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Download - juridikum, zeitschrift für kritik | recht | gesellschaft

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dem in mehreren Stellungnahmen zum Entwurfder RV geäußerten Wunsch nach einervernünftigen Regelung für den Fall derFristversäumnis nicht Rechnung getragenwurde. Bei Fristversämnis müssen weiterhinErstanträge gestellt werden. Diese kannmann/frau nun auch vom Inland stellen, allerdingsnur dann, wenn mann/frau dasGlück hat durch eine auf § 2 Abs. 3 Z. 4AufG neu basierende Verordnung (VO) vonder Quote ausgenommen zu worden zu seinund ein Antrags<strong>recht</strong> vom Inland aus in dieserVO ausdrücklich normiert ist.Quotenspiele§ 2 Abs. 3 AufG neu wurde insoferne erweitert,als nunmehr eine eigene Quote für denFamiliennachzug durch VO der Bundesregierungerstellt werden kann. Überdies könnenin Österreich geborene Kinder, Angehörigeösterreichischer Staatsbürger Innenund Personen, die das Recht haben, hier zuarbeiten, aus der generellen Quote ausgenommenwerden. Auch kann eine eigeneQuote für Studentinnen errichtet werden.Zu betonen ist, daß es sich hierbei durchwegsum Kann-Bestimmungen handelt.Wenn die Bundesregierung nicht will, dannkommen alle zuvor erwähnten Personengruppenin die notorisch überfüllte generelleQuote. In diesem Zusammenhang ist auch§ 3 Abs. 1 Z. 2 leg cit zu erwähnen. DieseBestimmung setzt sich offensichtlich zumZiel, so etwas wie einen Rechtsanspruch fürKinder und Ehegattinnen von AusländerInnen,die seit mindestens zwei Jahren ihrenHauptwohnsitz in Österreich haben, zu statuieren.Mit dem Hinweis "nach Maßgabedes § 2 Abs. 3 Z. 3 und 4" wird dieserRechtsanspruch relativiert, denn somit istmann/frau wieder abhängig von einer Erlassungeiner entsprechenden VO. De facto bestehtalso kein Rechtsanspruch. Dies ist imLichte des Menschen<strong>recht</strong>s auf Achtung desPrivat- und Familienlebens äußerst bedenklich.Ebenso bedenklich ist in bezug auf diesesMenschen<strong>recht</strong> die Bestimmung des § 3Abs. 2 l~g cit, die besagt, daß eine Bewilligungfür Ehegattinnen vom mindestenshalbjährigen Bestehen der Ehe abhängig gemachtwird. Diese Bestimmung soll vorgeblichMißbräuche hintanhalten, also sog."Scheinehen" verhindern. Abgesehen davon,daß es keine juristische Definition von"Scheinehe" gibt, kann eine solch abstruseFrist niemals einen Mißbrauch verhindern.Im Gegenteil: Menschen, die das Systemmißbrauchen, die werden solche Fristenselbstredend in ihrc Plänc einbauen, diewird eine solche Frist nicht abhalten können.Der Großteil der Menschen, die nichtmißbräuchlich handeln, wird dafür schikaniert.Gern. § 4 Abs. 2 leg cit darf eine Erstbewilligungauf höchstens ein Jahr erteilt werden.Bei einer durchschnittlichen Bearbeitungsdauervon derzeit sechs Monaten bedeutetdies, daß zumindest in den erstenJahren fast dauernd ein Verfahren für dieAntragstellerIn läuft. Sie befindet sich defacto in einem fast durchgehenden Schwebezustand.Selbst AusländerInnen, die sichbereits mehrere Jahre in Österreich aufhalten,haben weiterhin keinen Anspruch aufErteilung einer unbefristeten Aufenthaltsbewilligung,nämlich selbst dann nicht, wennsie einer geregelten Arbeit nachgehen, dievom Gesetzgeber verlangtenWohnverhältnissesichergestellt sind und sich einen relativhohen Lebensstandard erarbeitet haben.Es soll Fälle gegeben haben, bei denen mitder Begründung eines zu .niedrigen Lohneseine Verlängerung der Bewilligung verweigertwurde, obwohl dieser Lohn teilweise sogarüberkollektivvertragliches Niveau erreichthat. Auch Arbeitslosigkeit oder Karenzdienten den Behörden oft als Gründe für eineVerweigerung einer Verlängerung.Zum Schluß sei noch ein haarsträubendesDetail erwähnt: In § 8 Abs.1 leg cit heißt esunter anderem, daß die Behörde jederzeitden Verlust der Bewilligung verfügen kann,wenn "der Unterhalt oder eine für Inländerortsübliche Unterkunft in Österreich nichtmehr gesichert ist ... ". Diese Regelung bestandbisher schon und ist die <strong>recht</strong>licheGrundlage für diverse "Aktionen Scharf" gegenAusländerInnen. Diese Regelung ist bezüglichdes <strong>recht</strong>sstaatlichen Prinzips deswegenbedenklich, da hier eine in der übrigenRecht & GesellschaftRechtsordnung gängige Bindungswirkungder Behörde an ihre eigene Entscheidungvöllig zu fehlen scheint. Abgesehen davonhat die Bundesregierung aber noch einenVerlusttatbestand in die RV eingefügt: nämlich"wenn falsche Angaben über das Besteheneiner Ehegemeinschaft gemacht wurden... ". Abgesehen davon, daß das Tatbestandselement"Bestehen einer Ehegemeinschaft"realiter nicht definierbar ist, werdenBeamte dazu erkoren, über Beziehungsverhältl1issezwischen EhepartnerInnen zu entscheiden!Und zwar mit der schärfsten allerdrohenclen Konsequenzen: dem Verlust derAufenthaltsbe<strong>recht</strong>igung!Nichts Gutes ...Es ist zwar richtig, daß dieses Gesetz eineteilweise Verbesserung für Rechte von AusländerInnenbringt. Wenn mann/frau in Bedachtauf tatsächliche Auswirkungen und aufjuristische Hintergründe das Gesetz analysiert,so zeigt sich, daß viele Neuregelungen,die oberflächlich betrachtet als Verbesserungenfür AusländerInnen<strong>recht</strong>e erscheinen, inWirklichkeit sogar Verschlechterungen bringenkönnen. Auch wurde das Versprechender Regierung, das AufG den internationalen(insb. europäischen) Normen anzupassen,nicht wahrgemacht. Vergessen wurde zumBeispiel, daß seit Beginn des Jahres 1995auch in Österreich der 1963 zwischen derEG und der Türkei geschlossene AssoziierungsvertragRechtswirkungen entfaltet. Danachhaben türkische Staatsangehörige, diebestimmte Zeiten in EU-Staaten gearbeitethaben, als auch ihre Familienangehörige sowohlin bezug auf arbeits<strong>recht</strong>liche, als auchin bezug auf aufenthalts<strong>recht</strong>liche TatbeständeBesserstellungen zu erwarten.Dieses Gesetz ist nach wie vor eineSchande. Es ist nicht zu einem menschenwürdigenGesetz hin novellierbar. Jede Novellein Richtung Menschlichkeit, wie esauch die vorliegende sein soll, muß versagen,da dieses Gesetz in seinen Grundsätzenund von seiner Konzeption her menschenverachtendist. Es kann nur eine Forderung(an den neuen Innenminister) geben: Wegmit diesem Gesetz!WahlaufrufQ)Cl.~.;;:Nr 2/95JURIDIKUM

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