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MBZ Ausgabe 06/2009 - Zahnärztekammer Berlin

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Muss das Zahnfragment unbedingt in einer Zahnrettungsbox<br />

aufbewahrt werden?<br />

PD Dr. Pahncke: Nein. Es reicht aus, das Fragment feucht zu lagern.<br />

Wasser oder Kochsalzlösung genügen vollkommen.<br />

Was ist zu beachten, wenn das Fragment trocken aufbewahrt<br />

wurde?<br />

PD Dr. Pahncke: Durch die Austrocknung kommt es zum Kollaps<br />

des Kollagengeflechtes. Wurde das Fragment weniger als<br />

eine Stunde trocken aufbewahrt, genügt es, das Fragment für einige<br />

Minuten wieder zu befeuchten. War das Fragment länger<br />

als eine Stunde trocken, sollte es vor der Wiederbefestigung 24<br />

Stunden in Kochsalz lagern.<br />

Wie kann die Wiederbefestigung eines Zahnfragmentes bei gesetzlich<br />

Versicherten abgerechnet werden?<br />

PD Dr. Pahncke: Man kann sie wie Füllungen abrechnen. Ist<br />

die gesamte Schneidekante betroffen, ist das Ansetzen von zwei<br />

vierflächigen Füllungen legitim. Dies entspricht in etwa auch<br />

dem benötigten Zeitaufwand für diese Form der Versorgung.<br />

Herr Dr. Lenz, gesetzt den Fall, ein Patient kommt nach einem<br />

Unfall mit einem avulsierten Frontzahn in einer Zahnrettungsbox<br />

in die Zahnarztpraxis. Wie sollte der Zahnarzt vorgehen?<br />

Dr. Lenz: Nun, zunächst einmal erfolgt die Erhebung der<br />

Anamnese. Besonders wichtig ist dabei die Abprüfung des Tetanusschutzes.<br />

Außerdem sollte gezielt danach gefragt werden,<br />

wann der Unfall passiert ist und wie der Zahn seit dem Unfall<br />

aufbewahrt wurde. Anschließend erfolgen klinische und<br />

Röntgenuntersuchung. Sind keine Begleitverletzungen vorhanden,<br />

kann der Zahn replantiert werden. Dazu wird, wenn vorhanden,<br />

das Koagulum vorsichtig aus der Alveole entfernt.<br />

Sowohl Alveole als auch Zahn werden mit steriler, physiologischer<br />

Kochsalzlösung gespült. Befinden sich festere Schmutzpartikel<br />

auf der Oberfläche des avulsierten Zahnes, können<br />

diese mit einem ebenfalls in Kochsalzlösung getränkten Tupfer<br />

schonend entfernt werden. Danach kann der Zahn wieder<br />

in seine Alveole zurückgesetzt werden. Das sollte nie mit hohem<br />

Kraftaufwand geschehen. Befindet sich der Zahn wieder<br />

in seiner ursprünglichen Position, muss er geschient werden.<br />

Allgemein wird empfohlen, eine sogenannte Drahtbogenklebeschiene<br />

anzubringen, bei der jeweils zwei bis vier nicht gelockerte<br />

Zähne neben dem replantierten miteinbezogen werden.<br />

Alternativ ist auch eine reine Composite­Schienung möglich.<br />

Wichtig ist dabei, dass bei intakter knöcherner Alveole der<br />

Zahn noch eine gewisse Restmobilität aufweist. Sonst könnte<br />

über eine Drucknekrose an der Alveolarwand eine Wurzelresorption<br />

induziert werden. Im Anschluss sollte standardmäßig<br />

eine Röntgenkontrolle erfolgen.<br />

Ist die Gabe eines Antibiotikums nach einer Replantation erforderlich?<br />

Dr. Lenz: Ja. Wir favorisieren die Verordnung eines Penicillins<br />

oder alternativ eines Cephalosporins über fünf Tage.<br />

Diese sind eigentlich in jeder Praxis vorhanden.<br />

Welche Verhaltenshinweise bekommt der Patient mit auf<br />

den Weg?<br />

Dr. Lenz: Der Patient sollte zunächst Schonkost zu sich nehmen<br />

und auf das Abbeißen verzichten. Außerdem sollte<br />

er seine gewohnte Mundhygiene durch Spülung mit einer<br />

Chlorhexidinlösung unterstützen. Des weiteren sind regelmäßige<br />

Kontrolluntersuchungen unabdingbar.<br />

Dr. Jan-Hendrik Lenz,<br />

Oberarzt an der Klinik<br />

und Poliklinik für<br />

Mund-, Kiefer- und<br />

Plastische Gesichtschirurgie<br />

Welche Alternativen gibt es zur Lagerung des avulsierten<br />

Zahnes in einer Zahnrettungsbox?<br />

Dr. Lenz: In der Literatur werden verschiedene Lagerungsmöglichkeiten<br />

kontrovers diskutiert, zum Beispiel die Lagerung<br />

in kalter, ultrahocherhitzter Milch. Es stellt sich ja außerdem<br />

die Frage, was im Notfall tatsächlich verfügbar ist.<br />

Deshalb kann die Aufbewahrung in der eigenen Mundhöhle<br />

durchaus empfohlen werden, vorausgesetzt der Patient ist<br />

bei Bewusstsein. Dies ist weitaus besser, als den Zahn trocken<br />

aufzubewahren. Das optimale Medium ist allerdings<br />

die Zahnrettungsbox.<br />

Sollte ein trocken gelagerter avulsierter Zahn trotzdem replantiert<br />

werden?<br />

Dr. Lenz: Das kommt ganz darauf an, wie lange sich der<br />

Zahn bereits außerhalb des Mundes befindet. Die Obergrenze<br />

für die Replantation eines trocken gelagerten avulsierten<br />

Zahnes wird mit zwei Stunden angegeben. Allerdings<br />

hängt die Entscheidung auch davon ab, wie alt der<br />

Patient ist und in welchem Zustand sich der Zahn befindet.<br />

Bei einem Erwachsenen mit parodontal vorgeschädigtem<br />

Gebiss sollte die Indikation sicher kritisch gestellt werden.<br />

Es gibt aber auch Berichte, dass sehr spät replantierte<br />

Zähne noch lange im Kiefer verbleiben können.<br />

<strong>MBZ</strong> Heft 6 <strong>2009</strong><br />

F o r t b i l d u n g<br />

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