Ausgabe 18 (Saison 2009/2010): TBV Lemgo - Rhein-Neckar Löwen
Ausgabe 18 (Saison 2009/2010): TBV Lemgo - Rhein-Neckar Löwen
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36 Gegner<br />
Das jähe Ende<br />
einer Männerfreundschaft<br />
Nach dem Aus in der Champions-League-Qualifi kation lagen die Nerven blank<br />
Am Dienstag, den 17. November <strong>2009</strong>, erlebte der<br />
<strong>TBV</strong> <strong>Lemgo</strong> eine seiner schwärzesten Stunden in der<br />
heimischen Lipperlandhalle. Wie ein Orkan fegten die<br />
<strong>Rhein</strong>-<strong>Neckar</strong> <strong>Löwen</strong> über ihn hinweg, führten nach<br />
elf Minuten 8:1 und gewannen am Ende 38:22. Für den<br />
Turn- und Ballspielverein von 1911 war es nicht nur die<br />
höchste Heimschlappe, sondern die höchste Niederlage<br />
überhaupt in seiner Bundesliga-Historie. Es war allerdings<br />
ein Tag der Extreme. Bei <strong>Lemgo</strong> klappte nichts,<br />
bei den <strong>Löwen</strong> alles. So groß, wie es der Ausgang dieses<br />
denkwürdigen Spiels vermuten lässt, ist der Kräfteunterschied<br />
zwischen beiden Mannschaften nicht. Einen derartigen<br />
Spaziergang wird es diesmal für die <strong>Löwen</strong> auf<br />
keinen Fall geben – zumal das Team von Trainer Volker<br />
Mudrow mit einer Niederlage endgültig raus wäre aus<br />
dem Rennen um den Champions-League-Platz drei.<br />
Stichwort Champions-<br />
League-Platz drei. In der vergangenen<br />
Spielzeit stritten<br />
<strong>Lemgo</strong> und die <strong>Löwen</strong> lange<br />
um eben diesen Platz. Am<br />
Ende setzten sich die <strong>Löwen</strong><br />
drei Punkte besser durch, der<br />
<strong>TBV</strong> musste in die Qualifi kation<br />
– und schied in León mit<br />
drei Niederlagen gegen den<br />
Gastgeber, Celje und Schaffhausen<br />
sang- und klanglos<br />
aus. Der lustlose Auftritt zum<br />
<strong>Saison</strong>start blieb nicht ohne<br />
Folgen. Es polterte gewaltig<br />
hinter den Kulissen. Die dicke<br />
Männerfreundschaft zwischen<br />
Trainer Markus Baur,<br />
dem Sportlichen Leiter Daniel<br />
Stephan und Geschäftsführer<br />
Volker Zerbe zerbrach.<br />
Sechs Jahre zuvor hatte das<br />
Triumvirat als gefürchtetes<br />
Rückraum-Trio den <strong>TBV</strong><br />
zur Deutschen Meisterschaft<br />
geführt und mit der Nationalmannschaft<br />
2004 EM-Gold<br />
sowie Olympia-Silber geholt.<br />
Als Funktionäre wollten<br />
sie eine neue erfolgreiche<br />
Ära einläuten, doch nach<br />
den verdammten Tagen von<br />
León wurde daraus nichts.<br />
Baur und Stephan wurden<br />
beurlaubt, während sich<br />
Zerbe auf die Suche nach<br />
Nachfolgern machte. „Ich<br />
bin seit 15 Jahren in diesem<br />
Verein und stehe nach der<br />
Entscheidung unter Schock“,<br />
sagte Stephan unmittelbar<br />
nach dem Rausschmiss. Mit<br />
Volker Mudrow wurde als<br />
Baur-Nachfolger ausgerechnet<br />
der Mann verpfl ichtet,<br />
der 2003 an der Seitenlinie<br />
stand, als der <strong>TBV</strong> zuletzt<br />
mit den Spielern Zerbe, Ste-<br />
phan und Baur Deutscher<br />
Meister wurde. Zuvor arbeitete<br />
Mudrow relativ erfolglos<br />
bei der HSG Wetzlar, doch<br />
bei den Ostwestfalen genießt<br />
der Trainer weiterhin einen<br />
glänzenden Ruf. Mit der perfekt<br />
umgesetzten „Schnellen<br />
Mitte“ überrollten Mudrow<br />
und der <strong>TBV</strong> in der Spielzeit<br />
2002/03 den Rest der Liga<br />
und stellten einen Punkterekord<br />
auf (62:6), der erst in<br />
der vergangenen Spielzeit<br />
vom THW Kiel getoppt wurde.<br />
Die Wogen glätteten sich<br />
nur langsam, und nach der<br />
22:38-Klatsche gegen die<br />
<strong>Löwen</strong> im November brannte<br />
im Lipperland förmlich<br />
der Baum.<br />
Dabei ist man in <strong>Lemgo</strong><br />
derartige Aufregung gar<br />
nicht gewöhnt. Bis in die<br />
80er Jahre hinein ging es hier<br />
eigentlich eher ruhig zu. Als<br />
Ballspielverein (BV) <strong>Lemgo</strong><br />
1911 gegründet, fl ogen<br />
erst 13 Jahre später die Bälle<br />
über den Rasen. Das Niveau<br />
war überschaubar, die Spie-<br />
ler rekrutierten sich – wie es<br />
das Gründungsmitglied Fritz<br />
Brenker einmal formulierte<br />
– aus „ausgedienten und kaputten<br />
Fußballern“. Seit dem<br />
Zweiten Weltkrieg tritt der<br />
Klub nach einem Zusammenschluss<br />
mit der „Deutschen<br />
Turnerschaft“ und<br />
dem „Arbeitersportverein“<br />
als <strong>TBV</strong> auf. Nach bescheidenen<br />
Erfolgen im Feldhandball<br />
zeigte die Kurve in der<br />
Halle kontinuierlich nach<br />
oben. Der Aufstieg begann<br />
Ende der 70er Jahre und ist<br />
ganz eng mit einem Namen<br />
verbunden, der bereits die<br />
Historie der benachbarten<br />
Klubs TuS N-Lübbecke und<br />
GWD Minden entscheidend<br />
mitprägte: Herbert Lübking.<br />
Der Tausendsassa hatte eigentlich<br />
seine aktive Karriere<br />
bereits beendet, schnürte<br />
aber 1979/80 – nachdem er<br />
ein Jahr zuvor als Trainer in<br />
<strong>Lemgo</strong> angeheuert hatte –<br />
selbst noch einmal die Stiefel.<br />
Parallel zum Umzug aus der<br />
kleinen Heldmanskamphal-<br />
Meistermacher 2003 und seit dieser <strong>Saison</strong> wieder Chef: Volker Mudrow.<br />
Die <strong>Löwen</strong>-Bilanz<br />
vs. <strong>TBV</strong> <strong>Lemgo</strong><br />
H A<br />
2003/04 29:36 31:40<br />
2005/06 26:31 25:32<br />
2006/07 35:24 31:32<br />
2007/08 32:28 29:25<br />
2008/09 29:29 28:34<br />
<strong>2009</strong>/10 --:-- 38:22<br />
Gesamt 2-1-2<br />
151:148<br />
4-1-6<br />
333:333<br />
2-0-4<br />
<strong>18</strong>2:<strong>18</strong>5<br />
le in die Kreissporthalle auf<br />
dem Lüttfeld (der heutigen<br />
Lipperlandhalle) marschierte<br />
der <strong>TBV</strong> durch die Spielklassen<br />
und war 1981/82 in<br />
der neugegründeten 2. Bundesliga<br />
Nord am Start, als<br />
allerdings erst am letzten<br />
Spieltag beim SV Grunewald<br />
der Klassenerhalt gelang – es<br />
war Lübkings defi nitiv letzter<br />
Einsatz.<br />
Sein Nachfolger wurde<br />
Horst Bredemeier – wie<br />
Lübking im 50 Kilometer<br />
entfernten Mindener Stadtteil<br />
Dankersen geboren. Ein