Thema "Navigation und Medizin" - Universität zu Lübeck
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Bei der stereotaktischen Strahlentherapie handelt es sich<br />
um eine Kombination beider Verfahren. Das Zielgebiet<br />
der Strahlentherapie im Körper wird durch ein externes<br />
Koordinatensystem lokalisiert. Die optimale Bestrahlung<br />
dieser Gebietes wird dreidimensional berechnet.<br />
Obwohl die technischen Gr<strong>und</strong>lagen dieser Methode<br />
bereits vor mehr als 20 Jahren entwickelt wurden, dauert<br />
es einige Jahre, bis sich die stereotaktische Strahlentherapie<br />
in der klinischen Praxis durchsetzte. Dies beruhte<br />
auf folgenden Problemen:<br />
Bildgebung<br />
Eine präzise Strahlentherapie setzt eine mindestens<br />
ebenso präzise Bildgebung voraus. Gerade bei kleinen<br />
Läsionen müssen die Informationen verschiedener bildgebender<br />
Modalitäten (CT, Magnetresonanz-Tomographie,<br />
Positronen-Emissions-Tomographie) gemeinsam<br />
genutzt werden, um die exakte Ausdehnung der Läsion<br />
<strong>zu</strong> bestimmen, denn eine anhand der Bildgebung unterschätzte<br />
Größe eines Tumors kann <strong>zu</strong>m Versagen der<br />
Therapie führen. Bei einer Operation ist dieses Risiko<br />
wesentlich kleiner, weil der Bef<strong>und</strong> der Bildgebung<br />
durch die Inspektion des intraoperativen Situs korrigiert<br />
werden kann.<br />
Rechenzeit<br />
Die Zeit für die Berechnung von dreidimensionalen<br />
Dosisverteilungen betrug noch Anfang der 90er Jahre<br />
<strong>zu</strong>m Teil mehrere St<strong>und</strong>en. Dadurch wurde die klinische<br />
Routine-Anwendung erheblich behindert. Durch die<br />
wesentlich verbesserten Rechnerleistungen wurde diese<br />
Zeit auf heut<strong>zu</strong>tage Minuten bis Sek<strong>und</strong>en verringert.<br />
Beweis der klinischen Wertigkeit<br />
Seit ca. zehn Jahren ist die überlegenheit der stereotaktischen<br />
Bestrahlung bei bestimmten Indikationen durch<br />
prospektive Studien gut belegt. Dies hat die Verbreitung<br />
des Verfahrens wesentlich befördert.<br />
Biologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
Im allgemeinen wird die <strong>zu</strong>r Beherrschung eines malignen<br />
Tumor notwendige Strahlendosis auf zahlreiche<br />
Portionen („Fraktionen“) verteilt. Durch Fraktionierung<br />
steigt die therapeutische Breite, weil das Erholungsvermögen<br />
ges<strong>und</strong>er Zellen speziell bei niedrigen Strahlendosen<br />
wesentlich größer ist als das von Tumorzellen.<br />
Wenn ges<strong>und</strong>es Gewebe mitbestrahlt wird, ist <strong>zu</strong>r Schonung<br />
des Normalgewebes eine Fraktionierung obligat.<br />
Mehr als 90% aller Strahlenbehandlungen betreffen maligne<br />
Tumoren. Diese zeichnen sich durch eine diffuse<br />
(mikroskopische) Infiltration der ges<strong>und</strong>en Umgebung<br />
aus. Krebs muss deshalb „weit im Ges<strong>und</strong>en“ herausgeschnitten<br />
werden. Geht dies nicht oder will man das<br />
vom Tumor betroffene Organ erhalten (z.B. bei der<br />
brusterhaltenden Therapie bei Brustkrebs), muss man oft<br />
im Anschluss an die Operation das Organ großvolumig<br />
nachbestrahlen, um diese mikroskopischen Tumorreste<br />
<strong>zu</strong> vernichten. Die hohe Erfolgschance der Strahlentherapie<br />
speziell gegen mikroskopische Tumorreste (die<br />
<strong>zu</strong>r Tumorkontrolle notwendige Strahlendosis hängt mit<br />
der Konzentration von Tumorzellen pro Gewebeeinheit<br />
<strong>zu</strong>sammen) ist ein wesentlicher Gr<strong>und</strong> für den Einsatz<br />
der Strahlentherapie, sowohl in Kombination mit einer<br />
Operation als auch bei inoperablen Tumoren.<br />
Eine Präzisionsstrahlentherapie ist deshalb nur sinnvoll,<br />
wenn zwei Vorausset<strong>zu</strong>ngen gleichzeitig erfüllt sind:<br />
1. Das Zielgebiet der Bestrahlung umfasst nur den klinisch<br />
sichtbaren Tumor. Eine Mitbestrahlung der<br />
Umgebung ist wegen fehlender oder vernachlässigbarer<br />
Infiltration des Tumors in die Umgebung nicht<br />
nötig.<br />
2. Das Zielgebiet kann exakt (ggf. reproduzierbar) lokalisiert<br />
werden.<br />
Diese Kriterien sind bei einer Reihe von Erkrankungen,<br />
z.B. inoperablen gutartigen Hirntumoren oder Hirnmetastasen<br />
erfüllt.<br />
Technik der stereotaktischen Strahlentherapie<br />
Stereotaktische Bestrahlungen erfolgen heute überwiegend<br />
mit umgerüsteten Linearbeschleunigern. Gegenüber<br />
dem Gamma-Knife bieten diese zahlreiche Vorteile,<br />
nämlich die Behandlung irregulär konfigurierter Zielvolumina,<br />
eine bessere Schonung kritischer Strukturen<br />
<strong>und</strong> die Möglichkeit der fraktionierten Behandlung. Bei<br />
einer Einzeitbestrahlung im Schädelbereich (z.B. wegen<br />
einer inoperablen Hirnmetastase) läuft die Behandlung<br />
in folgenden Schritten ab:<br />
Bildgebung<br />
Vor der Behandlung wird ein 3D-Datensatz mittels MRT<br />
generiert. Die MRT ist im Regelfall das bildgebende<br />
Verfahren mit der höchsten Genauigkeit.<br />
Fixation des Patienten<br />
Am Behandlungstag selbst wird dem Patienten morgens<br />
in örtlicher Betäubung ein Fixationsring am Kopf angelegt.<br />
Dieser Ring rastet an der Kopfhalterung am Planungsgerät<br />
<strong>und</strong> am Bestrahlungsgerät ein <strong>und</strong> erlaubt<br />
eine exakte Positionierung des Schädels mit Lagerungsungenauigkeiten<br />
im Submillimeterbereich.<br />
254 FOCUS MUL 23, Heft 4 (2006)