Geliebtes Bier vom Niederrhein - TOP-Magazin Niederrhein

TOP PEOPLE
046 TOP
Die Rallye ist gelaufen, alles hat geklappt
und alle Lasten fallen von Veranstalter
und Organisator ab. Erst jetzt konnten
wir einen Interviewtermin mit dem
Macher erreichen und das ist nur all zu
verständlich. Die Rallye ist ein logistischer
und organisatorischer Aufwand,
den man nicht unterschätzen sollte. Ich
bewege mich also im Grenzland hinter
Wegberg und fahre in einen der kleinen
Orte ein. Schmale Straßen, aber keine
dörfl iche Atmosphäre. Ländlich aber
kein größerer oder kleinerer Hof ist in
der Nähe. Ich bin in einem Neubaugebiet
der frühen 70er Jahre und die nicht all zu
großen Reihenhäuser stehen eine kleine
Talstraße hinab. Klingeln brauche ich an
diesem Morgen nicht. Es ist warm und
die Haustüre steht off en. Gleich nach dem
Eintritt kommt der kleine Rauhhaardackel
mit ohrenbetäubendem Gebell auf mich
zu gerannt. Doch der Hausherr begrüßt
mich freundlich und schon verstummt
der Hund. Er sieht aus, wie der nette
ältere Herr von nebenan und genau das
ist er auch. Wir gehen ins Wohnzimmer
und nehmen auf der hellen Ledergarnitur
Platz. Eine ganze Wand des Raumes wird
von einem Bücherregal eingenommen,
das sicherlich seit den ersten Tagen des
Hauses dort ist.
Kilometerfresser
Sein Name ist Synonym für eine der bedeutendsten Oldtimer-Rallyes
der Welt. Jeder, der sich auch nur entfernt für
alte Autos interessiert, kennt seinen Namen oder zumindest
die Veranstaltung die Jahr für Jahr Millionen Fans an die
Strecke zieht. Von Anbeginn der "2000 km durch Deutschland"
war Mönchengladbach der Start- und Zielort. Aber gab
es auch ein Leben vor den "2000 km durch Deutschland"?
Unser Redakteur Jörg Enger hat Günter Krön zu Hause besucht
und blickte einmal hinter die Kulissen . . .
WEGBERG
Freimütig beginnt Krön zu erzählen, dass
die "2000 km durch Deutschland" übers
ganze Jahr ein Fulltimejob ist und wie
und wo man überall Trommeln muss,
damit es auch wirklich rund läuft.
Gibt es ein Leben
vor der Rallye?
Ich unterbreche ihn nur ungern, aber ich
möchte von ihm wissen, was das Leben
vor der "2000 km durch Deutschland"
für ihn ausgemacht hat.
Gebürtig ist er nämlich nicht aus dem
Rheinland. Das Licht der Welt erblickte er
nämlich im Jahre 1941 im Schwarzwald
genauer im Örtchen Schramberg. Nach
seiner Lehre als Raumausstatter kaufte
er sein erstes eigenes Auto: Einen alten
Fiat Topolino. Mehr als so eine alte Karre
von vor dem Krieg konnte er sich damals
einfach nicht leisten. Mit diesem Auto
hat er dann richtig fahren und die kleinen
Macken lieben gelernt. Als er dann
seine Frau kennen lernte, war diese auch
dafür zu begeistern und nachdem Krön
seine Meisterschule erfolgreich beendet
hatte zogen sie gemeinsam zu "ihren"
Eltern nach Essen.
Am Niederrhein hängen
geblieben
Aufgrund verschiedener berufl icher
Tätigkeiten ist Krön dann im Jahre 1971
beim Stoff produzenten Andre in Süchteln
hängen geblieben. Die Umsiedlung
von Essen ins Grenzland hinter Viersen
viel dem naturverbunden Ehepaar nicht
schwer. In der Zeit war an Hobbys neben
Hausbau und Familiengründung nicht zu
denken. Erst Mitte der 70er Jahre brachte
ihn Wolfram Düster aus Krefeld-Uerdingen
wieder auf den Geschmack mit den
alten Autos. Allerdings sollte es neben
dem Topolino und dem alten Opel, die
beide in der Garage dahin dämmerten
eine Steigerung der Leistung geben. Mit
italienischer Technik vertraut, schnappte
er beim Angebot eines Fiat Balilla 508 S
zu. Eine folgenschwere Entscheidung! Der
Fiat Balilla war übrigens auch zur Mille
Miglia, dem bekannten Straßenrennen in
Italien zugelassen und Krön nahm daran
Teil. Zunächst erfolglos, dann kam er
jedoch noch zweimal ins Ziel.
Jetzt hatte er
Blut geleckt!
Mit Freunden zusammen im ASC (Allgemeiner
Schnauferl Club) trafen sich die
Kröns immer wieder und organisierten
die ersten kleinen Ausfahrten. Zunächst
die "Spargelausfahrt" nach Walbeck
– wohin auch sonst. Anlässlich der
"Spargelausfahrt" 1980 wurde im Haus
Deckers der "Allgemeine Spargel-Club"
von Günter Krön gegründet. Wieder mit
dabei unter anderen Wolfram Düster
und Andreas Pytel.
Berufl ich war er nun selbstständiger
Textilkaufmann und konnte sich seine
Zeit so einteilen, dass er 20 Jahre lang die
Rallye "Rund um Viersen" betrieb.
Ein Großereignis
wird geboren
Der bekannte Literaturhändler Mark
Zweigart aus Brüggen wusste um Kröns
Fiat 508 S und bot ihm ein Plakat von
1934 an, auf dem dokumentiert wurde,
Das Plakat von 1934
dass die Balillas diese Zuverlässigkeitsfahrt
haushoch gewonnen hatten. Damit
war das Korn gesät und es reifte 1989
der Entschluss, diese Fahrt mit ein paar
Freunden zu wiederholen. Wiederum
wird Haus Deckers zum "Geburtsort".
Diesmal der Zuverlässigkeitsfahrt für
Oldtimer. Befreundete Spargel-Club Mitglieder
entschließen sich die historische
"2000 km durch Deutschland-Tour"
wieder zu veranstalten. Die Kröns, auch
hierin ein Herz und eine Seele, nahmen
das in die Hand. Und so fanden sich im
Sommer 1989 immerhin
45 Fahrzeuge am "Alten
Markt" in Mönchengladbach
ein und fuhren die
historische Fahrt bis an die
"Zonengrenze". Im Herbst
des Jahres geschah, was
keiner für möglich hielt:
Die Mauer fi el. Und bald
fi el auch die Entscheidung,
im nächsten Jahr
auch durch das "andere"
Deutschland zu fahren.
Von den geplanten 60
Teilnehmern für 1990 kamen jedoch 115
zum Parkplatz "Am Geroweiher" direkt
vorm Holiday Inn in MG. Es war ein
heißer Tag und Krön schütze sich mit
einem kleinen Hütchen, das er gerade bei
sich im Auto noch fand, vor der Sonne.
Damit war ein weiters Markenzeichen
der "2000 km durch Deutschland"-Rallye
entstanden: Das lustige Hütchen
ist seither von der 2000er nicht mehr
wegzudenken. In den folgenden Jahren
wuchs der Event immer weiter an und
man traf sich aus Platzgründen auf der
Wiese der Hannen Brauerei bis zu deren
Verkauf. Seither ist Start und Zielort
das Schloss Wickrath. Im nächsten Jahr
wird Krön seine 19. und letzte "2000 km
durch Deutschland"-Rallye organisieren
und seinen (bis jetzt nicht genannten)
Nachfolger einführen. "Dann", so die
schelmische Antwort, "will ich auch
selber mal an der schönsten und größten
deutschen Oldtimerveranstaltung
teilnehmen. Und meine Frau und ich
fahren gegeneinander! Schließlich sind
wir ja schon 65…".
TOP PEOPLE
TOP 047