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de-gendering informatischer artefakte: grundlagen einer kritisch ...

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minism‘“ (McKenzie/ Wajcman 1999, xiv). In <strong>de</strong>r grundlegend überarbeiteten Auflage<br />

<strong>de</strong>s Ban<strong>de</strong>s von 1999 betonen sie, dass die I<strong>de</strong>e <strong>de</strong>s „Social Shaping of Technology“<br />

in <strong>de</strong>r sozialwissenschaftlichen Technikforschung bis zur Neuauflage gut etabliert<br />

habe. Sie führen drei Grün<strong>de</strong> für die erneute Herausgabe <strong>de</strong>s Buches an. Erstens<br />

hätte <strong>de</strong>r Ansatz innerhalb <strong>de</strong>r breiteren Kultur, z.B. in <strong>de</strong>n Massenmedien und <strong>de</strong>r<br />

Politik, wenig Resonanz erfahren. Zweitens reflektiere die ingenieurwissenschaftliche<br />

Lehre kaum die Verwobenheit von Technischem und Sozialem o<strong>de</strong>r die ökonomische,<br />

soziale und ethische Verantwortung von IngenieurInnen. Und drittens drohe <strong>de</strong>r Ansatz<br />

zu einem solchen Allgemeinplatz zu wer<strong>de</strong>n, dass empirische Studien darüber, wie<br />

konkrete Technologien sozial geformt wer<strong>de</strong>n, nicht mehr für notwendig erachtet<br />

wer<strong>de</strong>n. Insbeson<strong>de</strong>re an das zweite und das dritte Argument kann die hier vorgelegte<br />

Arbeit anschließen. Doch ist die Auffor<strong>de</strong>rung zur spezifischen Untersuchung von<br />

Technologien in diesem Zusammenhang wesentlich.<br />

Sämtliche Strömungen <strong>de</strong>r konstruktivistischen sozialwissenschaftlichen Technikforschung<br />

teilen die vom SST-Ansatz vorgelegte anti-essentialistische Position. Der Vorwurf<br />

<strong>de</strong>s Technik<strong>de</strong>terminismus scheint in diesem wissenschaftlichen Feld ebenso<br />

schwer zu wiegen wie innerhalb <strong>de</strong>r Geschlechterforschung die Kritik, biologistisch zu<br />

argumentieren und Geschlecht zu essentialisieren. 93 Ein Ansatz zu <strong>einer</strong> feministischen<br />

Technikforschung muss über bei<strong>de</strong> Formen <strong>de</strong>s Determinismus und <strong>de</strong>r Essentialisierung<br />

hinausgehen: „Determinism, whether biological or technical, is a conservative<br />

force tending to preserve existing power relations and disguise the possibility for<br />

social change“ (Cockburn/ Ormrod 1993, 8).<br />

Aus <strong>de</strong>r hier verfolgten Perspektive <strong>de</strong>r Geschlechterforschung in <strong>de</strong>r Informatik<br />

lässt sich hinzufügen, dass es auch für die Entwicklung eines De-Gen<strong>de</strong>ring-Ansatzes,<br />

<strong>de</strong>r darauf zielt, <strong>de</strong>r Vergeschlechtlichung <strong>informatischer</strong> Artefakte entgegenzuwirken,<br />

notwendig ist, mit <strong>de</strong>r Abwendung von technik<strong>de</strong>terministischen Positionen und <strong>de</strong>r<br />

reinen Wirkungsforschung mitzugehen. Denn erst dann, wenn die Vorstellung überwun<strong>de</strong>n<br />

wird, dass sich technologische Innovationen von internen Charakteristiken <strong>de</strong>r<br />

Technologie ableiten lassen, können informatische Gestaltungsprozesse analytisch<br />

und konstruktiv in <strong>de</strong>n Blick genommen wer<strong>de</strong>n.<br />

Dem „Social Shaping of Technology“-Ansatz wur<strong>de</strong> innerhalb <strong>de</strong>r sozialwissenschaftlichen<br />

Technikforschung vielfach unterstellt, technik<strong>de</strong>terministische Positionen<br />

einfach nur radikal umzukehren und zu behaupten, dass Technik zutiefst sozial sei, wie<br />

Graham Button zusammenfasst: „By stressing how technology is shaped by social<br />

forces, such as economics and gen<strong>de</strong>r, an attempt was ma<strong>de</strong> to ground the technical<br />

in the social. Thus, technology was to be thought of through and through as a social<br />

phenomenon“ (Button 1993, 7, zitiert nach Lohan 2000, 899). Auch gegen Winners<br />

Brückenbeispiel wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Vorwurf vorgebracht, eine Form <strong>de</strong>s Essentialismus durch<br />

eine an<strong>de</strong>re zu ersetzen, wie Keith Grint und Steve Woolgar anmerken: „This form of<br />

anti-essentialism turns out to be an attempt to supplant technical <strong>de</strong>terminism with<br />

social and political <strong>de</strong>terminism; it is the politics built into a technology which become<br />

the origin of ‚effects’. The object of critique is technological <strong>de</strong>terminism – not<br />

93 Nina Degele betont, dass in <strong>de</strong>r feministischen Forschung ähnliche „Erkenntnisschübe“ stattgefun<strong>de</strong>n<br />

hätten wie in <strong>de</strong>r soziologischen Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit Technik. Ähnlichkeiten zeigten sich insbeson<strong>de</strong>re<br />

beim Hinterfragen und Überwin<strong>de</strong>n technischer und biologischer Determinismen (vgl. Degele 2002,<br />

98f).<br />

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