de-gendering informatischer artefakte: grundlagen einer kritisch ...
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ung von Ungleichheitsstrukturen dafür <strong>de</strong>r Normalfall ist, wie Technologien einen politischen<br />
beziehungsweise geschlechtlichen Charakter erhalten, kommt es darauf an, die<br />
Mechanismen, die diesen Prozessen zugrun<strong>de</strong> liegen, herauszuarbeiten und – in einem<br />
ersten Schritt – genauer zu begreifen, anstatt diese <strong>einer</strong> weiteren, diesmal wissenschaftlichen<br />
Legitimationsschleife zu unterziehen und sie, so wie Joerges vorführt,<br />
erneut zu bestätigen.<br />
Joerges führt seine Dekonstruktion <strong>de</strong>s Brückenbeispiels fort, in<strong>de</strong>m er eine alternative<br />
Erklärung dafür liefert, warum die Brücken so niedrig gebaut wor<strong>de</strong>n sind. Nach<br />
US-amerikanischen Regelungen war und ist je<strong>de</strong>r kommerzielle Verkehr von Lastwagen<br />
bis hin zu öffentlichen Bussen auf <strong>de</strong>n Parkways verboten. Sie führten durch landschaftlich<br />
reizvolle Parks, die ursprünglich für Erholungsfahrten und nicht als Allzwecktransportweg<br />
gedacht waren. Parkways seien ein beson<strong>de</strong>rer Straßentyp, <strong>de</strong>r sich gera<strong>de</strong><br />
durch <strong>de</strong>n Ausschluss <strong>de</strong>s kommerziellen Verkehrs <strong>de</strong>finiert, im Vergleich zu <strong>de</strong>n<br />
sogenannten Freeways, die allen Arten von Fahrzeugen freien Zugang bieten. Joerges<br />
betont, dass viele TechnikforscherInnen Moses Konstruktion als Abweichung von<br />
einem in <strong>de</strong>n USA gelten<strong>de</strong>n Stand <strong>de</strong>r Brückenbautechnik interpretiert hatten, dabei<br />
hätte Moses „mit seinen Brücken nichts an<strong>de</strong>res getan als je<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Parkway-Beauftragte<br />
im ganzen Land auch“ (Joerges 1999a, 57).<br />
Damit verweist Joerges auf ein Problem, dass auch bei <strong>de</strong>r Analyse <strong>de</strong>s Gen<strong>de</strong>ring<br />
<strong>informatischer</strong> Artefakte relevant wer<strong>de</strong>n kann. Es liegt nicht ausschließlich in <strong>de</strong>r Hand<br />
<strong>de</strong>r TechnikgestalterInnen, einen diskriminieren<strong>de</strong>n Effekt von Technologien verstärken<br />
(o<strong>de</strong>r auch verhin<strong>de</strong>rn) zu können. Der Prozess ist vielmehr verwickelt in ein komplexeres<br />
Netzwerk von Gesetzen, informellen Regeln, organisatorischen Strukturen, ökonomischen<br />
Interessen uvm., 87 in <strong>de</strong>m auch wi<strong>de</strong>rsprüchliche Beiträge zu <strong>de</strong>m sozialen<br />
Auschluss geleistet wer<strong>de</strong>n können, die eine individuelle „Schuldzuschreibung“ unmöglich<br />
machen. Dennoch kann ihm vorgehalten wer<strong>de</strong>n, dass es im Fall <strong>de</strong>r Brücken<br />
zumin<strong>de</strong>st prinzipiell möglich gewesen wäre, sich politisch für die Aufhebung <strong>de</strong>r<br />
offenbar diskriminieren<strong>de</strong>n Parkway-Regelung, keine öffentlichen Busse zuzulassen,<br />
einzusetzen o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rweitig auf diesen rassisieren<strong>de</strong>n und klassisieren<strong>de</strong>n Effekt <strong>de</strong>r<br />
Regelung aufmerksam zu machen.<br />
KritikerInnen Winners warfen diesem nicht nur vor, dass er <strong>de</strong>m Brückenkonstrukteur<br />
Moses einen strukturellen Rassismus unterstelle, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>uteten diese Haltung<br />
gar als persönliche, in<strong>de</strong>m sie ihm die Verantwortung für die Zementierung <strong>de</strong>s sozialen<br />
Ausschlusses in <strong>de</strong>r Technik zuschrieben. Sie beanstan<strong>de</strong>ten zugleich, dass er<br />
Übereinstimmungen zwischen <strong>de</strong>r Intention <strong>de</strong>s Konstrukteurs und <strong>de</strong>r tatsächlichen<br />
Wirkung <strong>de</strong>s Artefaktes annimmt. AutorInnen verschie<strong>de</strong>nster theoretischer Couleur<br />
haben seither herausgearbeitet, dass <strong>de</strong>r Gestaltungskontext klar vom Nutzungskontext<br />
<strong>einer</strong> Technologie zu unterschei<strong>de</strong>n ist, ohne dies jedoch als Grund für die<br />
Ablehnung von Verantwortung zu missbrauchen (vgl. etwa Bijker et al. 1987,<br />
Oudshoorn/ Pinch 2003 sowie die dort angegebenen Studien). Eine Reihe von<br />
Fallstudien zeigte beispielsweise, dass NutzerInnen sich Technologien in an<strong>de</strong>rer<br />
87 Joerges führt explizit auch ökonomische Grün<strong>de</strong> an: eine Höherlegung <strong>de</strong>r Brücken hätte erhebliche<br />
Mehrkosten verursacht. Von Ingenieuren erwarte man jedoch generell, dass sie die ökonomisch günstigste<br />
Lösung für ihre Aufgaben fän<strong>de</strong>n (vgl. Joerges 1999a, 54). Diese Reduktion ingenieurwissenschaftlichen<br />
Han<strong>de</strong>lns auf <strong>de</strong>n bestmöglichen Kosten-Nutzen-Faktor ist m.E. jedoch gera<strong>de</strong> im Bereich<br />
staatlicher Infrastrukturmaßnahmen grundlegend zu hinterfragen.<br />
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