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Ausgabe 1189.pdf - Theater-Zytig

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14Backstage 1189| StückwahlBühne 66 SchwyzDie Rache des «Sennentuntschi»ging im wahrsten Sinne des Wortes unterdie Haut.Chapeau der Figur des «Sennentuntschi».Unbeweglich, eine lange Zeitspannesass sie als Puppe einfach da. Wie siedann plötzlich erwachte und zu sprechenbegann, diese grossartige Leistung derSchauspielerin kann man nicht beschreiben,man muss sie gesehen haben.Wir <strong>Theater</strong>besucherinnen und -besuchersind ja eigentlich bekannt, bei einer Aufführungvon Kollegen nach der Stecknadelim Heuhaufen zu suchen. Bei dieserInszenierung in Schwyz suchte ich vergebens.Danke euch, Ursula, Urs, Zälli und Beatfür diesen <strong>Theater</strong>abend der Superlative.Josette Gillmann-Mahlerbild: zvgKenner unserer <strong>Theater</strong>szene bestätigenes: Die Bühne 66 ist eine unserer wagemutigsten,initiativsten und künstlerischüberdurchschnittlichsten Gruppen in derSchweiz. Auch dieses Jahr lohnte sich derWeg nach Schwyz.Infolge Renovation ihrer «HausbühneVerenasaal» musste ein neuer Spielortgefunden werden. Vielleicht war das sogarein Glücksfall, denn dieser kühle, anonymRaum einer ehemaligen Fabrikhalle animiertezu einer ganz speziellen Bühnengestaltung.So wurde ein ausgedienter Campingwagenzu einer «Alphütte» umfunktioniert. DieEinsamkeit, das Eigenschlossensein dieserMenschen wurde dadurch aufs Trefflichstesymbolisiert. Bis ins letzte Detail warsie ausgestattet, diese Spielfläche, sogarder so genannte traditionelle «Herrgottswinkel»fehlte nicht. Leise, fast im Dunkelntreten die drei Älpler in die Szene.Ohne Worte wird die Hütte wohnlichvorbereitet, der eine geht zum Herd, umSuppe zu kochen, ein anderer macht sichbereit zum «Alpsegen». Von Ferne, sozusagenals Begleitmusik, hören wir die Töneder Kuhglocken auf den Weiden. DieEinsamkeit, die Angst vor dem drohendenGewitter und dem unsichtbaren Geist, derauf dieser Alp herrschen soll, ist bei denMännern fast körperlich spürbar.Zugegeben, es brauchte sicher einigenMut des verantwortlichen Produktionsteams,der Regie und vor allem der vierProtagonisten, dieses «Sennentuntschi»zu realisieren. Das Stück ist seit seinerUraufführung im Jahr 1972 bekannt durchFilm, <strong>Theater</strong> und Fernsehaufzeichnung,welche erstmals 1981 ausgestrahlt wurdeund damals einen richtigen Skandal auslöste.Auch heute wird das Stück nochimmer kritisiert. Die Meinungen undAnsichten reichen von totaler Ablehnungbis zu grösster Begeisterung.Auch in Schwyz wird keine leichte Kostgeboten. Aber wenn diese so wie von derBühne 66 serviert wird, handelt es sichum einen absoluten Leckerbissen. Klar,auch hier kamen die Sprüche dieser sexuellausgehungerten Älpler deftig über dieRampe. Doch wurde gerade dieser Sprachebei der Inszenierung grosse Beachtunggeschenkt. Die Zuschauerinnen undZuschauer fühlten sich keinen Augenblickverletzt, weil der Text nie obszön, plump,schlüpfrig oder primitiv gestaltet wurde.Die unbedingt notwendige Balance wurdevon allen Spielern meisterhaft bewältigt.Die Angst und Einsamkeit der Menschenwurde nicht gespielt, sondern gelebt, sodass das Publikum vor Spannung dasAtmen vergass. Das ganze Spektrummenschlicher Gefühle, die leisen wie dielauten Töne, wurden äusserst gekonntwieder gegeben, wie zum Beispiel dasnächtliche Saufgelage, das zum hemmungslosenEklat führte; es berührte undINFOS ZUM STÜCKSennentuntschiSchauspiel in 5 Bildernvon Hansjörg SchneiderRegie: Oscar Sales BingisserSpieldauer: ca 75 Min, Kostüme undRequisiten: Gegenwart, 1 Bühnenbild,Rollen: 1D/3H, Rechte: www.verlag-derautoren.de,Kontakt Gruppe: www.buehne66.chKurzbeschrieb: Die Geschichte desSennentuntschi basiert auf einer Sage,die in Variationen im gesamten deutschsprachigenAlpenraum überliefert ist,auch im Kanton Schwyz. Die Sage erzähltvom Ungeheuer, das sich verwandelt undRache nimmt.In unserem konkreten Fall geht es umdrei Sennen, die seit Monaten, fernvon anderen Menschen, auf ihrer Alp inAbgeschiedenheit miteinander leben. Ineiner alkoholdurchtränkten Nacht bastelnsich die Drei im Delirium eine mit allenweiblichen Reizen ausgestattete Puppe.Sie amüsieren und vergnügen sich mitihr. Die Puppe wird oberflächlich getauftund beginnt sich zu bewegen und spricht.Diese unheimliche Macht stellt die dreiSennen – jeder auf seine Art – auf dieProbe. Wie geht man mit solch einerunglaublichen Situation um? lst mandieser Situation überhaupt gewachsen,vor allem, wenn das Unbekannte plötzlicheigene Bedürfnisse entwickelt.

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