<strong>KoBo</strong> KircheMach ich mir alles viel zu einfach?«Fällt das Wort Kirche, rümpfenmeine Freunde die Nase.»Oder: «Mündige Menschen tretenaus. Die reformierte Kircheschrumpft.» So lauten Titel bzw.erste Sätze von Artikeln, diedem Lesenden in letzter Zeit vorallem in einer grossen SchweizerTageszeitung ins Auge springenkonnten.Von Susanne RueggIn unregelmässigen Abständen wird mitverschiedenen Protagonisten der reformiertenKirche die Hochrechnung einerStudie diskutiert, die besagt, dass im Jahr2050 nur noch jeder fünfte Bewohner derSchweiz reformiert sein soll. Für michhier in <strong>Bonstetten</strong> wirken solche Schlagzeilenund Studien-Zahlen – neben demInteresse, das sie natürlicherweise bei mirwecken – immer wie eigenartige Botschaftenvon anderen Planeten. Hier in<strong>Bonstetten</strong> – in der Jetzt-Zeit zumindest– sieht unsere Kirchen-Welt so ganz andersaus! Unsere <strong>Gemeinde</strong> wächst immernoch; ich bin mir ziemlich sicher,dass hier mehr Eltern ihre Kinder zurTaufe bringen, als es in meiner vorhergehenden<strong>Gemeinde</strong> mit zwei Pfarrämternder Fall war; auch über zu wenig kirchlicheHochzeiten kann ich mich nicht beklagen;und ausserdem wird unser Lebennicht nur materiell-wirtschaftlich, sondernauch geistig und seelisch anspruchsvoller,schwieriger und verflochtener.Wenn ich einen Kollegen hätte odermein Tag noch mehr Stunden, wüssteich sofort, was ich unbedingt/längstens/wieder einmal/schon immer/unbedingtanbieten, aufgleisen, initiieren, vorbereitenund durchführen würde, was bishereinfach keinen Platz hatte in der Agenda– für junge, erwachsene, für Menschenim mittleren Alter, für alte Menschen ...Schon komisch: «Alle» reden vom Mitgliederschwundunserer Kirche – das magja stimmen – und im zweiten Atemzugvom fehlenden, überzeugenden Personal– auch das ist sicher nicht einfach herbeigeredet– und doch: ich erlebe so vieleIn <strong>Bonstetten</strong> bringen mehr Eltern ihre Kinder zur Taufe als anderswo. (Bild: Frank Brüderli)religiös und kirchlich interessierte, mitdenkende,kritische, spannende, etwasvon-uns-erwartende,präsente, engagierte,anspruchsvolle und auch bedürftige (gibtsdafür ein besseres Wort?) Menschen inunserer <strong>Gemeinde</strong>!? Und wenn exakt diesdie verbleibenden 20% Reformierten imJahr 2050 sein sollten: was wollen wirnoch mehr!Oder mach ich mir alles viel zu einfach?– Was meinen Sie?Bezug genommen habe ich auf folgende Artikel ausdem «Tages-Anzeiger»:• «Zürich-Teil», 7. 6. 2010, Interview von MichaelMeier mit Thomas Schlag unter dem Titel «MündigeMenschen treten aus». Die reformierte Kircheschrumpft.• Seite 11, «Analyse», 17. 6. 2010, eine Spaltevon Philippe Welti unter dem Titel «Uns fehlen dieZwinglis»Vortrag mit BildernSr. Margrit VORTRAG Schenkel MIT berichtet BILDERN überihre Arbeit Sr. Margrit im Darfur/Sudan Schenkel berichtet in derreformiertenüber ihre ArbeitKircheim<strong>Bonstetten</strong>.Darfur/Sudanin der reformierten Kirche <strong>Bonstetten</strong>Samstag, 28. 28. August 2010, 16.30 Uhr UhrSonntag, 29. 29. August 2010, 11.15 Uhrnach dem ökumenischen Wiederaussendungsgottesdienstum 10.00 Uhr auf dem DorfplatzWiederaussendungsgottesdienstum 10.00 Uhrauf dem Dorfplatz.4 <strong>KoBo</strong> 03/10
Kirche <strong>KoBo</strong>Persönlichkeiten aus <strong>Bonstetten</strong> – Pfarrerin Susanne RueggD’Pfarrerin hät PfupfSusanne Ruegg (Bild: Ute Ruf)Seit sechs Jahren ist Susanne Rueggevangelische Pfarrerin in <strong>Bonstetten</strong>.Sie wohnt auch hier, denn für Pfarrerbesteht Wohnsitzpflicht in ihrer <strong>Gemeinde</strong>.Sie sieht nicht aus wie einePfarrerin, jedenfalls nicht so, wie sichder Normalbürger eine Pfarrerin vorstellt.Sie sieht besser aus. Ich könntemir denken, dass sie mit ihrem Aussehensogar einige Männer in die Kirchelockt, die sonst lieber ausschlafen würden.Welche Pfarrerin hat schon ganzlange blonde Haare und geht im Dorfin engen weissen Jeans und Stöckelschuhenzum Einkaufen?AusbildungZuerst studierte sie – weil sie gerne Ferienin Frankreich und Spanien macht– Französisch und Spanisch. Aber siehatte noch viel mehr Interessensgebiete,sie war auch interessiert an Geologieund Geographie, an anderen Kulturenund Religionen, und so entschloss siesich zu einem Theologie-Studium undmusste deshalb noch drei weitere Sprachenlernen, nämlich Lateinisch, Griechischund Hebräisch.Nach dem Studium ist sie durch einen«irrsinnig guten Praktikumspfarrer»in den Beruf eingeführt worden.«Er hat mich machen lassen, er hat gesagt:‹Du, da wär grad eine Beerdigungfür dich› usw.»Einen Pfarrer als Partner würde sieaber nicht haben wollen. Ihr Partner istElektroniker. Und da Susanne Rueggbereits 44 Jahre alt ist (sie wirkt jünger),sind keine Kinder mehr geplant. Abersie hat ja so viel mit Kindern zu tun:Mit Babys an den Taufen, mit kleinenKindern bei «Kolibri», der ehemaligenSonntagsschule, mit Schulkindern undmit Konfirmanden.Freude mit der KirchgemeindeDurchschnittlich sitzen dreissig Personenim Sonntagsgottesdienst, weniger an denAbendgottesdiensten einmal pro Monat.Susanne Ruegg ist zufrieden damit.Eine Schulklasse habe auch nicht mehrPersonen. Und es gefällt ihr einfach primahier in <strong>Bonstetten</strong>. Es sei eine lässige<strong>Gemeinde</strong>, ein schönes Familiendorf miteinem Dorfkern und noch vielen Ur-Bonstettern.Das Dorf lebt und die Kirche bietetso vieles an; seit 2005 ist eine Multimedia-Anlageinstalliert, es können Filmegezeigt werden und Konfirmanden machenPower-Point-Präsentationen. AuchKonzerte werden angeboten.Volles ProgrammPfarrer haben nicht nur sonntags Dienst.In der nächsten Woche gibt es viel zutun für Susanne Ruegg:Hochzeits- und Taufgespräche, einenText verfassen für «Chilebott» und«<strong>KoBo</strong>», zum Pfarrkapitel gehen, Geburtstags-und Seelsorgebesuche, der6.-Klass-Abschluss-Kinoabend, eineBeerdigung, eine Taufe nur in der Familie,Vorbereitung des Fotohöcks derKonfirmanden, Koordination von Terminenzusammen mit der Sekretärin,und die Besprechung mit der Katechetinwegen des Wald-Gottesdienstes mit denZweitklässlern. Dazu die Bearbeitungvon Mails und noch andere administrativeAufgaben.TaufgottesdienstDiesmal wird der Sonntagsgottesdienstbesonders festlich: Zwei Babyswerden getauft. Heute sind insgesamtzwölf kleine Kinder in der Kirche.Deshalb ist es nicht so ruhig wie in einemnormalen Gottesdienst. Manchmalplaudert eines, meckert oder lässteinen kleinen Schrei los. Das machtaber nichts, denn die Eltern sind besorgtum Ruhe, halten ab und zu ihrenFinger an den Mund oder gehenmit dem Kind kurz hinaus. Das istnicht immer so. Kirchgängerinnenhaben sich schon daran gestört, dassKinder in der Kirche herumranntenund laut riefen, redeten, lachten undCrackers aus der Tupperdose assen,kurz, sich benommen haben wie beieinem Picknick. Das ist heute Gottsei Dank nicht der Fall. Was SusanneRuegg aber eigentlich mehr stört, ist,wenn Erwachsene nicht aufmerksamsind beim Gottesdienst, sondern permanentmit der Banknachbarin reden.«Wer nicht interessiert ist, soll lieberwegbleiben», meint sie.Den Gottesdienst gestaltet sie abwechslungsreich,kein Segment ist zulang, sie predigt mit verständlichenWorten und spricht sehr persönlichmit der Taufgemeinde. Dann schenktsie jedem Täufling eine weisse Dächlikappe,«einen Hut als Symbol, dasKind möge sich immer von Gott behütetwissen.»FreizeitPro Monat hat sie ein freies Wochenende.Das nützt sie mit Sport undGartenarbeit. Auch mit Harfe spielen– nein, nicht für die Kirche, nur privat.Eigentlich hatte sie die Idee, in ihrenFerien alle Wüsten dieser Welt aufzusuchen,aber das wird wohl nichts. DieWüste Libyens hat sie schon gestrichen.Sie ist fröhlich, offen, natürlichund herzlich – beste Voraussetzungenfür den Beruf als Pfarrerin.Ute Ruf<strong>KoBo</strong> 03/10 5