10.07.2015 Aufrufe

Die Zeitschrift für stud. iur. und junge Juristen - Iurratio

Die Zeitschrift für stud. iur. und junge Juristen - Iurratio

Die Zeitschrift für stud. iur. und junge Juristen - Iurratio

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

FallbearbeitungI. Tatbestand1. objektiver Tatbestanda. Zunächst müsste der Tankwart getäuscht worden sein. Täuschung ist einVerhalten, durch das im Wege der Einwirkung auf das Vorstellungsbild desanderen eine Fehlvorstellung über Tatsachen erzeugt wird. 16 In Betracht kämedie schlüssige, d.h. durch das Verhalten des Täters zum Ausdruck gebrachteTäuschung des Tankwarts über die Zahlungswilligkeit des F. 17 Jedoch sind sowohldie Einwirkung durch den Täter als auch die Fehlvorstellung des Opfersvorliegend ausgeschlossen, da T vor Beginn des Tankvorgangs seinen Platzverlässt.Zwischenergebnis: F hat sich nicht des Betrugs gem. § 263 Abs. 1 StGB strafbargemacht.B. Strafbarkeit gem. § 242 Abs. 1 StGB (<strong>Die</strong>bstahl des Benzins)Durch dieselbe Handlung könnte sich F allerdings des <strong>Die</strong>bstahls des Benzinsgem. § 242 Abs. 1 StGB strafbar gemacht haben.I. Tatbestand1. objektiver Tatbestanda. Benzin ist als körperlicher Gegenstand im Sinne des § 90 BGB eine Sachegem. § 242 StGB. <strong>Die</strong> Sachqualität bestimmt sich unabhängig vom Aggregatzustand.Fremd ist die Sache, wenn sie wenigstens auch einem anderen als demTäter gehört. 18 Das Benzin stand ursprünglich im Eigentum des Tankstelleninhabers,ist also fremd. Fraglich ist aber, ob mit dem Einfüllen des Benzinsin den Tank des Pkw des F bereits eine Eigentumsübertragung gem. § 929 BGBstattgef<strong>und</strong>en hat, die die Fremdheit der Sache ausschließen würde.aa) Einer Meinung nach ist bereits mit dem Einfüllen die Übertragung desBenzins an den K<strong>und</strong>en vollzogen. 19 Dann wäre F Alleineigentümer <strong>und</strong> dieStrafbarkeit gem. § 242 StGB würde an der mangelnden Fremdheit der Sachescheitern.bb) Laut anderer Ansicht geht erst mit der Zahlung des Kaufpreises dasEigentum über, 20 danach wäre die Sache für F weiterhin fremd.cc) Entgegen der ersten Meinung befinden sich an Tanksäulen regelmäßigHinweise, dass die Ware bis zur vollständigen Bezahlung des Preises imEigentum des Mineralölherstellers bleibt. Ein Eigentumsvorbehalt scheitertjedoch daran, dass der K<strong>und</strong>e nach lebensnaher Auslegung kein Alleineigentum,aber Miteigentum durch Vermischung gem. § 948 Abs. 1 BGB, erwirbt,sodass im Ergebnis der zweiten Meinung zu folgen ist <strong>und</strong> der Tankinhalt fürF eine fremde bewegliche Sache bleibt.b. Problematisch ist, ob auch eine Wegnahme anzunehmen ist. Wegnahme istder Bruch fremden <strong>und</strong> die Begründung neuen, nicht notwendigerweise tätereigenenGewahrsams. 21 Mit dem Einfüllen des Benzins in den Tank hat Fden bisherigen Gewahrsam des T am Benzin aufgehoben. Fraglich ist, ob derGewahrsam auch „gebrochen“ wurde. Der Gewahrsam wird gebrochen, wennder Gewahrsamswechsel ohne Willen des Berechtigten erfolgt. Wer Tanksäulenzur Selbstbedienung bereitstellt, erklärt sein Einverständnis mit dieserGewahrsamsverschiebung, wenngleich er sich sein Miteigentum vorbehält. 22Fraglich ist daher, ob dieses Einverständnis von der Bedingung der Zahlungswilligkeit<strong>und</strong> –fähigkeit des K<strong>und</strong>en abhängig gemacht werden kann.aa) Laut der ersten Ansicht kann das Einverständnis hiervon abhängig gemachtwerden, 23 demnach würde die Handlung des F den Tatbestand derWegnahme erfüllen.bb) Nach der Gegenmeinung ist eine solche Bedingung nicht möglich, sonderndurch Aufstellen der Tanksäulen zur Selbstbedienung wird ein generellesEinverständnis mit der Gewahrsamsübertragung konkludent erklärt. 24cc) Das Einverständnis ist als Ausdruck des natürlichen Willens „bedingungsfeindlich“,hinzu tritt, dass bei einem automatisierten Tankvorgang der Kraftstoffals freigegeben angesehen werden muss, solange der Tankautomat äußerlichordnungsgemäß bedient wird. 25 Im Ergebnis ist der zweiten Meinung zu folgen.Zwischenergebnis: F hat sich nicht des <strong>Die</strong>bstahls gem. § 242 Abs. 1 StGBstrafbar gemacht als er tankte, ohne das Benzin auch zu bezahlen.C. Strafbarkeit gem. § 246 Abs. 1 StGBI.Tatbestand1. objektiver Tatbestanda. Beim Benzin handelt es sich um eine fremde bewegliche Sache, § 90 BGB. 26b. Darüber hinaus müsste F sich das Benzin zugeeignet haben. Erforderlich istdazu subjektiv Zueignungswille, der objektiv manifestiert worden sein muss.F wollte sich das Benzin selbst zueignen, mit Verlassen des Geländes derTankstelle manifestiert sich der Wille, sich den Inhalt des Tanks zuzueignen,auch objektiv. <strong>Die</strong>se Zueignung ist aufgr<strong>und</strong> des bleibenden Miteigentumsdes Tankstelleninhabers auch objektiv rechtswidrig.2. subjektiver Tatbestand/ II. Rechtswidrigkeit/ III. SchuldF handelte vorsätzlich, ebenso wie rechtswidrig <strong>und</strong> schuldhaft.IV. Strafantrag, § 248a StGBEin bei der Unterschlagung geringwertiger Sachen erforderlicher Strafantragist gestellt.Ergebnis: Im zweiten Tatkomplex hat sich F der Unterschlagung des Benzinsgem. § 246 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.10LK-Ruß § 248b Rn. 3; Joecks § 248b Rn. 6.11Tröndle/Fischer, § 248b Rn. 6, Rengier BT 1 § 6 III, Krey/Hellmann BT 2, § 1 VI.12BGHSt 11, 47, 50; NK-Kindhäuser § 248b Rn. 5; Wessels/HillenkampBT 2 Rn. 398; LK-Ruß § 248b Rn. 4.13Schönke/Schröder-Eser § 248b Rn. 4a; SK-Hoyer § 248b Rn. 12 ff.;MüKo-Hohmann § 248 b Rn. 18; Franke NJW 1974, 1803.14BGHSt 11, 47, 50; vgl. ebenso BGH GA 1960, 182; OLG Schleswig NStZ1990, 340.15sog. Tatbestandslösung: BGHSt 14, 386, 388, a. A. Konkurrenzlösung,NK-Kindhäuser § 248 b Rn. 13, wonach §§ 242, 246 als notwendige Begleittatdes unbefugten Kraftfahrzeuggebrauchs von § 248b konsumiert werden.16Schönke/Schröder-Perron § 263 Rn. 6.17OLG Köln, NJW 2002, 1059.18BGHSt 6, 377; Joecks vor § 242 Rn. 9, SK-Hoyer § 242 Rn. 3 ff.19OLG Düsseldorf, NStZ 1982, 249.20OLG Koblenz NStZ-RR 1998, 364.21Tröndle/Fischer, § 242 Rn. 16, Joecks § 242 Rn. 10.22Joecks § 242 Rn. 41.23Mitsch BT 2/1 § 2 Rn. 12; Wessels/Hillenkamp, BT 2 Rn. 184.24BGH NJW 1983, 2827 ff.; Schönke/Schröder-Eser § 242 Rn. 36; RengierBT 1 § 2 Rn. 35, MüKo-Schmitz § 242 Rn. 92.25OLG Köln NJW 2002, 1059.26s.o. unter B. I. 1. a. mit weiteren Nachweisen.<strong>Iurratio</strong>Ausgabe 3 / 2010155

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!