Zeit zeugen - Diakonie Landshut
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Auf dem Höhepunkt der Krise<br />
Mit der Person Helmut Völkel zeichnete sich von Anfang<br />
an eine ruhigere Zukunft für die <strong>Diakonie</strong> <strong>Landshut</strong> ab.<br />
Der neue Dekan setzte auf direkte Information und enge<br />
Zusammenarbeit mit dem Geschäftsführer. „Brücken,<br />
die bröckeln und teilweise schon schwer begehbar sind,<br />
sollen wieder aufgebaut werden“, sagte Helmut Völkel<br />
bei seinem Amtsantritt im November 1998 gegenüber<br />
der <strong>Landshut</strong>er <strong>Zeit</strong>ung (siehe auch Interview mit Dekan<br />
Völkel, S.83).<br />
Im Dekanat <strong>Landshut</strong> hatte sich inzwischen viel verändert.<br />
Auf Beschluss des Landeskirchenrates waren die<br />
Landkreise Freising und Erding vom Flächendekanat<br />
<strong>Landshut</strong> abgetrennt worden. Ein Grund dafür dürfte der<br />
Neubau des Münchner Flughafens gewesen sein, in dessen<br />
Folge eine schwer zu bewältigende Aufgabenfülle<br />
entstand. Es dauerte nicht lange, bis im neuen Dekanatsbezirk<br />
Freising auch ein eigenes Diakonisches Werk<br />
gegründet wurde. Dadurch musste die <strong>Diakonie</strong> <strong>Landshut</strong>,<br />
deren Zuständigkeitsbereich flächenmäßig um die<br />
Hälfte verkleinert worden war, Aufgaben abgeben (z.B.<br />
den Flughafensozialdienst).<br />
Ein weitere einschneidende Veränderung für die <strong>Diakonie</strong><br />
<strong>Landshut</strong> ergab sich durch eine gravierende Maßnahme,<br />
die vom Dekan vollzogen werden musste und<br />
vom im Juli 1999 neu gewählten Kuratorium mitgetragen<br />
wurde: Die sofortige Trennung von Geschäftsführer<br />
Friedrich Schröder im Oktober 1999. Dies war die notwendige<br />
Konsequenz aus einer Reihe von falschen und<br />
moralisch untragbaren Managemententscheidungen des<br />
Geschäftsführers. Begründet wurde die fristlose Entlassung<br />
mit Fehlbuchungen beim Betrieb des Recyclingzentrums<br />
am Brauneckweg, durch die das Diakonische<br />
Werk übermäßig hohe Zuschüsse von der Stadt <strong>Landshut</strong><br />
erhalten hatte. Die Stadt hatte bei einer Rechnungsprüfung<br />
für die Jahre 1994 bis 1998 diese Fehlbuchungen<br />
des Diakonischen Werks entdeckt: Überschüsse aus<br />
dem Bilanzkreislauf des Recyclingzentrums waren in den<br />
Bilanzkreislauf der <strong>Diakonie</strong> geflossen. Außerdem waren<br />
nicht gerechtfertigte Abschreibungen und überzogene<br />
Personalkostenumlagen aufgeführt worden, sodass die<br />
Stadt <strong>Landshut</strong> über mehrere Jahre zu viele Zuschüsse<br />
bezahlt hatte. Friedrich Schröder hatte sich dadurch<br />
Das Diakonische Werk <strong>Landshut</strong> seit 1973<br />
zwar nicht persönlich bereichert, durch sein Verhalten<br />
aber dem Diakonischen Werk <strong>Landshut</strong> einen immensen<br />
institutionellen Schaden zugefügt.<br />
Der ehemalige Geschäftsführer wurde später zu<br />
einem Jahr und zehn Monaten Haft, der frühere Buchhalter<br />
der <strong>Diakonie</strong> zu einem Jahr und zwei Monaten Haft<br />
verurteilt – jeweils auf zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt.<br />
Die Wirtschaftsstrafkammer sah es als erwiesen<br />
an, dass beide Beschuldigte mehrfach falsche Angaben<br />
gemacht und dadurch die Stadt <strong>Landshut</strong> um etwa<br />
400 000 Mark und darüber hinaus die evangelische<br />
Landeskirche um Zuschüsse aus dem Arbeitslosenprojekt<br />
„1+1“ in Höhe von 90 000 Mark betrogen hatten.<br />
Die <strong>Diakonie</strong> musste nun zum einen die Rückzahlungsforderung<br />
der Stadt <strong>Landshut</strong> begleichen und zum<br />
anderen das angeschlagene Vertrauensverhältnis wieder<br />
aufbauen, um die weitere Kooperation auf eine solide<br />
gemeinsame Basis zu stellen. Trotz dieser schweren Erblast<br />
widmete sich der Vorsitzende Dekan Helmut Völkel<br />
beharrlich und erfolgreich der Schadensbegrenzung und<br />
der Pflege von Kontakten.<br />
Aufarbeitung der Altlasten<br />
Der Start in das neue Jahrtausend bedeutete für das<br />
Diakonische Werk <strong>Landshut</strong> eine mühevolle Aufarbeitung<br />
seiner Altlasten. Wie kräftezehrend diese Aufgabe<br />
war, zeigten die folgenden raschen personellen Wechsel<br />
in der Geschäftsleitung. Nachdem der Leiter der Gesamtkirchenverwaltung,<br />
Nikolaus Fendler, von Oktober<br />
1999 bis März 2000 die Geschäfte der <strong>Diakonie</strong> kommissarisch<br />
geführt hatte, trat am 1. April 2000 Sabine<br />
Frey ihr Amt an. Die Diplom-Betriebswirtin und Theologin<br />
galt als Hoffnungsträgerin für einen Neuanfang. Mit<br />
einem Festgottesdienst, den Pfarrer Heimo Liebl, Präsident<br />
des Diakonischen Werks Bayern, zusammen mit<br />
Dekan Völkel hielt, wurde sie offiziell in ihre Tätigkeit eingeführt.<br />
Jedoch kündigte sie bald aufgrund der schwierigen<br />
personellen, finanziellen und strukturellen Gegebenheiten<br />
und verließ das Diakonische Werk bereits<br />
nach vier Monaten wieder.<br />
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