Einheitssatz: Aus Liebe zu den KMU - Schweizerischer ...
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Schweizerische Gewerbezeitung<br />
– 2. Dezember 2011<br />
wirtschaft&politik 9<br />
aktuell<br />
Falsche Weichenstellung<br />
Die Revision des Raumplanungsgesetzes scheint<br />
unter einem unglücklichen Stern <strong>zu</strong> stehen. Die<br />
Kommission für Umwelt, Raumplanung und<br />
Energie des Ständerates (UREK-SR) beharrt nämlich<br />
auf ihrer interventionistischen Linie. Das<br />
an sich bürgerlich dominierte Gremium macht<br />
zwar bei der Mehrwertabgabe geringfügige<br />
Zugeständnisse an <strong>den</strong> Nationalrat. Die Pflicht<br />
<strong>zu</strong>r Redimensionierung von Bauzonen will es<br />
jedoch im Gesetz belassen. «Insgesamt findet<br />
eine Verlagerung der Kompetenzen von <strong>den</strong> Kantonen<br />
in Richtung Bund statt, was wir mit Entschie<strong>den</strong>heit<br />
ablehnen», hält der sgv-Raumplanungsverantwortliche<br />
Rudolf Horber fest. Es<br />
bleibe nun <strong>zu</strong> hoffen, dass der Ständerat in der<br />
Wintersession auf die Linie des Nationalrates<br />
einschwenkt.<br />
Gegen Preisdiktat<br />
Der Verleger- und Buchhändlerverband beklagt<br />
Umsatzrückgänge und drückt auf die Tränendrüse.<br />
Die Rettung suchen die Buchhändler beim<br />
Staat, der ihnen über die Buchpreisbindung das<br />
Überleben sichern soll. Das Komitee «Nein <strong>zu</strong><br />
überteuerten Büchern», dem auch der sgv angehört,<br />
kämpft gegen diese Pseudo-Lösung. «Das<br />
Ziel der Befürworter, das Kulturgut Buch durch<br />
ein Preisdiktat <strong>zu</strong> fördern, bleibt illusorisch.<br />
Bücher wer<strong>den</strong> <strong>zu</strong> rund 90 Prozent importiert.<br />
Eine Buchpreisbindung würde in erster Linie<br />
<strong>den</strong> ausländischen Grossverlagen <strong>zu</strong> Gute kommen<br />
– auf Kosten der Schweizer Konsumenten»,<br />
schrieb das Komitee in einer Medienmitteilung.<br />
Es gebe eine Vielzahl von gezielteren Massnahmen,<br />
um Autoren und Verlage <strong>zu</strong> unterstützen.<br />
Innovative Buchhändler wür<strong>den</strong> genauso <strong>zu</strong> <strong>den</strong><br />
Verlierern gehören wie der Schweizer Internethandel,<br />
der gegenüber dem <strong>Aus</strong>land diskriminiert<br />
wird.<br />
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Neuer iNDeX – Die Eidgenössische Finanzverwaltung sorgt mit einem Bericht auf einem<br />
umstrittenen Gebiet für dringend nötige Transparenz.<br />
Licht im Gebührendschungel<br />
Wenn es in Sachen Steuern ein Gebiet<br />
gibt, dem es an Transparenz<br />
mangelt, ist das mit Sicherheit der<br />
Bereich der Gebühren. Publikationen,<br />
die Rechenschaft darüber ablegen,<br />
wie gross die Belastung der Bürger<br />
und Unternehmen durch diese<br />
Kausalabgaben ist, sind rar. Eine<br />
weitere Dunkelzone: Gebühren wer<strong>den</strong><br />
in der Regel klammheimlich auf<br />
dem Verordnungs- oder Reglementierungsweg<br />
eingeführt. Sie entgehen<br />
so der demokratischen Kontrolle. Die<br />
kürzliche, fast unbeachtet gebliebene<br />
Veröffentlichung des Berichts «Gebührenfinanzierung<br />
in Kantonen und<br />
Gemein<strong>den</strong>» der Eidgenössischen Finanzverwaltung<br />
(EFV) ist deshalb<br />
sehr <strong>zu</strong> begrüssen. Die auf einer riesigen<br />
Datenmenge basierende Studie<br />
soll da<strong>zu</strong> beitragen, die Undurchsichtigkeit<br />
auf<strong>zu</strong>hellen, die <strong>den</strong> Gebührenbereich<br />
umgibt.<br />
Vier haupterkenntnisse<br />
Nach der Lektüre des Berichts drängen<br />
sich vier Feststellungen auf:<br />
n Gebühren wer<strong>den</strong> in erster Linie<br />
von <strong>den</strong> Kantonen und Gemein<strong>den</strong><br />
erhoben. Im Jahr 2008 beliefen sich<br />
die kantonalen und kommunalen<br />
Einnahmen aus Gebühren auf 8 Milliar<strong>den</strong><br />
Franken, was 8 Prozent der<br />
Gesamteinnahmen entspricht. Das<br />
ist zehnmal mehr als die vom Bund<br />
erhobenen Kausalsteuern.<br />
n Zwischen 1990 und Ende 2007 haben<br />
sowohl die Gebühren- als auch<br />
die Steuereinnahmen eine gewaltige<br />
Progression durchlaufen – um 90 respektive<br />
70 Prozent! Diese Steigerungsspirale<br />
zeigt, dass die neu eingeführten<br />
oder erhöhten Gebühren<br />
in <strong>den</strong> letzten Jahren <strong>zu</strong> <strong>den</strong> bereits<br />
bestehen<strong>den</strong> Steuern hin<strong>zu</strong>gekommen<br />
sind, was in der Konsequenz <strong>zu</strong><br />
einer beträchtlichen Erhöhung der<br />
Fiskalquote führte.<br />
n Seit 1990 war das Wachstum der<br />
Einnahmen aus Gebühren weit grösser<br />
(um 20 Prozent) als dasjenige bei<br />
<strong>den</strong> Steuern. Es scheint also, dass die<br />
Die Gebühren<br />
(hier eine<br />
Gasuhrkontrolle)<br />
dürfen<br />
nicht einfach<br />
versteckte<br />
Steuern sein.<br />
kantonalen und kommunalen Budgets<br />
<strong>zu</strong>nehmend da<strong>zu</strong> tendieren, sich<br />
über Gebühren <strong>zu</strong> finanzieren. Die<br />
Leichtigkeit, mit welcher die Steuerbehör<strong>den</strong><br />
neue Gebühren erheben<br />
können – sie unterliegen nicht dem<br />
Referendum –, erklären teilweise deren<br />
Beliebtheit.<br />
n 19 kantonale Strassenverkehrsämter<br />
verrechnen höhere Gebühren als<br />
ihre verbuchten administrativen Kosten.<br />
Mit anderen Worten: die Steuerpflichtigen<br />
bezahlen mehr Gebühren,<br />
als sie dafür Dienstleistungen<br />
erhalten. Diese Verlet<strong>zu</strong>ng des Steuerprinzips<br />
der Kostendeckung hat<br />
<strong>zu</strong>r Folge, dass Gebühren in «getarnte»<br />
Steuern umgewandelt wer<strong>den</strong>.<br />
Der grösste Nutzen der EFV-Studie<br />
besteht im Aufzeigen der Tatsache,<br />
dass die Fiskalbelastung in der<br />
Schweiz nicht nur auf Steuern, sondern<br />
auch auf Gebühren beruht. In<br />
diesem Zusammenhang ist an eine<br />
Umfrage <strong>zu</strong> erinnern, die der Schweizerische<br />
Hauseigentümerverband<br />
2006 durchführte: für einen Dreipersonenhaushalt<br />
können sich die Gebühren<br />
für Wasser, Abwasserreinigung<br />
und Abfallentsorgung schnell<br />
auf 1200 Franken pro Jahr belaufen.<br />
Drei klare prinzipien<br />
Bleibt <strong>zu</strong> hoffen, dass die EFV-Publikation<br />
nicht in der Schublade verschwindet,<br />
sondern <strong>den</strong> staatlichen<br />
Appetit hemmt, ständig mehr Gebühren<br />
einkassieren <strong>zu</strong> wollen. Das lässt<br />
sich durch die Einhaltung der drei<br />
Prinzipien eines guten Steuerregimes<br />
sicherstellen: Die Erhebung von Gebühren<br />
muss auf einer legalen Basis<br />
beruhen (Legalitätsprinzip) und dem<br />
Referendum unterstellt sein (Demokratieprinzip).<br />
Der Betrag der Gebühren<br />
selbst darf nie die Kosten der erbrachten<br />
staatlichen Dienstleistung<br />
übersteigen (Kostendeckungsprinzip).<br />
Das Rezept ist einfach – nun ist<br />
es Sache der Steuerbehör<strong>den</strong>, es an<strong>zu</strong>wen<strong>den</strong>.<br />
Marco Taddei, sgv-Vizedirektor