<br />
die Herztöne des Babys nicht<br />
mehr aufscheinen. Aber wenn<br />
eine Schwangerschaft normal<br />
verläuft, wird die Curettage verweigert.“<br />
Er berichtet auch von<br />
den skandalösen Umständen,<br />
dass besser situierte Frauen<br />
angeblich auch im <strong>Burgenland</strong><br />
einen gewollten Schwangerschaftsabbruch<br />
bekommen<br />
würden, indem sie finanzielle<br />
<strong>Mitte</strong>l und Kontakte einsetzen,<br />
die den zuständigen Arzt dazu<br />
bringen würden, den Abbruch<br />
als Curettage aus medizinischen<br />
Gründen durchzuführen.<br />
Aufgezwungene<br />
Unterstützung<br />
Fiala sieht es als „Sauerei“,<br />
dass den Frauen, die eine<br />
Abtreibung durchführen lassen,<br />
eine Pflichtberatung aufgezwungen<br />
wird. Er fordert,<br />
dass diese Beratung freiwillig<br />
sein soll. „Wenn eine Frau, die<br />
schon das dritte Kind bekommt<br />
sagt, sie braucht psychische<br />
Unterstützung, fragt sich <strong>jeder</strong><br />
warum – aber einer Frau, die<br />
kein Kind will, zwingt man psychische<br />
Hilfe auf“, erklärt Fiala<br />
weiter. Er betont auch, dass ein<br />
Schwangerschaftsabbruch nicht<br />
nur ein Frauenproblem ist. Über<br />
die Hälfte der Frauen kämen<br />
mit einem Mann in die Spitäler.<br />
Weiters habe die Mehrheit der<br />
Frauen bereits Kinder.<br />
Sinnvoller Sexualität-<br />
Unterricht in der Schule<br />
Elisabeth Parzer vom Museum<br />
für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch<br />
fordert mehr<br />
Thematisierung von Sexualität<br />
in der Schule: „Sexualkunde<br />
alleine ist zu wenig und der<br />
falsche Ansatz. Das sind oft<br />
nur trockene Fakten und eine<br />
vortragende Darstellung. Das<br />
Thema sollte im Diskurs mit den<br />
Schülern aufgearbeitet und re-<br />
flektiert werden, zum Beispiel<br />
durch Projekte und offene Diskussionen.<br />
Mehr Aufklärung<br />
muss her!“. Christian Fiala sieht<br />
das Problem auch nicht nur in<br />
der Politik: „Es ist ein Skandal,<br />
dass Frauen in einem demokratischen<br />
Land als Freiwild<br />
gelten und Abtreibungskliniken<br />
von Aktivisten belagert werden,<br />
die Patientinnen durch Beleidigungen<br />
und physische Angriffe<br />
verletzen.“ Zusammenfassend<br />
schließt er: „Einer der zentralen<br />
Lebensbereiche für jeden<br />
Menschen ist, eine entspannte<br />
und befriedigende Sexualität<br />
zu leben. Das Problem ist, dass<br />
die politischen Machthaber versuchen,<br />
über die Sexualität der<br />
Menschen zu bestimmen. Es ist<br />
einfach noch immer in den Köpfen<br />
der Menschen festgesetzt,<br />
dass Frauen zum Kinderkriegen<br />
da sind.“<br />
Nicole Fennes<br />
30 | 03/12 BM<br />
03/12 BM | 31<br />
Foto: www.istockphoto.com/ AnitaPatterson<br />
Foto: www.istockphoto.com/JamesBrey