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Geliebtes Bier vom Niederrhein - TOP-Magazin Niederrhein

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<strong>TOP</strong> KULTUR <strong>TOP</strong> KULTUR<br />

„Nicht nur in der Oper,<br />

auch in der Straßenbahn ...“<br />

<strong>TOP</strong> Gespräch: Kultur in Krefeld<br />

Krefeld blickt auf eine äußerst belebte kulturelle Geschichte zurück.<br />

Jahrzehntelang segelte das niederrheinische Oberzentrum im<br />

Windschatten textiler Wirtschaftserfolge von einem fruchtbaren<br />

Stelldichein zwischen vermögendem Bürgertum und schönen Künsten<br />

zum nächsten. Der Bogen des Bemerkenswerten spannt sich dabei<br />

von der Uraufführung der 3. Symphonie Gustav Mahlers im Jahre<br />

1902 bis hin zu den baulichen Leistungen Mies van der Rohes in den<br />

späten Zwanziger und frühen Dreißiger Jahren. Zeitgleich setzte die<br />

weithin gerühmte Handwerker- und Kunstgewerbeschule preußischer<br />

Prägung Akzente und brachte ganze Generationen erfolgreicher<br />

Designer hervor. Im Stadtbild entstanden zudem zahlreiche, dem<br />

Gemeinwohl oder wiederum der Kultur gewidmete Bauwerke wie das<br />

Stadtwaldhaus und die Begegnungsstätte auf dem Hülser Berg.<br />

Das <strong>TOP</strong>-<strong>Magazin</strong> <strong>Niederrhein</strong> wollte wissen, wo die Kultur in Krefeld<br />

heute steht. „Passiert es“ hier noch oder ist Krefeld längst aus dem<br />

Almanach der Kulturstandorte von überregionalem Rang gestrichen<br />

worden? Sascha Sielaff hat diese Frage mit sechs Krefelder Kulturschaffenden,<br />

Kulturförderern und Kulturbegeisterten diskutiert.<br />

<strong>TOP</strong>-<strong>Magazin</strong>:<br />

In der Vorbereitung dieses Gespräches<br />

sind wir im Webangebot der Stadt Krefeld<br />

auf den folgenden Satz gestoßen.<br />

„Das populärste Ziel für Besucher<br />

der Kulturstadt Krefeld ist der Zoo<br />

mit 1.300 Tieren.“ Herr Schneider,<br />

ist dieser Satz inhaltlich programmatisch<br />

für das heutige Selbstverständnis<br />

der Kultur in Krefeld, auch<br />

wenn man Popularität einmal nicht<br />

nur anhand von Besucherzahlen<br />

bewertet? Ist unser schöner Zoo der<br />

Gipfel Krefelder Hochkultur?<br />

Roland Schneider:<br />

Das Kulturinstitut Zoo ist als solches<br />

sicherlich nicht zu unterschätzen. Wie<br />

die anderen Kulturinstitute der Stadt<br />

trägt es zu einer lebendigen Vielfalt unseres<br />

kulturellen Lebens bei. Vor allem<br />

im Hinblick auf die Besucherzahlen ist<br />

der Erfolg dieses Angebotes messbar, was<br />

die auf die Popularität bezogene Aussage<br />

verständlich macht. Für viele Krefelder ist<br />

ihr Zoo in der Tat sehr wichtig. Folgt man<br />

internationalen oder hochkulturellen<br />

Aspekten, kommt anderen Kulturinstituten<br />

wie den Kunstmuseen fraglos<br />

Fotos Rainer Lohmann<br />

größere Bedeutung zu. Unser heutiger<br />

Kulturbegriff ist aber sehr breit und auch<br />

wenn alles miteinander verbunden und<br />

in Einklang zu bringen ist, ist längst nicht<br />

alles vergleichbar.<br />

<strong>TOP</strong>-<strong>Magazin</strong>:<br />

Trotzdem beschleicht den Betrachter<br />

mitunter das Gefühl, der Glanz<br />

des Krefelder Kulturlebens habe im<br />

Vergleich zu früheren Zeiten nachgelassen.<br />

Nur Nostalgie?<br />

Schneider:<br />

Meiner Ansicht nach hinkt auch dieser<br />

Vergleich mit früheren Zeiten erheblich.<br />

Zum einen haben Sie in Ihrer einleitenden<br />

Vision vergangener Tage zuviel<br />

Vergangenheit falsch eingeordnet und<br />

zusammengepackt. Zum anderen stehen<br />

wir heute doch vor einer ganz anderen<br />

Situation. Der kulturelle Ruhm vergangener<br />

Tage basierte auf dem Engagement<br />

der wohlhabenden Bürgerschaft, die es<br />

sich leisten konnte, etwas nach ihrem<br />

Roland Schneider<br />

Der Kulturdezernent der Stadt Krefeld<br />

schrieb 2001 in einem Beitrag über Kunst<br />

und Kultur für das European Business<br />

Network: „Krefeld als Kulturstadt, das<br />

ist Provinz im besten Sinne – ohne Provinzialität.“<br />

erlesenen Geschmack zu veranstalten<br />

oder kreieren zu lassen. Heute fehlen<br />

Finanziers dieser Art. Kultur ist zudem<br />

keine Elite-Veranstaltung mehr. Wir<br />

haben trotz der seit über zehn Jahren<br />

desolaten Kassenlage den Anspruch,<br />

möglichst alle Bürgerinnen und Bürger<br />

kulturell zu versorgen. Übrigens mit<br />

einigem Erfolg. In einer Befragung lobten<br />

erst vor kurzem alle teilnehmenden<br />

Bürger ausdrücklich unsere reiche Kulturlandschaft.<br />

Prof. Dr. Jürgen Schram<br />

lehrt im Fachbereich Chemie der<br />

Hochschule <strong>Niederrhein</strong>, deren<br />

Kulturausschuss er angehört. Als<br />

waschechtem Krefelder liegt ihm<br />

das kulturelle Schicksal seiner<br />

Stadt besonders am Herzen.<br />

Prof. Dr. Jürgen Schram:<br />

Die Außensicht auf Krefeld ist noch<br />

positiver. Da werden sogar Dinge wahrgenommen,<br />

von deren Existenz viele<br />

Krefelder gar nicht wissen. Wie zum<br />

Beispiel die Tatsache, dass sich in Krefeld-<br />

Gellep das größte zusammenhängende<br />

römisch-fränkische Gräberfeld nördlich<br />

der Alpen befi ndet. Archäologie live. Mit<br />

zum Teil Aufsehen erregenden Funden,<br />

die im Museum Burg Linn ausgestellt<br />

werden. Vielleicht ist der Eindruck nachlassenden<br />

Glanzes also nicht unbedingt<br />

Abbild der Realität. Sondern Spiegel<br />

einer Entwicklung, einer Wandlung<br />

des Kulturbegriff es. Es gibt nicht mehr<br />

die Kultur und somit auch nicht mehr<br />

unbedingt die kulturellen Ereignisse,<br />

auf die alle zeigen.<br />

Martin Siebold:<br />

Völlig richtig. Zumal der beklagte nachlassende<br />

Glanz, so wie ich die Kritik<br />

verstehe, sich doch in erster Linie auf<br />

die Außenwirkung der Krefelder Kultur<br />

bezieht. Diese Außenwirkung mag wichtig<br />

für den kulturellen Stellenwert einer<br />

Stadt als überregionaler Imagefaktor sein.<br />

Im Hinblick auf die Qualität der lokalen<br />

Kultur ist sie nebensächlich, diese Qualität<br />

bemisst sich aus meiner Sicht an der<br />

Zufriedenheit des hiesigen Publikums.<br />

Wobei überregionale Anerkennung – wie<br />

sie uns als Th eater ja durchaus widerfährt<br />

– natürlich nicht zu verachten ist.<br />

Martin Siebold<br />

ist Pressesprecher der Vereinigten<br />

Städtischen Bühnen Krefeld und<br />

Mönchengladbach, dem ältesten „Fusionstheater“<br />

Deutschlands, das – von<br />

der Oper bis zum Kammerspiel – an<br />

verschiedenen Spielorten eine enorme<br />

Bandbreite der Bühnenkunst unter einem<br />

organisatorischem Dach vereint.<br />

<strong>TOP</strong>-<strong>Magazin</strong>:<br />

Herr Dr. Hentschel, gibt es aus Ihrer<br />

Sicht auch einen Anspruch an die<br />

Qualität von Kultur, der über die<br />

Zufriedenheit des lokalen Publikums<br />

hinausgeht?<br />

Dr. Martin Hentschel<br />

Der Direktor der Kunstmuseen Krefeld gebietet<br />

über die drei Standorte Kaiser Wilhelm Museum,<br />

Haus Lange und Haus Esters. Insbesondere<br />

die Ausstellungen und Projekte in den beiden<br />

Bauhaus-Villen fi nden internationalen Anklang<br />

bei Experten und Kunstliebhabern.<br />

Dr. Martin Hentschel:<br />

Im Kunstbetrieb gibt es diesen Anspruch<br />

ganz sicher. Mehr als die Hälfte<br />

unserer Besucher in Haus Esters und<br />

Haus Lange kommt ohnehin nicht aus<br />

Krefeld. Ein Teil reist aus der näheren<br />

Umgebung, ein nicht unerheblicher Teil<br />

sogar von weither an. Die Zufriedenheit<br />

des lokalen Publikums ist daher kein<br />

alleiniger Maßstab für mich. Auch der<br />

überregional wahrgenommene kulturelle<br />

Stellenwert unserer Stadt hat aus<br />

dieser Perspektive nicht nur imaginäre<br />

Bedeutung.<br />

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