Geliebtes Bier vom Niederrhein - TOP-Magazin Niederrhein
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<strong>TOP</strong> ALTBIER SPECIAL<br />
062 <strong>TOP</strong><br />
Das Altbier<br />
Ein Schluck niederrheinische Identität<br />
Das dunkel-bernsteinfarbene Alt ist ein unverwechselbarer Bestandteil der<br />
Lebensart in unserer Region. Es gehört hier her, wie das Weißbier nach Bayern<br />
oder das Schwarzbier nach Thüringen. Jüngere und Ältere, Einheimische wie<br />
Fremde genießen es zu Hause oder in Gemeinschaft. Für Sie haben wir dem<br />
<strong>Bier</strong> mal auf den Grund gefühlt. Was für ein Alt-Traum!<br />
Text Katja Hilpert<br />
Jeder kennt es, viele lieben es, fast alle trinken es.<br />
Doch wie gut kennen wir das Altbier wirklich?<br />
Woher kommt der Name „Alt“?<br />
Altbier, kurz „Alt“, ist ein obergäriges<br />
Vollbier. Das Brauverfahren ist eines der<br />
ältesten Verfahren der <strong>Bier</strong>herstellung<br />
überhaupt. Bei obergärigen <strong>Bier</strong>en steigt<br />
die Hefe (Saccharomyces cerevisiae) am<br />
Ende der Gärung an die Oberfl äche. Die<br />
für die Obergärung erforderlichen höheren<br />
Umgebungstemperaturen (15–22°C)<br />
führen zu einer vermehrten Bildung von<br />
Estern und höheren Alkoholen durch<br />
die Hefe. Diese verleihen den <strong>Bier</strong>en<br />
oft ein fruchtiges Aroma. Obergärige<br />
<strong>Bier</strong>e wurden früher oft ohne Lagerung<br />
direkt im Anschluss an die Hauptgärung<br />
vermarktet. Sie waren ungespundet und<br />
generell nur kurz haltbar. Da obergärige<br />
Hefe für die Gärung mit höheren Umgebungstemperaturen<br />
auskommt, anders<br />
als untergärige Hefe (4-9°C), verläuft<br />
die Vergärung wesentlich schneller. Im<br />
untergärigen Brauverfahren werden<br />
beispielsweise das Pils oder Export hergestellt.<br />
Ein wesentlich jüngerer Prozess,<br />
da hierfür moderne Kühltechniken verwandt<br />
werden, die unter anderem erst<br />
1873 durch Carl von Linde entwickelt<br />
wurden. Heutzutage wird allerdings die<br />
Lagerung der obergärigen <strong>Bier</strong>e ähnlich<br />
der der untergärigen <strong>Bier</strong>e durchgeführt.<br />
Namenspatron für „Alt“ war daher nicht<br />
etwa ein abgestandenes Früh, wie es der<br />
Kölner gerne hätte; sondern einzig und<br />
allein die alte Brauweise. Da der <strong>Niederrhein</strong><br />
nicht unbedingt zu den kühlsten<br />
Regionen gehört, wurde das obergärige<br />
<strong>Bier</strong> hier schnell heimisch. Man konnte<br />
das ganze Jahr hindurch brauen.<br />
Warum ist ein Alt so dunkel?<br />
Diese Frage führt immer wieder zu<br />
ausgiebigen Stammtischdiskussionen.<br />
Wer war’s gewesen? Nicht die <strong>vom</strong><br />
Schweizer Kräuterzucker. Obwohl hier<br />
gleichwohl eine Verwandtschaft nicht<br />
ausgeschlossen ist, denn Malz hat auch<br />
hier eine Schlüsselrolle. Ein Teilprozess<br />
der Malzherstellung, das Darren,<br />
ist verantwortlich für die Farbgebung.<br />
Für alle Interessierten: das komplexe<br />
Herstellverfahren der <strong>Bier</strong>gewinnung<br />
lässt sich auch im Lexikon nachschlagen<br />
oder unter Wikipedia. Es klinkt ein<br />
wenig kompliziert, aber trotzdem sei<br />
es hier kurz beschrieben: Beim Darren<br />
wird der Keimvorgang durch Erhitzen<br />
des Grünmalzes auf 85° bis 100° Celsius<br />
beendet, das Malz getrocknet. Durch<br />
das Schwelken wird die spätere Farbe<br />
des fertigen Malzes festgelegt. Je höher<br />
die Darrgutfeuchte beim Schwelken ist,<br />
desto dunkler wird das spätere Darrmalz<br />
ausfallen. Im zweiten Teilprozess, dem<br />
Abdarren, wird der gewünschte Trocknungsgrad<br />
des fertigen Malzes eingestellt.<br />
Die Inaktivierung der Malzenzyme<br />
verläuft bei geringeren Feuchtegraden<br />
schonender, dunkles Malz besitzt daher<br />
gegenüber hellem geringere Enzymaktivitäten.<br />
Die Eigenschaft des Malzes<br />
beeinfl usst den Geschmack des später<br />
gebrauten <strong>Bier</strong>s.<br />
Je nach verarbeiteter Getreidesorte,<br />
Dauer und Temperatur der Keimung,<br />
Wassergehalt vor dem Abdarren sowie<br />
Dauer und Temperatur des Abdarrens<br />
entstehen ganz verschiedene Malzsorten.<br />
So ergibt zum Beispiel durch sehr<br />
hohe Temperaturen beim Abdarren<br />
teilweise karamellisiertes oder verkohltes<br />
Malz dunkles, sehr aromareiches <strong>Bier</strong><br />
mit karamellartigem oder rauchigem<br />
Geschmack.<br />
<strong>TOP</strong> ALTBIER SPECIAL<br />
Gebraut wird natürlich nach dem Deutschen<br />
Reinheitsgebot von 1516, erlassen<br />
<strong>vom</strong> bayerischen Herzog Wilhelm IV.<br />
Tenor des Reinheitsgebots ist kurz gesagt:<br />
„Ins <strong>Bier</strong> gehören nur Hopfen, Malz und<br />
Wasser“. Altbier braut man mit einer<br />
Stammwürze von durchschnittlich 11,5<br />
Prozent und einem daraus resultierenden<br />
Alkoholgehalt von etwa 4,8 Prozent. Für<br />
die Statistiker unter unseren Lesern: Der<br />
Stammwürzegehalt wird in Grad Plato<br />
angegeben. Ein Grad Plato (1°P) entspricht<br />
dabei einem Gramm Saccharose, bzw.<br />
einem Gramm von allen gelösten, nicht<br />
fl üchtigen Teilchen je 100 Gramm Anstellwürze.<br />
Grad Plato gibt also den Stammwürzegehalt<br />
in Masseprozent an. (Aus<br />
2,0665 g Extrakt entstehen 1g Alkohol,<br />
0,11g Hefe und 0,9565g CO 2 ) Und damit<br />
die Damen und Herren <strong>vom</strong> Finanzamt<br />
auch davon profi tieren: Die Einteilung<br />
der <strong>Bier</strong>e gemäß ihres Stammwürzegehaltes<br />
ist in Deutschland, zusammen<br />
mit der Brauereigröße, die Grundlage<br />
für die erhobene <strong>Bier</strong>steuer. Dies ist ein<br />
schaler Beigeschmack, der aber alle <strong>Bier</strong>e<br />
gleichermaßen triff t. Daher sei dies hier<br />
auch nur kurz angemerkt.<br />
<strong>TOP</strong> 063