J A H R E S B E R I C H T 2007 / 2008 - Wilhelm-Löhe-Schule
J A H R E S B E R I C H T 2007 / 2008 - Wilhelm-Löhe-Schule
J A H R E S B E R I C H T 2007 / 2008 - Wilhelm-Löhe-Schule
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RÜCKBLICK<br />
ren vorbehalten. Es fällt mir allerdings nicht leicht, mich zu<br />
lösen von der Fülle der Erinnerungen an eine sechzehneinhalbjährige<br />
Dienstzeit, in der mir bereichernde Begegnungen<br />
in großer Zahl geschenkt worden sind. Es sind die guten, Hoffnung<br />
weckenden Erfahrungen, die weit überwiegen und zu<br />
jeder Zeit die mit einer Leitungsaufgabe unvermeidlich verbundenen<br />
unpopulären und für Betroffene unerfreulichen Entscheidungen<br />
als vertretbar und sinnvoll erleben ließen. „Miteinander<br />
leben, lernen und glauben im Spielraum<br />
christlicher Freiheit“. Mit diesem Motto haben wir unser Verständnis<br />
von Schulleben beschrieben. Dankbar erinnere ich<br />
mich an eine Vielzahl von Gelegenheiten, bei denen dieses<br />
Miteinander nicht nur proklamierte Idealvorstellung geblieben,<br />
sondern eben auch zur erfahrbaren Wirklichkeit geworden ist.<br />
Als Segen habe ich es erlebt, dass aus Mitarbeiter-Beziehungen<br />
Freundschaften entstanden und dass Schüler und Eltern mir<br />
nicht als Gegner sondern als Partner begegnet sind! Vieles<br />
habe ich im Laufe der Jahre in dieser <strong>Schule</strong> und über diese<br />
<strong>Schule</strong> gelernt. Einige elementare Erfahrungen und Einsichten<br />
seien hier kurz angesprochen:<br />
Die <strong>Wilhelm</strong>-<strong>Löhe</strong>-<strong>Schule</strong><br />
als die ganz besondere Gesamtschule<br />
Jenseits aller (ziemlich unsinnigen) ideologischen Streitigkeiten<br />
zwischen Vertretern einer reinen Einheits- und Gesamtschule<br />
und den Befürwortern des gegliederten Schulwesens<br />
kann man feststellen, dass sich die für unser Haus charakteristische<br />
Form der kooperativen Gesamtschule uneingeschränkt<br />
bewährt hat. Sie ermöglicht eine Begabungs- und Leistungsdifferenzierung<br />
und verhindert zugleich durch die Vielzahl der<br />
Übergangsmöglichkeiten zwischen den Schularten die vorschnelle<br />
Festlegung auf nicht mehr revidierbare Schullaufbahnen.<br />
So ist es kein Zufall, dass die EKD-Studie zur Leistungsfähigkeit<br />
evangelischer <strong>Schule</strong>n (Standfest, Köller,<br />
Scheunpflug: leben–lernen–glauben. Zur Qualität evangelischer<br />
<strong>Schule</strong>n. Eine empirische Untersuchung über die Leistungsfähigkeit<br />
von <strong>Schule</strong>n in evangelischer Trägerschaft) im<br />
Blick auf die – für sinnvoll und notwendig erachtete – Gründung<br />
weiterer evangelischer <strong>Schule</strong>n auf das Vorbild unserer<br />
<strong>Schule</strong> mit ihrem kooperativ-gesamt-schulischen Profil verweist.<br />
Mit Freude und großer Genugtuung konnten wir dieser<br />
Studie auch entnehmen, dass unser Haus gerade als Gesamtschule<br />
Bestnoten erhielt. Wir sehen uns bestätigt und bestärkt<br />
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in unserem Bemühen, eine <strong>Schule</strong> für (fast) alle zu sein. Für<br />
fast alle, weil wir uns natürlich nicht anmaßen, jedem speziellen<br />
Förderbedarf bei ausgeprägten physischen oder psychischen<br />
Behinderungen gerecht werden zu können. Für alle<br />
jedoch, die in der Lage sind oder dazu befähigt werden können,<br />
einen regulären Hauptschulabschluss bzw. auf direktem<br />
Wege (Gymnasium) oder über Zwischenstationen (M-Klassen<br />
der Hauptschule, Realschule, Fachoberschule) eine Zugangsberechtigung<br />
zum Hochschulstudium zu erwerben, steht unsere<br />
<strong>Schule</strong> grundsätzlich offen. Die <strong>Wilhelm</strong>-<strong>Löhe</strong>-<strong>Schule</strong> versteht<br />
sich als <strong>Schule</strong> für (fast) alle – allerdings nicht für jeden. Diese<br />
Einschränkung darf nicht als elitäre Abgrenzung verstanden<br />
werden. Sie trägt einerseits dem besonderen Profil unseres<br />
Hauses als evangelischer <strong>Schule</strong> Rechnung, die von ihren<br />
Schülern und deren Eltern erwartet, dass sie sich mit Bildung<br />
und Erziehung im Geist des Evangeliums identifizieren können.<br />
Zum andern müssen wir uns nach wie vor mit den<br />
beschränkten Aufnahmekapazitäten abfinden, die uns nötigen,<br />
Jahr für Jahr einen erheblichen Prozentsatz der Bewerber<br />
abzuweisen.<br />
Die <strong>Wilhelm</strong>-<strong>Löhe</strong>-<strong>Schule</strong> als Lebensraum und<br />
Lebensgemeinschaft – auf Zeit<br />
Es ist eine Tatsache, dass unsere Schülerinnen und Schüler<br />
zuweilen deutlich mehr Zeit in der <strong>Schule</strong> zubringen als zu<br />
Hause. In höheren Klassen können sie sich hinsichtlich der<br />
Verweildauer am „Arbeitsplatz“ durchaus mit manchem<br />
Arbeitnehmer messen. Man mag diese Entwicklung zu vermehrtem<br />
Nachmittagsunterricht beklagen. Sie kann vielleicht<br />
auch in Einzelfällen korrigiert werden. Generell rückgängig<br />
gemacht werden kann sie nicht – so wenig wie etwa die Schulzeitverkürzung<br />
am Gymnasium wieder aufgehoben werden<br />
könnte, die dort zu besonders eklatanten Mehrbelastungen<br />
geführt hat. Eine in unseren Augen zwingende Konsequenz aus<br />
der hier kurz skizzierten Situation kann man sehr lapidar formulieren:<br />
Wenn junge Menschen schon so viel Zeit – Lebenszeit<br />
– im Raum der <strong>Schule</strong> zubringen, dann muss hierfür auch<br />
die Lebensqualität stimmen. Wir reden heute gerne vom<br />
‚Lebensraum <strong>Schule</strong>’ und beschreiben damit eine sehr<br />
anspruchsvolle Zielvorstellung unserer Aufgabe als Lehrer und<br />
Erzieher. <strong>Schule</strong>, die mehr sein soll als ‚Lehranstalt’, muss sich<br />
immer neu als Erfahrungs und Begegnungsfeld für den ‚Ernstfall<br />
Leben’ bewähren: Für Lernerfahrungen, für Erfahrungen