Zeit zeugen - Diakonie Landshut
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Sie haben unter anderem das <strong>Landshut</strong>er Ferienprogramm – als eines der ersten in Bayern – ins Leben<br />
gerufen. Erinnern Sie sich an Ihr Lieblingsprojekt?<br />
Die Idee für unser Ferienprogramm ging damals von den Mitarbeitern der <strong>Diakonie</strong> aus.<br />
Ihre eigenen Kinder mussten ja während der Ferien auch betreut werden. Schon im ersten<br />
Jahr 1976 wurden von Ehrenamtlichen 20 Angebote gemacht, an denen zu unserer Überraschung<br />
über 400 Kinder teilnahmen. Als ich erstmals bei der Stadt <strong>Landshut</strong> einen<br />
Zuschuss beantragte, wurde er mit dem Kommentar abgelehnt: „Das ist ja sozialistische<br />
Ferienverplanung!“ Doch haben sich in den Folgejahren die Volkshochschule und<br />
die städtische Jugendpflege angeschlossen. Heute ist das Ferienprogramm nicht mehr<br />
wegzudenken.<br />
Anlässlich ihrer Verabschiedung wurde Folgendes formuliert: „Ein unbequemer Mann verlässt <strong>Landshut</strong>,<br />
ein Mann, der seinen Beruf, ja seine Berufung so ernst genommen hat, dass er sich dafür stets mit<br />
Vehemenz eingesetzt hat.“ Sind Sie mit dieser Charakterisierung einverstanden?<br />
Es stimmt, dass ich nicht immer konform ging mit der vorherrschenden politischen Meinung.<br />
Ja, ich war auch unbequem, wenn ich um die Finanzierung für ein gutes Vorhaben kämpfen<br />
musste. Als Vorsitzender des Evangelischen Bildungswerkes habe ich schon gelegentlich<br />
unbequeme Referenten eingeladen, beispielsweise anlässlich einer Diskussion über<br />
Atomkraftwerke. Aber ich glaube nicht, dass die Charakterisierung verletzend gemeint war,<br />
denn ich habe immer große Anerkennung gespürt.<br />
Wie beurteilen sie die heutigen Bedingungen für diakonisches Handeln?<br />
Das Bundessozialhilfegesetz von 1962 stellte die Würde des Hilfe- und Ratsuchenden in<br />
den Mittelpunkt. Behörden, Ämter, Verbände suchten meist gemeinsam nach Lösungen.<br />
Man achtete sich gegenseitig. Heute wird der Markt zum Maßstab erklärt. Der Markt kennt<br />
weder Mitleid noch soziale Gerechtigkeit. Die Konkurrenz und der Schwächere werden<br />
weggedrückt. Misstrauen und Kontrolle werden zur Geschäftsgrundlage. Die Ellenbogengesellschaft<br />
wird gefördert, wenn keine soziale Kontrolle dem Markt Einhalt gebietet. Für<br />
mich sind Tafeln und Kleiderkammern ein Armutszeugnis. Wir werden es noch erleben,<br />
dass arme und hungrige Menschen sich brutal holen, was ihnen vorenthalten wird. Die<br />
christliche Botschaft erwartet, sich mit seinem Geld und seinen Gaben für den anderen<br />
einzusetzen.<br />
Das Diakonische Werk <strong>Landshut</strong> seit 1973<br />
Gespräch mit Werner Heger am 23.04.2008 in <strong>Landshut</strong><br />
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