J A H R E S B E R I C H T 2007 / 2008 - Wilhelm-Löhe-Schule
J A H R E S B E R I C H T 2007 / 2008 - Wilhelm-Löhe-Schule
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die Römer im Gegensatz zu den Griechen ein Volk der Bauern<br />
und später der Krieger waren, denn es brauchte lange, bis sie<br />
sich an solche weichen Künste wagten. Im 1. Jh. v. Chr. wurde<br />
das Singen und Tanzen bei Frauen als lasziv und für die höhere<br />
Gesellschaft nicht passend betrachtet, was sich in der Kaiserzeit<br />
rasch änderte.<br />
Handwerkliches und schriftstellerisches Geschick erforderte die<br />
Arbeit über „Das römische Haus“, denn verlangt war neben der<br />
Beschreibung einer Villa auch ein Modell. Der römische Architekt<br />
Vitruv hat in seinen zehn Büchern „de architectura“ beispielsweise<br />
genau beschrieben, in welche Himmelsrichtung ein<br />
jedes Zimmer eines Hauses weisen soll und weshalb. So sollen<br />
Bäder nach Südwesten liegen, um die Abendsonne einzufangen<br />
und sich zu erwärmen, während Bibliotheken nach Osten hin<br />
auszurichten sind, damit die Morgensonne in das Zimmer<br />
scheint und die Büchern nicht zu modern beginnen. Dazu wurde<br />
auch ein maßstabsgetreues Modell aus Sperrholz mit abnehmbaren<br />
Dächern und einschaubaren Wänden angefertigt, welches<br />
in der Bücherei der <strong>Löhe</strong>-<strong>Schule</strong> zu bewundern ist.<br />
Die lateinische Übersetzung des Werkes über „Gynäkologie“, das<br />
der griechische Arzt Soranus für Hebammen geschrieben hat,<br />
um die Ausbildung zu verbessern und Säuglingssterblichkeit zu<br />
vermindern, bildete die Grundlage für eine Arbeit über die<br />
„Abtreibung im alten Rom und in der Gegenwart“. Deshalb ist<br />
das Werk auch meist nur in den medizinischen Abteilungen von<br />
Unibibliotheken vorhanden. Soranus zeigt, dass Verhütung und<br />
Abtreibung in der Antike ein äußerst brisantes Thema war, hatte<br />
doch der Vater durch die „patria potestas“ das Recht über Leben<br />
und Tod seiner Kinder, ging die Frau doch nach der Ehe aus der<br />
Gewalt ihres Vaters in die Gewalt ihres Mannes über. Der Arzt<br />
geht auch auf verschiedene Indikationen ein, denn Abtreibungen<br />
sollen nicht vorgenommen werden um einen Ehebruch zu<br />
vertuschen oder aus Profitgründen, bei Krankheiten aber und<br />
etwaigen Problemen für Mutter und Kind durch die Geburt ist<br />
eine Abtreibung gestattet.<br />
Dass Französisch als romanische Sprache etwas mit Latein zu<br />
tun hat, verdeutlichte die Arbeit über eines der ersten sprachlichen<br />
Denkmäler in Französisch, die „Straßburger Eide“. Das in<br />
der <strong>Schule</strong> zu lernende oder gelernte, komplizierte Latein wurde<br />
nicht so gesprochen, es gab eine Art Umgangssprache, den<br />
sermo urbanus, der sich durch Vereinfachungen und auch<br />
grammatische Fehler von der Schriftsprache des klassischen<br />
Latein unterschied. Händler und Soldaten werden dann in den<br />
westlichen Provinzen wie Gallien (Eroberung durch Caesar ab<br />
58 v. Chr.) noch gewöhnlicher gesprochen haben und dieses<br />
Latein im Gegensatz zu der Schriftsprache an die keltischen<br />
Bewohner weitergegeben haben und diese werden sich daran<br />
gewöhnt haben, denn sie wollten sich mit den römischen Kaufleuten<br />
verständigen können. So ähnlich müssen wir uns die<br />
Entstehung des Französischen vorstellen. Schon in den Komödien<br />
des Plautus sprechen die Sklaven, „wie ihnen der Schnabel<br />
gewachsen ist“. Die vielen Endungen der Konjugationen und<br />
Deklinationen konnten sich nicht durchsetzen, eine Vereinfachung,<br />
z.B. der Wegfall des Neutrums und der des anlautenden<br />
H (siehe romanische Sprachen!), erfolgte. Der Unterschied von<br />
geschriebener und gesprochener Sprache ist ein wichtiger Hinweis<br />
für das Entstehen der modernen Fremdsprachen.<br />
Harald Engel<br />
Das römische Haus<br />
Charlotte Leipziger, K 13<br />
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AUS DEN FACHSCHAFTEN