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Der Architekt Ferdinand Keilmann im Systemwandel des 20. Jahrh

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DER FALL THÜRINGEN 19<br />

werkkünstlerischen Disziplinen in einer Einrichtung zusammengeführt werden.<br />

37 Dieses Konzept war eine radikale Folge der zerstörerischen Wirkung<br />

<strong>des</strong> Ersten Weltkriegs, mit dem eine Rückorientierung auf eine Werkgemeinschaft,<br />

vergleichbar den Bauhütten aus der Zeit <strong>des</strong> gotischen Kathedralenbaus<br />

<strong>im</strong> Mittelalter erfolgen sollte 38 . Die Schüler wurden dazu ermuntert,<br />

alles, was sie bisher über Kunst gelernt hatten, zu vergessen und<br />

„sich ganz auf spontane Eingebungen zu verlassen, die sich <strong>im</strong> Zuge der<br />

Weiterentwicklung ihres Gespürs für Material, Farbe und Raum einstellten.“<br />

39 Gleichzeitig löste Gropius die Bindung mit bestehenden Bildungssystemen,<br />

indem er bei neuen Schülern, die als „Lehrlinge“ bezeichnet wurden,<br />

auf die Vorlage von Zeugnissen einer Baugewerkschule oder ein Vordiplomzeugnis<br />

einer Technischen Hochschule verzichtete. 40<br />

In We<strong>im</strong>ar geriet diese neue Konzeption schnell in das Fadenkreuz der Kritik.<br />

Bollenbeck spricht hier von einem<br />

„Netzwerk konservativer, völkischer und nationalsozialistischer<br />

Gruppierungen, das Verlage, Redaktionen oder auch Institutionen<br />

(Goethe- und Schiller-Archiv, Goethe-Nationalmuseum, Nietzsche-<br />

Archiv, Deutsches Nationaltheater) umfaßt.“ 41<br />

Zunächst entzündete sich der Streit mit dem Bauhaus um die Übernahme<br />

der alten Kunstgewerbeschule, wobei deren konservativer Lehrkörper, einige<br />

ehemalige Schüler, sowie We<strong>im</strong>arer Maler und Publizisten die neuen<br />

künstlerischen Bestrebungen massiv ablehnten. 42 Bereits <strong>im</strong> Januar 1920<br />

fand eine Kampagne ihren Höhepunkt, die die Wiederherstellung der Kunstgewerbeschule<br />

in alter Form forderte und von deren Mitglieder zahlreiche<br />

Eingaben an die thüringische Regierung abgegeben wurden. Das Bauhaus<br />

überstand diese erste Krise nur, weil eine breite Solidaritätswelle aus ganz<br />

Deutschland auf die Lan<strong>des</strong>regierung zurollte. 43<br />

In den folgenden Monaten bildeten sich in We<strong>im</strong>ar die Argumentationslinien<br />

heraus, die letztendlich für den Weggang <strong>des</strong> Bauhauses nach Dessau<br />

verantwortlich werden sollten. Die Anfeindungen, die <strong>im</strong> Landtag <strong>im</strong>mer<br />

37<br />

Ebd.<br />

38<br />

Ebd., S. 49.<br />

39<br />

Craig, 1989, S. 414.<br />

40<br />

Bredow, Jürgen / Lerch, Helmut: Otto Bartnig. Zum Werk <strong>des</strong> <strong>Architekt</strong>en, Darmstadt<br />

1983, S. 27.<br />

41<br />

Bollenbeck, Georg: We<strong>im</strong>ar, in: Franςois, Etienne / Schulz, Hagen (Hrsg.): Deutsche<br />

Erinnerungsorte, München 2001, S. 217.<br />

42<br />

Winkler, 1999, S. 49f.<br />

43 Ebd.

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