SICHERHEIT UND FRIEDENSETHIKVon links: Felix Bläsius, Senior der Arminia zu Bonn und Moderator derFragerunde, General a.D. Egon Ramms hören dem Fragesteller aufmerksam zuKeine Waffen für Syriens DschihadistenDie Key-Note-Speech oblag Dr.Guido Westerwelle MdB (FDP),dem Bundesminister des Auswärtigen.Bei seiner Ansprache (Bild 1)verteidigte er den Kurs der Bundesregierung,auch weiterhin keine Waffenan die syrische Opposition zu liefern,denn niemand könne garantieren,dass die Waffen nicht an Dschihadistenoder Terroristen geraten, diedamit wiederum das angrenzende Isobwohlder militärische Anteil derinternationalen Hilfe nur 20 bis 30Prozent betrage, stünde dieser ständigim Fokus der Berichterstattungund die 70 bis 80 Prozent der zivilenUnterstützung fände kaum Beachtung.Anscheinend seien Schlagzeilen ausdem Bereich des Verteidigungsministeriumsbesser zu verkaufen als Berichteaus dem Ministerium für wirtschaftlicheZusammenarbeit, schlossder Redner aus der Tatsache.An den positiven Dingen, die imersten Petersberger Abkommen „abgearbeitet“wurden, sei zu verzeichnen,dass nun in Afghanistan 8 MillionenSchüler sich auf das Lebenvorbereiteten, darunter 2,1 MillionenMädchen. Diese jungen Menschenwollten in der überwiegenden Mehrheitvon fast 90 % nicht die Rückkehrder Taliban, erklärte der Rednerseinen Zuhörern. Dieser Wiederaufbauvon der Verwaltung her, überden Aufbau der Justiz genauso wieden Aufbau eines funktionierendenGesundheitswesens sei nun mal einegesamtstaatliche Angelegenheit, dienicht nur auf die Sicherheitslage reduziertwerden sollte. Alle Staatenaber auch alle Unterorganisationender Vereinten Nationen wie Flüchtlingshilfswerk,Kinderhilfswerk etc.müssten ihren Beitrag dazu leisten,führte Ramms aus.Der ehemalige General führteweiter aus, dass die zweite PetersbergerKonferenz den Zeitraum bis2024 abdecken würde, deshalb habedie NATO auch schon 2006 von einerRückverlegung der Kräfte gesprochenund nicht vom Abzug allerKräfte. Auch nach 2014 werde eseine Mission in Afghanistan geben,die mit Sicherheitsaufgaben betrautsein werde und die zur Durchführungihrer Aufgabe ein robustes Mandatbräuchte, erklärte Ramms seinenZuhörern. Dieses robuste Mandat seiunbedingt notwendig, bewege sichdoch der Kampf gegen fanatisierteTaliban im rechtsfreien Raum wie dieSelbstmordattentate und die verstecktenSprengstofffallen zeigen würden.Da es durch den vorzeitigen Abzugzu Unsicherheiten gekommen wäre,häuften sich die Anschläge und sicherheitsrelevantenZwischenfälle,um den nachgebenden westlichen Nationenden Mut zu nehmen, ihre bishererrungenen Erfolge zu sichern. Dabeistelle die afghanische Bevölkerungdie Frage „Bleibt Ihr?“ nicht nur wegender befürchteten Rache der dannwieder erstarkenden radikalen Taliban,sondern weil diese jungen Menschenkeine Krieg wollten, sie wolltenLeben, Familien gründen, arbeiten.Dabei dürfe man sie nicht allein lassen.Deutschland habe Verantwortungübernommen und müsse auch nach2014 dazu stehen. Man müsse allestun, um diese Jugend zu gewinnenund zu fördern und das in sicheremUmfeld. Dazu gehöre selbstverständlichauch wirtschaftliches Wachstum,um Arbeitsplätze und Stabilität zu gewährleisten,schloss der Redner denVortrag und stellte sich danach den interessiertenFragen der Zuhörer nachDetails (Bild 2). ❏(Text und Fotos: Bertram Bastian)Nürnberger Sicherheitstagung 20. bis 21.Juni 2013Am 20. bis 21. Juni 2013 fandim Marmorsaal des PresseclubsNürnberg die Sicherheitstagung 2013statt. Die komplett ausgebuchte Veranstaltungwar mit hochrangigen Referentenbestückt und wurde in zweiBlöcken vermittelt. Während am 20.Juni die Frage im Mittelpunkt stand:„Brauchen wir eine neue EuropäischeSicherheitsarchitektur? – Konsequenzenaus den Deutschen Erfahrungenmit Auslandseinsätzen“ wurde amVON RAINER ZINK21. Juni der Themenkomplex „Weiterentwicklungder gemeinsamen Außen-und Sicherheitspolitik der EU“behandelt. Die Begrüßung wurde vonGisela Bock, Friedrich Naumann-Stiftungfür die Freiheit/Thomas-Dehler-Stiftung durchgeführt, das Grußwortwurde vom Chefredakteur der NürnbergerZeitung, Raimund Kirch vorgenommen,die Einführung übernahmder Tagungsleiter Joachim Spatz MdB(FDP).8 AUFTRAG <strong>291</strong> • SEPTEMBER 2013
SICHERHEIT UND FRIEDENSETHIKrael bedrohen könnten. Der Außenministersieht in dieser Angelegenheiteine politische Lösung einem militärischenEingreifen vor. „Es gebeeine Reihe ziviler Möglichkeiten, dieOpposition zu unterstützen, von derBäckerei bis zur Schule“, betonteWesterwelle und er bezeichnete dieLage in Syrien als „bestürzend“. Inder Rede des US-Präsidenten BarackObama am Tag zuvor vor dem BrandenburgerTor hat Westerwelle keinenHinweis erkannt, dass die USA sichvon Europa abwenden würde, sonderneher das Gegenteil festgestellt.Das geplante transatlantische Freihandelsabkommenwerde außerdemUSA und Europa enger verbindenund dies sei auch notwendig, da dieWelt sich derzeit in einem Umbruchbefinde. Vor diesem Hintergrund gehees nicht nur um eine Sicherheitsarchitekturfür Europa, sondern für dieganze Welt.Erfahrungen aus AuslandseinsätzenIm Block 1 wurden durch Privatdozent(PD) Dr. Markus Kaim,dem Forschungsgruppenleiter beider Stiftung Wissenschaft und Politik(SWP), Berlin sowie Dr. AlmutWieland-Karimi, der Direktorin desZentrums für internationale Friedenseinsätze(ZIF), Berlin die theoretischenGrundlagen vermittelt.Insgesamt kann Deutschland nach20 Jahren Auslandseinsätze auf einebeachtliche Bilanz und Erfahrungenim Bereich der out-of-area-Missionenblicken. Im zweiten Block mitden Erfahrungen aus der Praxis referierteGeneralmajor Erhard Drews,der Amtschef im Amt für Heeresentwicklung,Köln.Im Anschluss daran fand einePodiumsdiskussion statt, in dem sich(von rechts im Bild 2) GeneralmajorDrews, Winfried Nachtweih MdBa.D., Sicherheitspolitiker Bündnis 90/Die Grünen, Bernd Mützelberg, Botschaftera.D., ehemaliger Sonderbe<strong>auftrag</strong>terfür Afghanistan und Pakistanund Marco Seliger, Chefredakteurder Zeitschrift loyal auf dem Podiumzur Verfügung stellten. Die Moderationlag in den Händen von Generalleutnanta.D. Heinz Marzi.Nach dieser angeregten Diskussiondurften die Besucher dieser Tagungein weiteres Grußwort hören,AUFTRAG <strong>291</strong> • SEPTEMBER 2013jetzt durch den Oberbürgermeisterder Stadt Nürnberg, Dr. Ulrich Maly.AFestliches Abendessenb 20.00 Uhr versammelten sichdie Teilnehmer der Sicherheitstagungim Historischen Rathaussaal derStadt Nürnberg, um dort den Kurzvortragvon S.E. Dan Mulhall, Botschaftervon Irland in der BundesrepublikDeutschland und die längere Rede vonPetras Austrevicius MP, dem StellvertretendenParlamentspräsident derRepublik Litauen und Mitglied desAuswärtigen Ausschusses anzuhören.Bei einem anschließenden ausgezeichnetenfestlichen Abendessenund guten Gesprächen endete diesererste Tag gegen 23.00 Uhr.Weiterentwicklung der gemeinsamenAußen- und Sicherheitspolitik der EUAuch hier sollte dieser Themenkomplexwieder in zwei Blöckenstattfinden, im Block 1 wurde die„Entwicklung der Gemeinsamen Außen-und Sicherheitspolitik (GASP)und der Gemeinsamen SicherheitsundVerteidigungspolitik (GSVP) imSpannungsfeld zwischen Intergouvernementalismusund <strong>Gemeinschaft</strong>smethode“behandelt. Das Einführungsreferathielt Prof. Dr. JohannesVarvick, Professor für InternationaleBeziehungen und europäische Politikan der Universität Halle-Wittenberg.Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitikder EUIn seinem Vortrag erläuterte Varvick,Europa sei wieder einmal mitsich selbst beschäftigt und dabei seienstrategische Fragen wie die Notwendigkeiteiner wirklichen gemeinsamenAußen- und Sicherheitspolitikder EU zunehmend aus dem Blickgeraten. Die europäische Integrationim Rahmen der EG und heute der EUsei seit ihren ersten Schritten eine Sicherheitsgemeinschaftim doppeltenSinne gewesen: „Sicherheit voreinander“durch Integration auf wirtschaftlichemund politischem Gebiet und„Sicherheit miteinander“ vor äußerenBedrohungen durch Kooperationin außen-, sicherheits- und verteidigungspolitischenFragen. Die Problematikder „Sicherheit voreinander“könne mit dem hohen Grad an ökonomischer,politischer und militärischerVerflechtung innerhalb der EU als gelöstbetrachtet werden. Es sei kaumvorstellbar, dass ein Mitgliedsstaatder EU erneut zu einer militärischenBedrohung für einen anderen Mitgliedsstaatwerde. „Krieg als Mittelder Politik ist also im Binnenverhältnisder EU de jure und de facto undenkbargeworden“, so Varvick. Erstwenn insbesondere die großen Drei,Deutschland, Frankreich und Großbritannien,sich einigen, könnten hierwieder substantielle Fortschritte füreine gemeinsame Außen-, Sicherheits-und Verteidigungspolitik erwartetwerden, erwähnte der Professor.Zu anspruchsvollen Operationenwie etwa Kosovo, Libyen oder Malisei die EU aber ohne Unterstützungder USA weiterhin nicht in der Lageund die Auswirkungen der Finanzkriseund der damit verbundene Druckzu radikalen Einschnitten in die Verteidigungshaushaltedürften diesenBefund auch auf längere Sicht gültighalten. Ferner habe die GSVP bisheute eine geringe Bedeutung fürdie internationale Sicherheit: Auchals Organisationsrahmen für militärischeOperationen und zivile Missionenspiele die GSVP eine unwesentlicheRolle. „Bedeutsame Operationenwie Libyen und Mali findenohne Beteiligung der GSVP-Strukturenstatt, vielmehr übernimmt hierein EU-Mitgliedstaat die Initiativeund Führung und schafft es, eine Koalitionder Willigen zu formen. Dieseleisten dann nach ihrer jeweiligenInteressenslage Beiträge in Form vonRessourcen, <strong>Soldaten</strong> oder Logistik“,betonte Varvick.Weiterentwicklung der GemeinsamenDAußen- und Sicherheitspolitikie Staats- und Regierungschefswerden sich auf dem Dezember-Treffendes Europäischen Ratsmit der GASP der EU befassen. DieEU hat sich mit einer Vielzahl zivilerund militärischer Missionenzu einem Akteur im internationalenKrisenmanagement entwickelt;Deutschland ist auf vielfältige Weiseim Rahmen der GASP engagiert.Am Ende seines Vortrags stellte sichder Professor die Frage: Wie kann esnun weitergehen und kann der Dezembergipfelzur GASP Verbesserungenbringen?9