de-gendering informatischer artefakte: grundlagen einer kritisch ...
de-gendering informatischer artefakte: grundlagen einer kritisch ...
de-gendering informatischer artefakte: grundlagen einer kritisch ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Praktiken und Diskurse zu Technologie in Beziehung setzen. Aus <strong>de</strong>r Perspektive <strong>de</strong>r<br />
neueren Geschlechterforschung und feministischer Technikgestaltung ist <strong>de</strong>r Gedanke<br />
„inhärent vergeschlechtlichter Technologie“ höchst fragwürdig. Um zu verstehen, wie<br />
sich <strong>de</strong>nnoch Geschlechts- und Ungleichheitsstrukturen in <strong>de</strong>r Technologie i<strong>de</strong>ntifizieren<br />
lassen, ohne von essentieller Einschreibung auszugehen, wird im Folgen<strong>de</strong>n ein<br />
theoretischer Rahmen entwickelt.<br />
Ausgehend von Winners Brückenbeispiel möchte ich Gemeinsamkeiten aufzeigen<br />
zwischen <strong>de</strong>m Vorhaben, auf das Politische von Artefakten hinzuweisen, und <strong>de</strong>m hier<br />
verfolgten Anliegen, ein Konzept <strong>de</strong>r Vergeschlechtlichung informationstechnischer<br />
Artefakte zu entwickeln. Dabei will ich drei Aspekte herausstellen: Erstens die<br />
Fokussierung auf einen sozialen Ausschluss durch Technologien, <strong>de</strong>r strukturell<br />
begrün<strong>de</strong>t ist. Zweitens die Kritik an <strong>de</strong>r vermeintlichen Neutralität <strong>de</strong>r Artefakte, die<br />
sich auch als als die an <strong>de</strong>r Geschlechtsneutralität <strong>de</strong>uten ließe. Drittens das<br />
Phänomen, dass soziale Strukturen nicht nur in Technologien eingeschrieben, son<strong>de</strong>rn<br />
gleichzeitig unsichtbar wer<strong>de</strong>n.<br />
Erstens: Die Behauptung Winners, dass technische Artefakte politisch seien, die er<br />
mit <strong>de</strong>m Brückenbeispiel zu belegen versuchte, bietet einen Einstieg in die Diskussion,<br />
dass und die Frage, wie technische Artefakte vergeschlechtlicht sind, da gezeigt<br />
wer<strong>de</strong>n soll, , dass sich eine soziale Ungleichheitsstruktur in technischen Artefakten<br />
manifestieren kann. Geschlecht als eine Ungleichheitsstruktur zu begreifen, war ein<br />
Hauptausgangspunkt feministischer Theorie und Geschlechterforschung.<br />
Winners Beispiel ver<strong>de</strong>utlicht, dass technische Artefakte Formen <strong>de</strong>r Diskriminierung<br />
verkörpern können, die über <strong>de</strong>n (strukturellen) Zusammenhang von Autobesitz<br />
und Klassen- bzw. ethnischer Zugehörigkeit hergestellt wer<strong>de</strong>n. Dass die in die<br />
Brücken eingeschriebene Diskriminierung nicht auf körperliche o<strong>de</strong>r kognitive Merkmale<br />
rekurriert, son<strong>de</strong>rn sich auf gesellschaftliche Strukturverhältnisse bezieht, ist ein<br />
Aspekt, <strong>de</strong>r das Brückenbeispiel Winners für die hier verfolgte Frage <strong>de</strong>s Gen<strong>de</strong>ring<br />
von Artefakten anschlussfähig macht. In <strong>de</strong>r Informatik wird die Vorstellung <strong>einer</strong><br />
Vergeschlechtlichung von Technologien, die auf strukturell-symbolischen Dimensionen<br />
von Ungleichheit grün<strong>de</strong>t, durch ein zum Positivismus tendier<strong>de</strong>n<strong>de</strong>s Wissenschafts-<br />
und Technikverständnis sowie durch eine verkürzte Auffassung von Geschlecht<br />
erschwert. Geschlecht wird innerhalb <strong>de</strong>r Disziplin oft allein als ein körperliches Merkmal<br />
von Individuen verstan<strong>de</strong>n. 78 Insofern besteht eine Neigung dazu, strukturelle<br />
Ebenen gesellschaftlicher Geschlechterverhältnisse ebenso wie die symbolischen<br />
Zuschreibungen zu vernachlässigen (vgl. etwa Bath 2002a). Auf dieser Basis ist die<br />
Vergeschlechtlichung <strong>informatischer</strong> Artefakte jedoch nur eingeschränkt zu verstehen.<br />
Die Analyse bliebe auf wenige physiologische o<strong>de</strong>r mentale Differenzen zwischen<br />
Frauen und Männern begrenzt, die bei <strong>de</strong>r Techniknutzung relevant sein können. 79<br />
Demgegenüber eröffnet das Brückenbeispiel – übertragen auf die Informatik und ihre<br />
Artefakte – die Denkmöglichkeit, dass auch Geschlecht, als eine Strukturkategorie<br />
aufgefaßt, Einfluss auf die Gestaltung von Technologien hat. 80<br />
78<br />
Vgl. hierzu auch Kapitel 2.<br />
79<br />
Vgl. hierzu die Diskussion <strong>de</strong>s im Projekt „Discover Gen<strong>de</strong>r“ entwickelten Gen<strong>de</strong>r-Leitfa<strong>de</strong>ns in Kapitel<br />
2.2.<br />
80<br />
Zwar vermag das Winnersche Beispiel die Aufmerksamkeit auf strukturelle Ebenen <strong>de</strong>r Geschlechterverhältnisse<br />
zu lenken, es vernachlässigt dabei jedoch erkenntnis<strong>kritisch</strong>e sowie symbolische Ebenen <strong>de</strong>r<br />
30