MBZ Ausgabe 06/2009 - Zahnärztekammer Berlin
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F o r t b i l d u n g<br />
26<br />
Sport- und Freizeitunfälle nehmen zu<br />
Bei Zahnunfällen hilft die Zahnrettungsbox<br />
Trendsportarten sind in; bei Jugendlichen,<br />
Erwachsenen und Kindern. Sie werden immer<br />
schneller, ausgefallener, verrückter, aber auch riskanter. Die<br />
Folge ist eine Zunahme an Sport und Freizeitunfällen. Und<br />
oft werden dabei auch die Zähne in Mitleidenschaft gezogen.<br />
Kommt es zu einer Verletzung der Zähne, ist die Zahnrettungsbox<br />
das ideale Medium zur Aufbewahrung und zum<br />
Transport avulsierter (veraltet auch „exartikulierter“ oder<br />
„totalluxierter“), aber auch frakturierter Zähne. Deshalb<br />
sollte überall dort, wo häufig Zahnunfälle passieren, eine<br />
Zahnrettungsbox vorhanden sein. An dieser Stelle sei darauf<br />
hingewiesen, dass auch in jeder Zahnarztpraxis solch<br />
eine Zahnrettungsbox vorhanden sein sollte.<br />
Die Zahnrettungsbox enthält ein physiologisches Zell<br />
Nährmedium sowie ein komplexes Puffersystem zur Stabilisation<br />
des pHWertes und einen Farbindikator. Dieses garantiert<br />
den Erhalt der Vitalität der Zementoblasten eines<br />
avulsierten Zahnes über mindestens 24 Stunden. Sinkt der<br />
pHWert in zelltoxische Bereiche (< pH 6), färbt sich die<br />
rosafarbene Flüssigkeit gelb. Muss der avulsierte Zahn im<br />
Fall eines Polytraumas länger extraoral aufbewahrt werden,<br />
kann der Zahn nach 24 Stunden in eine neue Zahnrettungsbox<br />
gelegt werden. So ist eine Lagerung von bis zu 48 Stunden<br />
möglich. Die Zahnrettungsbox ist drei Jahre haltbar.<br />
Wie aber muss der Zahnarzt praktisch verfahren, wenn sich<br />
ein Patient nach einem Unfall mit einem avulsierten Zahn<br />
oder einem Zahnfragment in einer Zahnrettungsbox in der<br />
Praxis vorstellt? Dr. Grit Czapla sprach darüber mit Dr.<br />
JanHendrik Lenz, Oberarzt an der Klinik und Poliklinik<br />
für Mund, Kiefer und Plastische Gesichtschirurgie sowie<br />
mit PD Dr. Dieter Pahncke, Oberarzt an der Poliklinik für<br />
Zahnerhaltung der Universität Rostock.<br />
Herr Dr. Pahncke, ein Patient kommt mit einem Frontzahnfragment<br />
in einer Zahnrettungsbox in die Praxis kommt.<br />
Wie sollte der Zahnarzt in diesem Fall vorgehen?<br />
PD Dr. Pahncke: Zunächst einmal sollte der Zahnarzt feststellen,<br />
in welcher Situation sich der Restzahn befindet<br />
und um welche Art des Traumas es sich handelt. Ist es eine<br />
Fraktur ohne Komplikation, also ohne Eröffnung der Pulpa,<br />
kann er das Fragment wieder befestigen. Liegt die Frakturstelle<br />
knapp oberhalb der Pulpa, sollte eine indirekte Überkappung<br />
erfolgen.<br />
Wie ist die genaue Vorgehensweise bei der Wiederbefestigung?<br />
PD Dr. Pahncke: Das Anlegen eines Kofferdams ist zwar<br />
<strong>MBZ</strong> Heft 6 <strong>2009</strong><br />
nicht zwingend notwendig, jedoch dringend zu empfehlen.<br />
Wurde keine Überkappung vorgenommen, kann das Fragment<br />
nach Säuberung mit einer Bürste unter fließendem<br />
Wasser mittels SäureÄtzTechnik wieder befestigt werden.<br />
Die Konditionierung erfolgt nach Angabe des Herstellers<br />
an beiden Bruchflächen, also sowohl am Zahn als auch am<br />
Fragment. Eine vorherige Anschrägung ist nicht erforderlich.<br />
Oft treten allerdings Absplitterungen am Frakturrand<br />
auf. In diesem Fall ist es sinnvoll, von außen eine Schmelzrille<br />
anzulegen, entweder von vestibulär oder von palatinal<br />
oder von beiden Seiten. Zur Konditionierung ziehe ich<br />
Mehrflaschensysteme vor. Die Etch&RinseTechnik scheint<br />
momentan noch besser geeignet als die Anwendung selbstätzender<br />
Adhäsive. Die Befestigung selbst erfolgt dann<br />
mittels dünnfließendem Composite (Flow). Überschussentfernung<br />
und Politur folgen.<br />
Ist die Pulpa zuvor direkt oder indirekt überkappt worden,<br />
muss eine Dentinpräparation vorgenommen werden. Diese<br />
interne Präparation ist notwendig, um Platz für das Überkappungsmaterial<br />
und den Befestigungszement zu schaffen.<br />
PD Dr. Dieter Pahnke<br />
(Oberarzt an der<br />
Poliklinik für Zahnerhaltung<br />
der Universität<br />
Rostock)<br />
Kann ein Fragment auch wiederbefestigt werden, wenn am<br />
Zahn eine Vitalexstirpation erfolgen musste?<br />
PD Dr. Pahncke: Prinzipiell ja, aber es ist natürlich schwieriger.<br />
Wichtig ist, das Fragment während der Dauer der endodontischen<br />
Behandlung feucht zu lagern. Nach erfolgter<br />
Wurzelfüllung muss zunächst die Zugangskavität dicht,<br />
aber ohne Überschuss mit Composite verschlossen werden.<br />
Passt das Fragment nach interner Dentinpräparation, kann<br />
es wieder aufgesetzt werden. Im Anschluss müssen durch<br />
die Präparation der Zugangskavität verlorengegangene Anteile<br />
ersetzt werden.