Die aktuelle Ausgabe als PDF - Pressident
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Nervenkitzel<br />
Offshore<br />
<strong>Die</strong> Arbeiter auf einem Offshore-Windpark in<br />
der Nordsee haben sich einen der härtesten<br />
und anstrengendsten Berufe ausgewählt. Warum<br />
bloß?<br />
Der erste Besuch wurde abgesagt. Zu<br />
hoher Wellengang. Erst beim zweiten<br />
Anlauf legt der Katamaran des Helgoländer<br />
Fährunternehmens mit Kurs Alpha<br />
Ventus, Deutschlands erstem Windpark<br />
in der Nordsee, einem sogenannten Offshore-Windpark,<br />
ab. <strong>Die</strong> Sonne strahlt<br />
aus voller Kraft auf das rot-grüne Deck<br />
des Schiffes, das einige Ingenieure, Investoren<br />
aus der Wirtschaft, Touristen und<br />
Journalisten – darunter 16 Mitarbeiter<br />
einer chinesischen Nachrichtenagentur –<br />
zu Alpha Ventus chauffieren soll. Denn<br />
die Hamburger Landungsbrücken sind<br />
heute mehr <strong>als</strong> ein beliebtes Ausflugsziel.<br />
Sie sind Anlaufstelle, sie sind Treffpunkt.<br />
Für Väter, die Tochter und Sohn ihren<br />
Arbeitsplatz zeigen wollen. Für Angeber,<br />
die vielleicht schon morgen fragen werden:<br />
“Habt ihr jem<strong>als</strong> einen Offshore-<br />
Windpark besichtigt?”. Für Rentner, die<br />
das Hamburger Standard-Touristenprogramm<br />
schon rauf- und runtergebetet<br />
haben.<br />
<strong>Die</strong> Reise zu Alpha Ventus ist keine gewöhnliche<br />
und man tut nicht schlecht daran<br />
dem Wort “Reise” das Attribut “Zeit”<br />
voranzustellen. Der Trip ist ein Weg aus<br />
der Vergangenheit in die Zukunft, ein<br />
Weg von alt zu neu. Kurz bevor der Katamaran<br />
in Cuxhaven noch einen Zwischenstopp<br />
macht, gehen die Blicke nach<br />
rechts. Zum Kernkraftwerk in Brokdorf.<br />
Text TH<br />
Auch die mittlerweile abgeschalteten<br />
AKWs in Stade und Brunsbüttel passieren<br />
wir im Laufe der Reise. Deren Betreiber<br />
werden nicht gerne hören, was an<br />
Bord des Schiffes manch ein Verfechter<br />
der Erneuerbaren Energien jetzt gerade<br />
denken wird. Denn unser Ziel geht in die<br />
Zukunft. Windenergie auf der See soll<br />
den Löwenanteil eines Energie-Mix aus<br />
erneuerbaren Energien in Deutschland<br />
ausmachen. Irgendwann einmal. Wenn<br />
das Problem gelöst ist, wie all der Strom<br />
zum Festland kommt und wenn das Problem<br />
gelöst ist, wie die Strommengen<br />
quer durchs Land kommen und wenn das<br />
Problem gelöst ist, wer das alles bezahlt.<br />
Dann.<br />
Alpha Ventus wird zu dem Zeitpunkt in<br />
seiner heutigen Form aber schon längst<br />
wieder von der Bildfläche verschwunden<br />
sein. Als Forschungseinrichtung installiert<br />
werden in vermutlich spätestens<br />
zwanzig Jahren die Krafträder ab- oder<br />
neugebaut werden. Schon längst ist der<br />
Windpark nicht mehr der Größte seiner<br />
Art. Zwölf Windturbinen mit einer Leistung<br />
von je fünf Megawatt wurden 45 Kilometer<br />
nördlich der Insel Borkum errichtet.<br />
Nachfolge-Windparks wie „BARD 1“,<br />
rund 100 Kilometer vor Borkum, weisen<br />
eine stolze Anzahl von 80 Turbinen auf.<br />
Trotzdem reichen allein die zwölf Turbinen<br />
aus, um bis zu 50.000 Haushalte auf<br />
03/2012 <strong>Pressident</strong> | 33<br />
Foto: Stiftung Offshore Windenergie