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teraturwissenschaft, die Komparatistik,<br />
bringt einen in Kontakt mit allen Künsten,<br />
das ist das Faszinierende daran.<br />
Damit ist genauso die Ausrichtung auf<br />
Drehbücher und Film möglich.“ Eine<br />
Wahl, die sich als sehr stimmig herausstellte.<br />
Diese künstlerischen Disziplinen<br />
kommen, so sagt sie, ihrem Wunsch entgegen,<br />
die Dimensionen menschlicher<br />
Verhaltensweisen zu ergründen und<br />
immer wieder Dinge in Frage stellen zu<br />
können.<br />
Das fi nanzielle Polster erarbeitete sie sich<br />
studienbegleitend mit Jobs in der Gastronomie.<br />
Doch bald trat ein anderes,<br />
bis heute durchgehendes Lebensmotiv<br />
in den Vordergrund: „Ich war auf der<br />
Suche nach neuen Impulsen und nach<br />
meinem eigenen Platz im Leben, ich<br />
wollte etwas ganz Anderes fi nden.“ Mit<br />
ausgeprägter Abenteuerlust machte sich<br />
Bettina Buchler mit vielen Philosophiebüchern<br />
im Gepäck buchstäblich auf<br />
in die Wüste – nach Arizona. Dort studierte<br />
sie Literaturwissenschaft und war<br />
zugleich Dozentin für Deutsch, um das<br />
kostspielige Studium zu fi nanzieren. Die<br />
damalige Erfahrung ist für sie bis heute<br />
ein Anstoß, die hiesige gesellschaftliche<br />
Realität mit teilweise kritischem Blick zu<br />
betrachten. „Es hat bei mir großen Eindruck<br />
hinterlassen, dass es in den USA für<br />
mich schon als ganz junge Frau Anfang<br />
zwanzig möglich war, zu lehren und die<br />
entsprechende Autorität zu haben. Dort<br />
fi nden individuelle Fähigkeiten immensen<br />
Freiraum zur Entfaltung, wenn man<br />
will. Niemand sagt von vornherein, dass<br />
man dieses oder jenes nicht könne, sondern<br />
man kann sich ausprobieren. Das<br />
Klischee des Landes der unbegrenzten<br />
Möglichkeiten stimmt insofern, vieles<br />
davon ist hier undenkbar.“<br />
Ihr Studium in den USA, das sie mit dem<br />
Master of Arts und einer Auszeichnung<br />
für ihre Lehrtätigkeit abschloss, sei durch<br />
die Gleichzeitigkeit von Lernen und Leh-<br />
„Bei allen guten Zufällen finde ich es immer enorm wichtig,<br />
selbst zu signalisieren, dass man die Chance annehmen wird<br />
und dass man ein vitales Interesse daran hat, sich mit den<br />
Anforderungen auseinander zu setzen.“<br />
ren viel praxisnäher als in Deutschland<br />
gewesen. „Hier muss man sich die Nähe<br />
zum ‚realen’ Leben selbst hart erkämpfen<br />
oder sie fi ndet nicht statt.“ Folglich<br />
fi el es ihr nach ihrer Rückkehr relativ<br />
schwer, sich wieder in den deutschen<br />
Hochschulalltag einzufi nden.<br />
Karriere in der Filmwirtschaft<br />
Doch die Entscheidung zur Rückkehr<br />
stand aus privaten Gründen an. In ihr war<br />
zunehmend der Wunsch aufgekommen,<br />
wieder enger mit ihrer Familie verbunden<br />
zu sein, von der sie in der damaligen<br />
Zeit ohne Internet viel strenger getrennt<br />
war, als es heute der Fall wäre. Da die<br />
Universität Mainz in den Kulturwissenschaften<br />
einen exzellenten Ruf hatte, fi el<br />
die Entscheidung für den Rückweg in die<br />
Heimat auch zu Studienzwecken besonders<br />
leicht. „Bei meinen Professorinnen<br />
und Professoren habe ich lebendige Begeisterung<br />
für ihr Fach erlebt und Freude<br />
am Lehren, das hat sehr motiviert“,<br />
beschreibt Bettina Buchler die mentale<br />
Unterstützung, die sie seitens der Hochschule<br />
erfuhr. In ihrer Abschlussarbeit<br />
wurden erste thematische Grundzüge<br />
für den Film und die Festivalarbeit gelegt,<br />
die sie heute in ihrer Selbstständigkeit<br />
überwiegend ausübt: Bereits dort<br />
ging es um das Genre der fi ktionalen<br />
Schilderung von Verbrechen. Sie schrieb<br />
über „Filmische und literarische Inszenierungen<br />
des Schreckens am Beispiel<br />
von ‚Das Schweigen der Lämmer’ und<br />
‚Wild at Heart’ “.<br />
Für die Existenzsicherung jobbte sie im<br />
Medienbereich. Durch Zufall hörte sie,<br />
dass bei der Freiwilligen Selbstkontrolle<br />
der Filmwirtschaft (FSK), die unter anderem<br />
für die Altersfreigaben von Filmen<br />
zuständig ist, ein Job für freie Mitarbeit<br />
vakant war, bei dem es darum ging, in<br />
einem Fachgremium Filme zu sichten,<br />
zu diskutieren und zu bewerten. Bettina<br />
Buchler bewarb sich und wurde genommen.<br />
Bei der FSK hatte sie bald ein sehr<br />
gutes Renommee, das bis in den übergeordneten<br />
Dachverband Spitzenorganisation<br />
der Filmwirtschaft e. V. (SPIO)<br />
bekannt wurde. „Ich hatte aus einem<br />
ganz anderen Grund den Geschäftsführer<br />
der SPIO um ein Gespräch gebeten“,<br />
schildert sie den nächsten Schritt<br />
auf ihrer Karriereleiter, der für sie einen<br />
fl ießenden Übergang aus dem Studium<br />
in die berufl iche Praxis ermöglichte. In<br />
gewisser Weise sei es Zufall gewesen,<br />
meint Bettina Buchler. Jedoch ohne ihre<br />
Kompetenz wäre dieser Zufall sicher<br />
gar nicht erst möglich gewesen. „Der<br />
Geschäftsführer stand kurz vor seinem<br />
Ruhestand und meinte, ich wäre die geeignete<br />
Person für seine Nachfolge. Er<br />
wolle mich dafür vorschlagen.“ Bettina<br />
Buchler tat das, was sie immer tut: die<br />
Chance annehmen und ein „ich kann<br />
nicht“ im Hinterkopf gar nicht erst zulassen.<br />
„Ich bin mit einer Mischung aus<br />
Draufgängertum und Ängstlichkeit an<br />
diese Chance herangegangen und habe<br />
die Entscheider dort offenbar mit dem<br />
Willen, mich zu engagieren, überzeugt.“<br />
Der Vorstand übertrug ihr als 31-Jährigen<br />
die Geschäftsführung gemeinsam<br />
mit einem Kollegen und sie war somit<br />
die jüngste Geschäftsführerin und die<br />
erste Frau in dieser Position.