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de-gendering informatischer artefakte: grundlagen einer kritisch ...

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Projekt „Gen<strong>de</strong>r Mainstreaming medial“ 74 vor. Diese Empfehlungen betonen erstens<br />

die Notwendigkeit, die bestehen<strong>de</strong> Technikkultur zu verän<strong>de</strong>rn. Zweitens geben sie<br />

Hinweise zur Partizipation und technischen Ausbildung <strong>de</strong>r Nutzen<strong>de</strong>n, zum<br />

technischen Support sowie zu <strong>de</strong>n Zugangsvoraussetzungen zu Lernplattformen, die<br />

ich hier nicht betrachten will. Der dritte Teil unterbreitet Vorschläge zu einem Design<br />

<strong>de</strong>r Lernumgebungen im engeren Sinne.<br />

Der erste Teil, <strong>de</strong>r für eine neue Technikkultur plädiert, die auf die Interessen und<br />

Belange bei<strong>de</strong>r Geschlechter eingeht, gibt Aufschluss über das im Projekt zugrun<strong>de</strong><br />

gelegte Geschlechter-Technik-Verständnis. Dabei wird das Kommunizieren über<br />

Technik, das bislang fast ausschließlich in Männergruppen stattfän<strong>de</strong>, als ein<br />

wesentliches Problem <strong>de</strong>r bestehen<strong>de</strong>n Technikkultur i<strong>de</strong>ntifiziert. Es wird <strong>de</strong>shalb<br />

angestrebt, Studieren<strong>de</strong>n wie Lehren<strong>de</strong>n das Sprechen über Technik durch ein<br />

„learning by doing and asking“ zu ermöglichen. Sie sollen sich mit <strong>de</strong>r Technik<br />

„wohlfühlen“ und „Spaß an <strong>de</strong>r Sache“ haben. Voraussetzung dafür sei, dass sie diese<br />

mitgestalten können und von Anfang an aktiv in <strong>de</strong>n technischen Entwicklungsprozess<br />

einbezogen wer<strong>de</strong>n. Ferner sei eine kontinuierliche Verbindung von sozialen und technischen<br />

Aktivitäten herzustellen und die Trennung zwischen technischen MacherInnen<br />

und KonsumentInnen zu überwin<strong>de</strong>n. Somit erklärt das Projekt „Gen<strong>de</strong>r Mainstreaming<br />

medial“ die Dekonstruktion zweier geschlechtlich konstituierter Dichotomien als ein<br />

zentrales Anliegen: die von technischen und sozialen Aspekten beim Lernen und die<br />

von Gestaltung und Nutzung beim Umgang mit Technologien. Diese <strong>de</strong>konstruktivistische<br />

Perspektive wird in Empfehlungen zum Design von Lernumgebungen<br />

konkretisiert.<br />

Die meisten <strong>de</strong>r insgesamt 44 Empfehlungen sind eher allgemeinen Charakters, <strong>de</strong>r<br />

auf <strong>de</strong>m aktuellen Stand <strong>de</strong>r Ergonomie- und Human-Computer-Interaction-Forschung<br />

grün<strong>de</strong>t. So wird etwa vorgeschlagen, Zugriffsrechte transparent zu machen, Hilfefunktionen<br />

und klare Erläuterungen zu Verfügung zu stellen und unterschiedliche<br />

Darstellungsformen (Bildschirmausgabe, Druck-/Textausgabe, Online-/Offline-Version)<br />

zu ermöglichen. Viele dieser Anregungen zielen auf eine Vervielfältigung <strong>de</strong>r Optionen<br />

ein, die nicht speziell auf die Überwindung vermeintlicher Differenzen zwischen Frauen<br />

und Männern ausgerichtet ist, son<strong>de</strong>rn diese Varianten gera<strong>de</strong> nicht zweigeschlechtlich<br />

differenzierend zuweist. Vielmehr soll Technik für die NutzerInnen als gestaltbar erfahren<br />

wer<strong>de</strong>n und Neugier auf die Nutzungsmöglichkeiten wecken. Auch <strong>de</strong>r Vorschlag,<br />

die Lernumgebung in gewissem Umfang für die NutzerInnen konfigurierbar zu machen,<br />

ist implizit <strong>de</strong>m Stereotyp weiblicher technischer Inkompetenz entgegengesetzt, ohne<br />

jenes dabei explizit zu reproduzieren. Nur fünf <strong>de</strong>r Empfehlungen nehmen direkt auf<br />

die Geschlecht Bezug. Beispielsweise sollen geschlechterstereotype Icons und Illustrationen<br />

vermie<strong>de</strong>n und statt<strong>de</strong>ssen die Unterschiedlichkeit und Vielfalt von Frauen und<br />

Männern (z.B. Personen aus unterschiedlichen Kulturen, verschie<strong>de</strong>ner Hautfarbe und<br />

aus unterschiedlichen Schichten) dargestellt wer<strong>de</strong>n.<br />

Der Leitfa<strong>de</strong>n vermei<strong>de</strong>t es somit insgesamt sehr bewusst, dualistische Differenzen<br />

zwischen <strong>de</strong>n Geschlechtern zu unterstellen und durch erneute Betonung zu reprodu-<br />

74 Dieses Projekt zielte darauf, 100 Verbundprojekte, die im Bereich „Neue Medien in <strong>de</strong>r Bildung“ vom<br />

BMBF geför<strong>de</strong>rt wur<strong>de</strong>n, bei <strong>de</strong>r Implementierung von Gen<strong>de</strong>r Mainstreaming zu begleiten, zu beraten und<br />

diesen Implementierungsprozess in <strong>de</strong>n Projekten zu beforschen und zu evaluieren, vgl. Wiesner 2004 et<br />

al. a, b, Zorn et al. 2004.<br />

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