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KAPITEL 2. DIE FRÜHE ELTERN-KIND-BEZIEHUNG 27<br />
Heute ist das Wissen um die Fähigkeiten <strong>der</strong> Sinne und das Verhaltens-<br />
repertoire eines Neugeborenen soweit fortgeschritten, dass diese Theorien<br />
glücklicherweise wi<strong>der</strong>legt werden können. Die Erkenntnis über die weitreichenden<br />
kommunikativen Fähigkeiten eines Neugeborenen hat die<br />
<strong>Ein</strong>stellung und das Verhalten <strong>der</strong> Bezugspersonen gegenüber Säuglingen<br />
während dieser ersten Lebensphase entscheidend verän<strong>der</strong>t. M. Papousek<br />
schreibt, dass das Neugeborene von Anfang an fähig und motiviert ist,<br />
seine Umwelt mit allen Sinnen wahrzunehmen, seine Wahrnehmungen zu<br />
integrieren, zu speichern, sich mit <strong>der</strong> Umwelt vertraut zu machen, Regeln<br />
zu entdecken und sein Verhalten darauf abzustimmen. D. Stern (2000)<br />
beschreibt das subjektive Erleben eines Säuglings, dessen Verhalten von<br />
Beginn an als sozial angesehen wird und <strong>der</strong> somit in <strong>der</strong> Lage ist, die<br />
Beziehung zu seinen Eltern aktiv mitzugestalten. Die Aufgaben des Babys-<br />
Trinken, Schlafen, homöostatische Regulation 4 - werden von den<br />
Verhaltensweisen <strong>der</strong> Eltern begleitet: Schaukeln, Streicheln, Zureden,<br />
Besänftigen, Singen, mimische Reaktionen. Dieses elterliche Verhalten<br />
geschieht in Reaktion auf das kindliche Verhalten, das von Stern als<br />
überwiegend sozial beschrieben wird: Schreien, Quengeln, Lächeln und<br />
visuelle Kommunikation. Die physiologische Regulation erfolgt demnach<br />
vorwiegend über den Aust<strong>aus</strong>ch von Sozialverhalten (Stern, D. 2000). Im<br />
folgenden werden die Fähigkeiten <strong>der</strong> fünf Sinne, über die ein gesundes<br />
Neugeborenes verfügt, sowie die sechs Verhaltenszustände näher<br />
betrachtet.<br />
2.1.1 Erscheinungsbild und Sinne<br />
Das äußere Erscheinungsbild eines Babys, das sanfte rundliche Gesicht, die<br />
zarte Haut und die winzigen Händchen lösen unseren Pflegetrieb <strong>aus</strong>. Die<br />
durch einen Säugling <strong>aus</strong>gelösten Verhaltensweisen passen sich optimal<br />
den angeborenen Wahrnehmungsfähigkeiten an. <strong>Ein</strong> deutliches Beispiel<br />
hierfür ist die Anwendung <strong>der</strong> „Babysprache“. Sie ist gekennzeichnet durch<br />
eine erhöhte Stimme, vereinfachte Syntax, durch langsames Sprechtempo<br />
und übertriebene Höhenkonturen (Ferguson 1964, Snow 1972, Fernald 1982,<br />
Stern,<br />
4 homöostatische Regulation beinhaltet die Fähigkeit, zwischen <strong>der</strong> Aufnahme von<br />
Reizen (input) und den eigenen Verhaltensweisen (output) ein Gleichgewicht herzustellen.<br />
Mit dieser Fähigkeit ist <strong>der</strong> Säugling einerseits in <strong>der</strong> Lage, sich gegen Reize abzusperren,<br />
an<strong>der</strong>erseits Reize aufzunehmen und zugleich die eigenen Verhaltenszustände und<br />
physiologischen Funktionen zu steuern.