Zeit zeugen - Diakonie Landshut
Zeit zeugen - Diakonie Landshut
Zeit zeugen - Diakonie Landshut
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Lebendige Hilfe: Kühe aus Texas<br />
Mit einer ungewöhnlichen Aufgabe wurde das Evangelische Hilfswerk in den 50er Jahren betraut: der<br />
Übergabe von amerikanischen Milchkühen an Flüchtlingsbauern. Die Tiere waren von texanischen Farmern<br />
gespendet worden, um den vertriebenen Landwirten einen Neuanfang in Bayern zu erleichtern.<br />
Einen Monat lang waren die 18 Kühe und 4 Kälber aus Texas unterwegs, bis sie am 3. Oktober 1957 <strong>Landshut</strong><br />
erreichten. Vom Güterbahnhof trotteten die Schwarzbunten zur Viehmarkthalle. Dort warteten nicht nur<br />
Flüchtlingsbauern aus dem südbayerischen Raum, sondern auch Vertreter der Wohlfahrtsverbände, der<br />
Kirchen und Behörden sowie eine Delegation des amerikanischen Heifer-Committee. Diese 1946 in den<br />
Vereinigten Staaten gegründete Organisation sandte im Rahmen des Färsen-Projekts Tausende von Tieren in<br />
die ganze Welt – überall dorthin, wo Not und Nahrungsmittelknappheit herrschten.<br />
Für die Verteilung der Kühe vor Ort waren das Evangelische Hilfswerk und die Innere Mission zuständig.<br />
Dekan Paul Krauß begrüßte die Gäste, Diakon Gerhard Krocker, der die kleine Feier organisiert hatte, führte<br />
die Verlosung der Tiere an die freudestrahlenden neuen Besitzer durch. Drei Landwirte hatten besonders<br />
viel Glück: Ihre Tiere hatten bereits Stierkälbchen bekommen, die die Bauern behalten durften. Eine Auflage<br />
gab es nämlich für die Beschenkten – sie mussten das erstgeborene weibliche Kalb ebenfalls an einen<br />
Heimatvertriebenen spenden und so ihrerseits zum wirtschaftlichen Wiederaufbau des Landes beitragen.<br />
Als ein „Christentum der Tat“ wurde das außergewöhnliche Ereignis damals gepriesen. Tatsächlich handelte<br />
es sich bei dieser Aktion nicht um eine kirchliche oder staatliche Zuwendung, sondern um private Geschenke<br />
amerikanischer Farmer, die aus religiöser Überzeugung heraus Gutes tun wollten. Auch für sie stellte die<br />
Abgabe eines Tiers ein Opfer dar.<br />
Bis 1955 waren bereits mehr als 2000 amerikanische Kühe nach Westdeutschland gespendet worden. Ins Leben<br />
gerufen wurde das Projekt 1938 von dem Amerikaner Dan West, der währen des spanischen Bürgerkrieges in<br />
einem Wohlfahrtsverband Hilfe leistete und dabei auf die Idee kam, mit Kuh-Spenden das vorherrschende<br />
Nahrungsmittelproblem zu lösen. Die Empfänger wurden nach ihrer Bedürftigkeit und ihrer Fähigkeit ausgewählt,<br />
das Spendentier angemessen zu halten. Sie mussten Flüchtlingslandwirte sein, die sich eine neue<br />
landwirtschaftliche Existenz aufbauen wollten und hilfsbedürftig waren.<br />
Die Innere Mission 1948-1973<br />
29<br />
Lese<br />
text