<strong>KoBo</strong> FreizeitBiPi: Ein Mann und seine IdeeViele grosse und weltweit greifendeGedanken und Ideen habenihren Ursprung im Kopf einercharismatischen Person, um diesich meist viele Geschichten undLegenden ranken.Von David SteinerLord Baden-Powell of Gilwell’s Idee,eine Jugendorganisation zu schaffen, diesich der Jugenderziehung widmet, feiertevor drei Jahren mit dem Namen Pfadiihr hundertstes Jubiläum und ist heutewie damals noch genauso präsent. Auchin <strong>Bonstetten</strong> und den umliegenden <strong>Gemeinde</strong>nwird seine Idee immer noch gelebt.So ist es Zeit, diesen Mann, der vonden Pfadis heute liebevoll «BiPi» genanntwird, etwas näher kennenzulernen.Kinderjahre von Baden-PowellRobert Baden-Powell wurde am 22.Februar 1857 in London geboren, alszwölftes von vierzehn Kindern eines anglikanischenPfarrers und auf den NamenRobert Stephenson Smyth Baden-Powellgetauft. Sein Vater starb bereits früh,als Robert gerade erst drei Jahre alt war.Während seiner Kindheit fühlte sichBaden-Powell deshalb sehr zu seinemGrossvater hingezogen. Dieser wecktein ihm die Lust am Abenteuer und amBeobachten der Natur. Im College nutzteer jede freie Minute, um durch die verwildertenPärke zu streifen und Spurender Tiere zu suchen und zu verfolgen.Schon damals lernte Baden-Powell, dassdas Waldläufertum mehr war als Indianerspielerei,es war eine hervorragendeSchulung des Charakters und der Persönlichkeitjunger Menschen.Baden-Powell wird OffizierNach einem weniger glanzvollen Abschlussdes Colleges bewarb sich Baden-Powellum einen Ausbildungsplatzzum Offizier bei der britischen Armeean der angesehensten MilitärakademieEnglands, Sandhurst. Überraschenderweiseschnitt er von 717 Bewerbern alszweitbester bei den Kavallerieanwärternund als viertbester bei den Infanterieanwärternab. Er suchte sich das 13. Husarenregimentaus und am 30. Oktober erfüllteer sich einen lang ersehnten Traum:Der 19-jährige Unterleutnant reiste nachIndien, dem Land seiner Träume.Dort fiel er auf, weil er nicht wie seineKameraden sein Geld in Bars verschwendete,sondern sich in der freien Naturvergnügte. Sein Freund E. E. Reynoldsschrieb: «Am liebsten schlich sich BiPiin den Dschungel. Dort lag er regungslosund beobachtete die wilden Tiere, wiesie zur Tränke zogen – den Hirsch, denSchakal, den Eber und den Bären.»Seine Talente kamen auch seinen Vorgesetztenzu Ohren. Sie übertrugen ihm dieAusbildung der Scouts, der Pfad-Finder,die nicht im offenen Kampf eingesetztwurden, sondern das gegnerische Lagerauskundschaften mussten. Baden-Powellhielt sich bei der Ausbildung der Scoutsnicht an herkömmliche Methoden, sondernzeigte seinen Schützlingen spielerisch,wie sie sich zu verhalten hatten.Er erklärte ihnen, was der Zweck ihrerArbeit war, und er versuchte, ihnen dieFreude an der Tätigkeit zu zeigen. Er gabkeine strikten Anordnungen, sondern nurTipps und Anregungen, die zur Lösungeines Problems beitrugen. Er hielt keinelangen Vorträge über seine eigenenErfahrungen, denn er wollte, dass seineSchützlinge aus ihren lernten. «LearningBy Doing» nannte er dieses System.Baden-Powell überzeugte – und führte –,indem er ein Vorbild gab!Baden-Powell in Afrika1899 erschien Baden-Powells erstesBuch «Aids For Scouting», das er demenglischen Generalstab als allgemeineAusbildungslektüre empfahl. Im selbenJahr wurde Baden-Powell nach Afrikaversetzt. Er sollte dort in Mafeking, einerkleinen Frontstadt, britische Soldatenfür den Dschungelkampf ausbilden. Am11. Oktober 1899 wurde die kleine Stadtvon 9000 Buren unter der Führung vonGeneral Cronje umzingelt. In Mafekingselber befanden sich ausser Frauen, Kindernund Jugendlichen nur 700 ausge-bildete Soldaten und etwa 300 Zivilisten(meist ältere Männer). Baden-Powellwar entschlossen, die Stadt zu verteidigen.Als Ergebnis von vielen nächtlichenErkundungen, die er bis an den Randfeindlicher Lager unternahm, gaben ihmseine Feinde den Übernamen «Impeesa»– «der Wolf, der niemals schläft». Erverteidigte die Stadt nicht mit Gewalt,sondern mit List und setzte zum erstenMal Jugendliche für leichtere militärischeAufgaben ein, damit die Soldaten fürden Ernstfall immer bereit waren. DieJugendlichen konnten als Sanitäter, alsMeldegänger und als Späher eingesetztwerden. Sie sollten selbstverantwortlichhandeln. «Ein Mann, der noch nie einenFehler begangen hat, hat noch nie etwasgetan», sagte er zu ihnen. Indem er mitden Soldaten und mit Hilfe der Jugendlichenden Buren eine viel grössere AnzahlSoldaten und Munition vortäuschte,wagten es die Buren nicht, anzugreifen.Im Mai 1900 wurde Mafeking befreitund Baden-Powell war es gelungen, dieStadt 217 Tage zu verteidigen.Der Grabstein von Lord Baden-Powell of Gilwell,«BiPi» mit Waldläuferzeichen ganz unten.20 <strong>KoBo</strong> 03/10
Freizeit <strong>KoBo</strong>Der Gedanke Pfadi entstehtAls er den Jugendlichen diese Aufgabenübertrug, stellte Baden-Powell zu seinerVerblüffung fest, dass auch die JungenVerantwortung übernehmen konnten,wenn man ihnen nur das nötige Vertrauenentgegenbrachte. Diese Erkenntniswar damals revolutionär, da die Pädagogenzu jener Zeit den Jugendlichen nochkein Vertrauen entgegenbrachten. Dassheutzutage die Lehrer die Jugendlichenals ernst zu nehmende Partner behandeln,ist nicht zuletzt auch Baden-Powells Erkenntniszu verdanken.Nach seiner Stationierung in Afrikawurde Baden-Powell nach England zurückbeordert.Er wurde zum Generalbefördert und mit dem Kreuz des Bath-Ordens ausgezeichnet. Schon bei seinerAnkunft stellte er fassungslos fest, dass erein Held geworden war. Die englischenZeitungen hatten von der BelagerungMafekings berichtet. Ganz England hatteden spannenden Kampf um Mafekingverfolgt.Besonders die Jungen waren begeistertvon Baden-Powell. Sein Buch «Aids toScouting» war ein Jugendbuch-Bestsellergeworden. Baden-Powell war gar nichtglücklich darüber, denn es war ein militärischesBuch. Als Mann, der den Friedenliebte, wollte er nicht, dass ein derartigesBuch in die Hände der Jungenkam. Die Entwicklung war jedoch nichtmehr rückgängig zu machen, also beschlossBaden-Powell, ein zweites Buchzu schreiben. Die in Afrika gewonneneErkenntnis, dass sich nützliche FähigkeitenJugendlicher am besten durchSpiel schulen lasse, wollte er in sein Bucheinfliessen lassen und so beschrieb er in«Scouting for Boys» eine ganze Reihesinnvoll gestalteter Spiele. Aber bevor erdazu kam, sein Buch in Angriff zu nehmen,wurde er 1903 wieder nach Afrikageschickt. Diesmal lautete der Auftrag,eine südafrikanische Schutzpolizei auszubilden.Diese Aufgabe beanspruchte ihn mehrereJahre und erst 1907 konnte er sichwieder seinem bevorzugten Thema derJugenderziehung zuwenden. Bevor eraber zur Feder griff, wollte er weitereErfahrungen sammeln und organisiertezu diesem Zweck für 22 Jungen aus allengesellschaftlichen Schichten ein Lagerauf Brownsea Island an der KüstePortrait von BiPi nach einem Gemälde von Benjamin Eggleston. (Quelle aller Bilder http://www.pinetreeweb.com/bp-pix-gallery.htm)Englands. Dieses erste Pfadilager wird alsGeburtsstunde der Pfadi gehandelt und1908 erschien nun auch Lord Baden-Powells zweites Buch.Zweite Hälfte seines Lebens in KürzeDer Erfolg folgte Schlag auf Schlag.1909 an einem Pfadfindertreffen in Londonmit bereits 11 000 Teilnehmernentdeckt Lord Baden-Powell eine Mädchen-Gruppe,die er mit Begeisterung indie Jugendorganisation Pfadi aufnimmt.Seine Schwester Agnes übernimmt dieLeitung der Girl Scouts. 1920 wurde daserste Weltpfadilager, Jamboree, im Gilwellparkin London, den die Pfadfinderbewegungvon einem reichen Industriellenerhielt, durchgeführt. 27 Nationensind mit 8000 Teilnehmern vertreten.1929 wird Baden-Powell vom König zumLord geadelt und heisst nun mit vollemNamen Lord Robert Stephenson SmythBaden-Powell of Gilwell und zieht sich1937 aus dem aktiven Pfadfinderlebenzurück.Am 8. Januar 1941 starb der Gründerder Pfadfinderbewegung. AufwendigesZeremoniell wurde auf Wunsch des Totenvermieden. Auf dem Grabstein warendie beiden Symbole, das der Pfadfinderund das der Pfadfinderinnen, sein NameRobert Baden-Powell, sein Titel «ChiefScout of World», sein Geburts- und Sterbedatumund ausserdem ein Symbol eingemeisselt.Ein Symbol, das Pfadfindersofort verstehen, ein Waldläuferzeichen,ein Kreis mit einem Punkt in der Mitte:Es bedeutet: «Habe meinen Auftrag erfüllt,bin nach Hause gegangen.»<strong>KoBo</strong> 03/10 21